STATE RADIO

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Getriebene

STATE RADIO spielen eine anspruchsvolle Mischung aus Punk, Reggae und Ska und beweisen auf ihrer neusten Veröffentlichung „Let it go“,, dass sie auch das nötige Reflexionsvermögen für ihre Protestsongs besitzen. Doch die Bostoner Band um Chad Urmston, Chuck Fay und Mike Najarian unterscheiden sich fundamental von vielen anderen Bands ihres Genres: Ihr unermüdliches Engagement, bei dem man fast schon an Getriebene erinnert wird, lässt sie seit ihrer Gründung 2002 soziale Projekte gründen, unterstützen und vernetzen. Für die Frühjahrstour durch die USA 2009 hatten sie den Plan, die Aufmerksamkeit der Fans zu nutzen und noch stärker vorzuleben, wie man sich in sozialewww.stateradio.comn Projekten engagieren kann. Abends spielten sie Konzerte, mittags halfen sie in einem sozialen Projekt oder in Umweltinitiativen – und das jeden Tag. Von ihrem Antrieb, ihrer Motivation zu helfen und ihrer Musik erzählte mir Chad, Frontmann der Band und Autor der mitreißenden Songtexte.

„Calling All Crows“, eine Initiative, die sich für Frauenrechte engagiert, ist das neueste Projekt des STATE RADIO-Sängers Chad Urmston, das er zusammen mit seiner Ehefrau Sybil Gallagher, die auch als Tourmanagerin von STATE RADIO arbeitet, gegründet hat. Das Projekt will Musiker und ihre Fans mobilisieren, sich für Menschenrechte einzusetzen, und versucht die soziale Lage von Frauen zu verbessern. Neben diesen Initiativen versuchen STATE RADIO, sich in bestehenden Projekten einzubringen, wie während ihrer Frühjahrstour 2009 durch die USA. Aber wie sinnvoll ist es eigentlich, sich tagtäglich in einem neuen Projekt zu engagieren und nichts dafür zu tun, ihm zu einem länger andauernden und nachhaltigen Erfolg zu verhelfen? „Wir suchen unsere Projekte danach aus, was uns in der jeweiligen Stadt sinnvoll erscheint. Allerdings sollte man nicht so hohe Maßstäbe haben, schließlich ist es jedes kleine bisschen Arbeit, das hilft.“ Dabei handelte es sich um Projekte wie die Essensausgabe in einem Obdachlosenheim in Houston oder der Hilfe beim Bau eines öffentlichen Gartens in einer Grundschule in Washington. Doch trotz der Belastung während der Tour, dem Spagat aus Auftritten, Proben und der Hilfe in den sozialen Projekten, kam keine Routine auf, sagt Chad.

Aber wer jeden Abend in einem Projekt mithilft, jeden Tag sieht, wo noch mehr getan werden könnte, und nicht mehr als einen Tag Hilfe anbieten kann, läuft der nicht Gefahr, irgendwann abzustumpfen und Mitgefühl nur noch als Teil des Tagesgeschäfts wahrzunehmen? „Die Tour und unser Engagement haben uns alle drei sehr ermüdet. Andererseits inspirierte uns wiederum das Erlebte, neue Wege zu gehen. Es gibt so viele Menschen und Organisationen, die gute Dinge tun. Diese Erfahrung hat mir wirklich Hoffnung gegeben.“

Abgesehen von der Herausforderung, sich persönlich immer wieder zu motivieren, gegen die eigenen Zweifel anzukämpfen, gibt es auch Außenstehende, die Kritik an dem üben, was STATE RADIO machen. Es gibt Leute, die fragen, wer sie eigentlich seien, dass sie sich politisch engagieren und einzumischen. Bei Chad selbst waren es seine Kindheit und Jugend, die ihn prägten und dazu führten, dass er sich einmischen musste. In seiner Nachbarschaft gab es eine Gruppe von Aktivisten, bei der er sich einbringen konnte. Noch heute versuchen STATE RADIO, keine Möglichkeit ungenutzt zu lassen, um ihre Musik und ihre Popularität dafür zu nutzen, auf Missstände aufmerksam zu machen oder Unterstützung für Projekte zu mobilisieren. Während der eben beendeten Deutschlandtour unterstützten STATE RADIO die Organisation Oxfam und riefen ihre Fans dazu auf, Kleidung, Schuhe, DVDs und Spielzeug zu sammeln und zu den Konzerten mitzubringen. Alles, was dabei zusammenkam und für die Oxfam-Läden taugt, wird im Anschluss dort verkauft und der Erlös kommt Projekten zugute, die weltweit gegen Armut kämpfen. Nun könnte man meinen, dass das Leben von Chad aus wenig anderem als Musik und Helfen bestünde. Doch das verneint er: „Ich habe es schon immer geliebt, Musik zu machen, aber ich hatte nie geplant, daraus einen Beruf zu machen. Als wir angefangen haben, in Kellern und Bars aufzutreten, sind immer mehr Leute aufgetaucht, die uns spielen hören wollten und unsere Protestsongs gut fanden. Aber wenn es heute nichts mehr gäbe, gegen das ich protestieren kann oder das ich verbessern will, dann würde ich einfach nackt in einen Wasserfall springen.“

Die nächsten Wochen und Monate werden STATE RADIO im Trockenen verbringen müssen, immerhin steht eine US-Tour mit dem JOHN BUTLER TRIO an. Außerdem werden Umweltprojekte an erster Stelle stehen, schließlich ist die Ölpest im Golf von Mexiko ein drängendes Problem. Chad erzählt, dass sie mithelfen werden, die Strände zu reinigen und Unterschriften für Petitionen gegen BP zu sammeln. Im Anschluss kommen sie im August wieder nach Deutschland, um auf ein paar Festivals zu spielen und nebenher noch die Welt zu retten.