SPLINTER

Foto© by Lupus Lindemann

Keine Role Models

Anfang 2019 war Schluss für DEATH ALLEY und BIRTH OF JOY. Die einen Proto-Metal-Punks aus Amsterdam, die anderen Orgelrock-Nerds aus Utrecht. Mehr oder weniger nahtlos riefen Musiker der beiden niederländischen Bands ein neues Projekt namens SPLINTER ins Leben. Orgelbetriebener Retro-Rock mit Seventies-Vibes. Ziemlich genau vor zwei Jahren hat die vierköpfige Band ihr Debütalbum „Filthy Pleasures“ veröffentlicht über das KADAVAR-Label Robotor Records. Jetzt kommt mit „Role Models“ über Noisolution Album Nummer zwei raus und SPLINTER drücken weiter aufs Gaspedal. Wir haben die Band beim Umsonst & Draußen-Festival in Würzburg getroffen.

Wie kam es, dass sich eure alten Bands zeitgleich aufgelöst haben und ihr sofort SPLINTER gegründet habt?

Douwe: Wir kannten uns schon lange aus der Szene in den Niederlanden und haben uns immer wieder auf Festivals getroffen oder gemeinsame Konzerte gespielt. Deshalb haben wir beschlossen, gemeinsam auf Abschiedstour zu gehen. Also haben wir zusammen zehn Konzerte gespielt und dann haben wir einen Schlussstrich unter DEATH ALLEY und BIRTH OF JOY gezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir aber noch keinen konkreten Plan, wie es weitergehen soll. Allerdings hatten Sander, der Bassist von DEATH ALLEY, und ich schon angefangen, neue Songs zu schreiben. Wir hatten aber keine Ahnung, wie die Band aussehen oder klingen soll. Dann haben wir zuerst Barry gefragt, der bei VANDERBUYST Schlagzeug gespielt hat. Das lag auf der Hand, weil wir gute Freunde waren. Dann haben wir noch überlegt, wer Bass spielen könnte, und uns dann kurzerhand für eine Orgel entschieden und gleich Gertjan angerufen. Und zum Glück hat er sofort zugesagt, nachdem wir uns auf der Farewell-Tour näher kennen gelernt hatten. Plötzlich stand die neue Band. Eine Punkband mit Hammond-Orgel, das klang sehr vielversprechend.

Warum haben sie eure beiden Vorgängerbands überhaupt aufgelöst?
Gertjan: Als wir BIRTH OF JOY gegründet haben, waren wir noch sehr jung. Damals waren wir gerade mal 16 Jahre und haben uns an der Herman Brood Akademie in Utrecht kennen gelernt. Wir haben also mehr als 15 Jahre lang zusammen Musik gemacht. Die Musik hat uns immer zusammengehalten, aber in den letzten Jahren hatten sich unsere Vorstellungen immer weiter auseinanderentwickelt. Irgendwann haben wir festgestellt, dass es mit BIRTH OF JOY so nicht mehr weitergehen kann.
Douwe: Bei uns war es ähnlich. Die meisten Songs bei DEATH ALLEY hat unser Gitarrist Oeds geschrieben und er wollte immer kompliziertere Stücke schreiben. Ich komme aber aus der Punk-Szene und mag lieber kurze, einfache Nummern. Lange hatten wir eine ausgewogene Balance zwischen diesen beiden Polen, aber irgendwann sagte Oeds, die Musik in seinem Kopf sei nicht mehr die richtige für DEATH ALLEY. Außerdem hatten wir natürlich persönliche Probleme und diverse Besetzungswechsel. Das hat längere Zeit auf die Stimmung gedrückt. Und jetzt machen wir alle die Musik, die wir am meisten mögen und auch am besten können.

Ich finde, die Schönheit in der Musik von SPLINTER liegt in ihrer Schlichtheit. Ganz einfache Songs, catchy Hooks, kaum ein Track länger als vier Minuten.
Douwe: Ich hatte immer in meinem Kopf das Credo: Wir müssen nicht die handwerklich beste Band sein, wir müssen die coolste Band sein. Das war unsere Vision. High-Energy-Shows spielen, die Leute zu Tanzen bringen und einfach den Moment genießen. Das ist die Idee, die wir mit SPLINTER verfolgen.

Douwe kommt aus der Punk-Szene, wo sind deine musikalischen Wurzeln, Gertjan? Deine Orgel versprüht SPOOKY TOOTH-Vibes ...
Gertjan: Absolut. All diese coolen Jungs an den Tasten aus den Sixties und Seventies haben mich natürlich beeinflusst. Allerdings ist die Anzahl an Orgelspielern in Rockbands auch sehr überschaubar, haha. Mein Ziel war es immer, mit meiner Hammond so wie eine zweite Gitarre zu sein. Ich will kein dekoratives Geklimper beisteuern, ich will Riffs spielen. Sander ist ein großartiger Leadgitarrist und ich will sein Gegenpart sein.

Wie haben die Fans von DEATH ALLEY und BIRTH OF JOY auf euch reagiert?
Douwe: Wir sind blöderweise mitten in der Pandemie an den Start gegangen. Also mussten wir nach vier Monaten schon wieder eine Vollbremsung hinlegen und alles für zwei Jahre auf Eis legen. Das hat es wirklich schwierig gemacht, unser altes Publikum an SPLINTER zu gewöhnen. Aber inzwischen spielen wir viele Konzerte in den Clubs, in denen wir auch mit DEATH ALLEY gespielt haben. Ich spüre, dass manche im Publikum den härteren Sound vermissen, aber viele vermitteln uns auch das Gefühl, dass sie die neue Energie sehr zu schätzen wissen. Die Songs von SPLINTER sind auch sehr leicht zugänglich, denke ich. Für DEATH ALLEY-Fans sind wir in meinen Augen die perfekte Nachfolgeband.
Gertjan: Für Fans von BIRTH OF JOY ist es ein komplett anderer Sound. Einige Songs von SPLINTER haben zwar den alten Vibe, aber irgendwie ist mir das auch egal, ob wir alte Fans halten können oder nicht. Das ist jetzt die Musik, die ich machen möchte, und fertig.

Euer Debütalbum „Filthy Pleasures“ ist bei Robotor Records rausgekommen, dem Label von KADAVAR. Der Nachfolger erscheint jetzt über Noisolution. Wie kam’s?
Douwe: Wir kennen die Jungs von KADAVAR noch von DEATH ALLEY. Wir waren oft mit denen auf Tour und sind gute Freund geworden. Als wir mit SPLINTER losgelegt haben, habe ich Lupus und Tiger ein Demo mit unseren Aufnahmen geschickt und sie wollten uns gleich auf ihrem Label haben. Das haben wir natürlich gemacht. Vor allem die gemeinsame Tour mit KADAVAR war der perfekte Kickstart für SPLINTER. Durch die Pandemie kam „Filthy Pleaures“ aber leider mit großer Verspätung heraus, so dass wir unser zweites Album schon fertig hatten, als unser Debütalbum veröffentlicht wurde. Das wollten wir natürlich auch zeitnah herausbringen, das hat aber nicht in den Zeitplan von Robotor Records gepasst. Sie hatten einfach nicht genug Kapazität, um dem Album die Aufmerksamkeit zu widmen, die es braucht. Deshalb sind wir zu Noisolution gegangen. Das war aber kein großes Ding, weil wir befreundet sind.

Die Songs waren also schon 2021 fertig, liegen also schon zwei Jahre herum?
Douwe: Ich weiß, das ist nicht ideal. Aber es hat sich einfach so ergeben. Aufgenommen haben wir sie dann vergangenes Jahr. Wir haben uns im Studio richtig viel Zeit genommen und mit unserem Produzenten viel daran gefeilt. Wir waren nicht in Eile und konnten das alles in Ruhe angehen. Der Mix war im Winter abgeschlossen, die Vorlaufzeit für Frühjahr war deshalb zu kurz, deshalb kommt das Album jetzt im September raus.

„Filthy Pleasures“ habt ihr zu Hause in Amsterdam aufgenommen. Den Nachfolger auch?
Douwe: Nein, das ist in Belgien entstanden. Im Dunk Studio in Zottegem, eine halbe Stunde südlich von Gent. Produzent war Mario Goosens, der Schlagzeuger von TRIGGERFINGER. Das war wirklich super. Der Ort ist wirklich wie eine Oase. Dort gibt es Proberäume, Schlafgelegenheiten und eine Küche. Wir waren volle zwei Wochen dort und haben das Studio nur kurz zum Einkaufen verlassen. Es war wie ein kleines, temporäres Universum nur für uns.

„Role Models“ heißt das Album. Was ist damit gemeint?
Douwe: Ich denke, wir haben so eine abgefuckte Vorstellung davon, wer unsere Vorbilder sind. Wir hören Menschen zu, die nichts zu sagen haben. Aber sie sind sehr populär, weil sie coole Videos auf TikTok veröffentlichen. Oder zum Beispiel Mark Rutte, der Premierminister der Niederlande. Er lähmt das ganze Land seit über zehn Jahren und ist trotzdem noch an der Macht. Deshalb habe ich mich gefragt, an welchen Menschen wir uns eigentlich orientieren. Da herrscht einfach totale Leere. Das war die Punk-Antwort. Man kann den Albumtitel aber auch anders interpretieren: Wenn ihr Role Models braucht, stehen wir zur Verfügung, haha.

Auf eurer Facebook-Seite habt ihr ein neues Merchandise-Konzept angekündigt. Wie funktioniert das und wie wird es angenommen?
Douwe: Du kannst uns als Band jetzt kontinuierlich unterstützen, indem du in einer Art Abonnement drei Euro im Monat bezahlst. Du wirst also Mitglied in unserem Club. Dann bekommst du alle unsere Veröffentlichungen automatisch zugeschickt. Durch dieses neue Konzept werden wir als Band stets gepusht, unseren Fans Nachschub zu liefern. Sie bezahlen monatlich einen kleinen Betrag und wir müssen dafür sorgen, dass es das wert ist.