SOUNDFLAT RECORDS

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Garagen-Punk, Beat und Sixties

Es sind die kleinen, eher unauffälligen Labels, die unsere Szene am Laufen halten. Dahinter stecken eigentlich immer ein, zwei Menschen, die ihre gesamte Freizeit in Aktionen wie das Veröffentlichen von Platten oder Organisieren von Konzerten stecken und oft noch nicht mal Geld damit verdienen. Eine Leidenschaft, die neben Freude auch mal Leiden schafft: so viele Ideen, so wenig Zeit! Einer dieser Menschen ist Marco „Trax“ Traxel aus Köln, der mit Soundflat Records seit über 20 Jahren Musik aus dem im weitesten Sinne Garage-Punk widmet. Und das Ox hatte anfangs sogar auch noch was damit zu tun ...

Wie ging das damals los?

Gegründet haben wir Soundflat Records im Dezember 2001 in Haan-Gruiten, als ich meinem guten alten Freund Lutz Räuber bei dessen Soundflat Mailorder aushalf. Interessanterweise war das zu der Zeit, als Lutz sich seine Büroräume mit dem Ox-HQ teilte, so dass das Ox zumindest räumlich auch bei der Gründung mit dabei war. Die erste Platte erschien dann allerdings im Januar 2002, weshalb wir erst dieses Jahr unser zwanzigjähriges Bestehen feiern. Angemeldet wurde das Label allerdings von Beginn an in Köln, wo es heute noch residiert.

Zu Beginn war Lutz noch mit dabei. Wer hilft dir heute?
Gegründet wurde Soundflat Records gemeinsam von Lutz Räuber und mir. Aufgrund der Auslastung von Lutz durch dessen Versandgeschäft beschlossen wir, zeitnah nach der Gründung Mailorder und Plattenlabel zu trennen, so dass ich in den ersten Jahren Soundflat Records alleine weiterbetrieben habe. Seit 2011 ist Klara Rießner, meine Lebensgefährtin, ein wichtiger Part bei Soundflat Records, wobei sie sich vorrangig um die Promotexte, Newsletter, Digital-Abrechnungen und GEMA-Anmeldungen kümmert und da mit anpackt, wo es notwendig ist. Seit 2019 haben wir gemeinsam mit Jun Sugawa in Japan eine Art „Soundflat Records-Dependance“ gegründet.

Warum betreibt man heutzutage, wo doch jede Band auch alles selbst machen kann, noch ein Label?
Ein Label sollte eine entsprechende Infrastruktur aufweisen und über umfangreiche und breitgefächerte Vertriebswege verfügen. Wir arbeiten zum Beispiel mit Großhandelsvertrieben fast weltweit zusammen. Auch bestehen oft bei Labels engere Verbindungen zu der Medienlandschaft, um die Releases zum Beispiel in Fanzines unterzubekommen, Airplay zu bekommen und somit die Bands und die Releases zu promoten. Des Weiteren übernehmen Labels mittlerweile oft auch das „Pitchen“ der Releases oder einzelner Songs bei Playlisten im Internet, unterstützen Bands bei Live-Auftritten und auch mal darin, bei dem ein oder anderen Festival unterzukommen ... Ein Labelkatalog steht darüberhinaus auch für eine bestimmte Marke, ein bestimmtes Konzept und hat in der Regel auch treue Kunden, die sich auf die Musikauswahl der Labelmacher verlassen.

Leidiges Thema „Vinylkrise“. Decken in solchen Zeiten überhaupt noch die Einnahmen die Herstellungskosten?
Da zur Zeit die Herstellungspreise komplett durch die Decke „schießen“ und die Preiserhöhung nicht 1:1 wieder umgelegt werden kann, um die physischen Tonträger überhaupt noch erschwinglich zu halten, wird das von Monat zu Monat schwieriger. Bei Single-Produktionen ist das fast unmöglich, wenn man die Arbeitszeit und die Lagerkosten etc. mit einrechnet, weshalb zumindest für uns diverse Titel auch immer eher ein Leidenschaftsprojekt bleiben werden. Aber auch bei LP-Produktion kann es schwierig werden, die Herstellungskosten zu decken, je nachdem wie sich die Nachfrage darstellt. So lange Bands aktiv sind und die Musik transportieren und das Label eine 500er-Auflage verkauft, lassen sich die Herstellungs- und anderweitigen Kosten decken. Bei einer 300er-Auflage wird die Kalkulation schon schwieriger ...

Neben Soundflat tauchen ja noch ein paar andere Namen bei euch auf. Was hat es damit auf sich?
Neben unserem Hauptlabel Soundflat Records haben wir 2019 unser Sublabel Topsy-Turvy Records gegründet, das all die Themen und Musikgenres bedient, die von ihrer Musik beziehungsweise dem Sound her nicht 100% zu Soundflat Records passen. Auch veranstalten wir seit 2007 unser alljährliches Labelfest in Köln, den Soundflat Records Ballroom Bash mit Unterstützung von Kevin The „K“. Seit diesem Jahr haben wir auch unser analoges Soundflat-Studio fertiggestellt, um befreundeten respektive Soundflat-Bands die Möglichkeit zu bieten, sehr kostengünstig aufzunehmen. Nebenbei betreiben wir gemeinsam mit Partnern noch die Musikgaststätte Mongogo in Köln, und Klara arbeitet zudem als Lehrerin und ich als Bewährungshelfer.

Welche sind eure bevorzugten Stilrichtungen? Ich habe das ja eingehend mit „Garage-Punk“ grob verallgemeinert.
Wir decken wir vorrangig Garagen-Punk, Beat, Merseybeat und weitere Sixties-orientierte Musik aktueller Bands ab, mit Topsy-Turvy eher Themen wie Punk, Surf, Rockabilly, sprich alles, was uns im Alternative-Bereich gefällt und begeistert. Zudem kreist bei uns privat noch originale Sixties-Garage, Soul, R&B, Psych, Country und YéYé, aber auch Heavy Metal und Hardcore auf dem Plattenteller.

Vinyl ist das bevorzugten Format, schätze ich ...
Ja, wir haben uns mit beiden Labels komplett auf Vinyl konzentriert, da es für uns auch aufgrund des Sounds und der Haptik sowie der Visualität als das charmanteste und am besten geeignete Medium erscheint. CDs spielen bei uns abgesehen von dem Bash-Sampler schon immer eher eine untergeordnete Rolle. Um den Bands auf unserem Label eine umfangreiche Vermarktung und Verbreitung derer Musik zu bieten, veröffentlichen wir unsere Releases auch zu circa 90% digital.

Gibt es Label-Vorbilder?
Für mich haben Labels wie Vox, Estrus, Sympathy For The Record Industry, Screaming Apple von unserem engen Freund Ritchie, Bomp! oder auch Crypt Records, um nur einige zu nennen, einen hohen Stellenwert, da diese Labels unsere persönliche musikalische und ideologische Entwicklung sehr stark geprägt haben.

Was waren die ersten Bands,welche sind es heute?
Die ersten Veröffentlichungen waren neben der allerersten Soundflat-LP, „All Mucked Up“ von MUCK AND THE MIRES aus den USA und dem Reissue der 1986 auf Vox und Epitaph Records in einer gemeinsamen Produktion erschienen LP „We Are The Primates“ von den PRIMATES auch eine Single der SLOW SLUSHY BOYS aus Frankreich, eine Art Best-Of-LP der britischen RAPIERS und eine Single der DIRTBOMBS aus Detroit, Michigan, wobei die COOL JERKS aus Bremen die erste Soundflat-Hausband wurden. Die jüngsten Releases auf Soundflat Records sind etwa neben den MERGERS aus Nürnberg auch THE FABULOUS HEYDAYS aus Griechenland, LE CHIFFRE ORGANIZATION aus Frankreich, aber auch souligere Bands wie die FANTASTIC FELLINIS aus L.A. Auf Topsy-Turvy Records tummeln sich aktuell THE ROUTES oder SAKURAN ZENSEN aus Japan, THE SUTTLES aus Frankreich oder aber THE KRONTJONG DEVILS aus den Niederlanden und bald auch die BONESHAKERS aus Köln, die mit ihrer Single auch den ersten Release auf Topsy-Turvy zu verantworten hatten.

Was fasziniert euch am Labelmachen, warum macht man es im Zweifelsfall trotzdem?
Faszinierend für uns ist, dass man durch die Labelarbeit viele tolle Menschen weltweit trifft, sei es in den Bands, andere Labelmacher, Vertriebsmitarbeiter oder einfach Leute, die unsere Arbeit unterstützen und die Releases etc., die fast alle eine ähnlich große Leidenschaft teilen, und wir dadurch sehr viel erleben dürfen und somit unser Leben komplett bereichert wird. Natürlich sind wir auch immer sehr gespannt, wenn dann die Testpressung oder der Release ankommt und man das Vinyl zum ersten Mal in den Händen hält und auf den Plattenteller legt. Mich selbst frustriert das Verpacken am meisten, das gehört aber eben auch dazu.

Wie würdest eure „Labelpolitik“ beschreiben?
Musikalisch versuchen wir mit Soundflat Records, seit zwanzig Jahren unserem Genre treu zu bleiben und die Musik nicht zu weit zu fächern. Mit Topsy-Turvy Records decken wir alles andere ab, was uns gefällt. Mit beiden Labels versuchen wir, den Wünschen unserer Bands gerecht zu werden und somit auch das Beste für unsere Bands herauszuholen. Weiterhin ist uns wichtig, auch immer neue, unbekannte Bands zu veröffentlichen, da wir den Anspruch haben, immer mal wieder neue Bands vorzustellen. Auch ist es für uns einer der wichtigsten Grundsätze, keine Bands von Labels abzuwerben, mit denen wir zusammenarbeiten oder deren Arbeit wir respektierten. Für uns steht die Musik und alles, was damit zusammenhängt, im Vordergrund, nämlich Emotionen, Party, Feiern, Konzerte, Spaß haben mit „Gleichgesinnten“ oder Menschen, die denselben Humor haben und die gleiche Leidenschaft teilen. Wir versuchen, mit unserem Label eine Art „Wir-Gefühl“ zu schaffen.