SMILE AND BURN

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Punk darf Pop

Zwei Jahre nach ihrem letzten Album „Besser sein als jetzt“ veröffentlichen die Berliner SMILE AND BURN dieser Tage „Seid ihr stolz auf mich?“. Darüber, warum dieses so anders klingt als die Alben davor und wie es dazu kam, sprechen wir mit den beiden Sängern und Gitarristen Philipp und Sören.

Wie viel Pop darf Punk?

Philipp: Er darf alles, würde ich sagen. Ich glaube, der Punk sollte ganz viel Pop haben, damit er endlich aus diesem „Punk darf X nicht“ rauskommt und sich diesen unglaublich großen Stock aus der Wirbelsäule, aus dem Arsch zieht.
Sören: Das ist vielleicht eine unpopuläre Antwort für das Fuze, aber ich finde, Punk darf auch maximal poppig sein, wenn er will.

Ich frage das natürlich, weil vieles auf eurem Album schon sehr, sehr eingängig ist, was die Melodie, was die Struktur angeht. Legt ihr mit mehr Jahren Erfahrung und mit mehr Alben unter der Haube mittlerweile besonderen Wert darauf, dass ihr eine Eingängigkeit schafft und dass die Songs, wenn sie vielleicht nicht im ersten Moment textlich ins Ohr gehen, dann wenigstens melodisch und strukturell?
Sören: Ich finde es auf jeden Fall ein tolles Kompliment, dass du das so siehst. Ich finde auch, dass wir versucht haben, nicht so ultrapunkig zu klingen wie auf dem Vorgängeralbum. Also wir haben uns schon gedacht, das soll ein Kontrastprogramm sein, und deswegen ist die erste Hälfte nicht mal eine Punk-Platte und das auch bewusst nicht. Also es hat natürlich dieses Rohe, ein bisschen Knochige vom Punk, das nimmt es mit, aber eigentlich ist es eher Gitarrenmusik im Allgemeinen oder vielleicht Indie oder Indie-Punk, ich weiß gar nicht, wie man das nennt – oder Emo. Ich weiß nicht genau, wie man das heutzutage nennt. Also, das haben wir schon bewusst so gemacht.
Philipp: Es kam auch viel auch aus der Laune heraus, dass wir einfach gesagt haben, wir schreiben einfach und schauen, was passiert. Also natürlich sagt man immer oder oft zu bestimmten Songs, das ist die Blaupause, oder man probiert mal „einen Song im Stile von“ aus. Aber der Gedanke, was wird das für ein Album, der kam eigentlich erst, als die Demos, als so ein Grundgerüst an Demos da war. Man hat so gemerkt, ach guck mal, das ist irgendwie ein bisschen anders als sonst und das ist ja quasi gewissermaßen aus Zufall entstanden.

Wie wichtig ist so eine Probeproduktion oder sind Demos für euch, um ein fertiges Album daraus zu entwickeln?
Sören: Ich würde sagen ultra wichtig. Also zum einen ganz pragmatisch aus finanziellen Gründen, weil wir einfach keine Zeit haben, so lange im Studio rumzuhängen. Wir gehen da einfach hin, dann fängt der Arbeitstag an und dann müssen die Songs ausgewählt und eingespielt werden. Der zweite Grund ist ein künstlerischer. Philipp und Wolli, können improvisieren, aber ich kann weder jammen noch improvisieren. Die Demos müssen also in ihrer Gesamtheit fast komplett stehen.
Philipp: Ja, aber auch gerade dieses Improvisieren. Das könnte ich jetzt nur auf der Gitarre und vielleicht ein paar Melodien, Gesangsmelodien entwickeln. Aber so richtig einen Text zu verfassen, der auch wirklich ernst gemeint ist, das dauert lange. Deshalb probieren wir uns immer sehr lange in Demos aus, weil viele Sachen, die sich gut denken, schlecht performbar sind und umgekehrt. Wenn man dann wirklich die Uhr im Nacken hat, in so einer teuren Studioproduktion, das geht gar nicht.

Das letzte Album habt ihr jetzt in eurem Proberaum aufgenommen, dieses wieder im Studio, richtig?
Sören: Die Frage nach dem letzten Album ist im Grunde die wichtigste, weil beide Alben sozusagen Geschwister sind, weil wir die parallel geschrieben haben. Das erklärt die Songauswahl und wie die beiden Alben aufgebaut sind. Es erklärt im Grunde alles, warum die Alben so sind, wie sie sind. Weil wir irgendwann entschieden haben, es gibt Songs, die so einen bestimmten Punk-Charakter haben, und es gibt Songs, die nicht so punkig sind, die sehr melancholisch, sehr traurig klingen. Auf allen Alben davor hatten wir immer eine gute Mischung von allem. Hier haben wir zum ersten Mal gesagt, okay, wir haben viele Demos. Es war sowieso Corona-Zeit, das heißt, wir konnten uns auch länger damit beschäftigen. Man wurde nicht zwischendurch abgelenkt. Wir hacken einfach einmal mit dem Messer rein und sortieren die einen Songs auf die eine Seite und die anderen auf die andere. Dementsprechend haben wir auch parallel im Proberaum das Punk-Album geschrieben, so wie es seit zwei Jahren draußen ist. Gleichzeitig waren wir auch im Studio bei den DONUTS im Heavy Kranich und haben da das andere Album aufgenommen.

Wie fühlt sich das jetzt an, über etwas zu sprechen, das in Musikjahren schon sehr, sehr alt ist?
Philipp: Ich kann es aus meiner Position sagen, die Themen sind nicht zu Ende. Es gibt Themen, an denen wird weitergearbeitet. Es gibt gibt einzelne Punkte, die vielleicht nicht mehr so ins Gewicht fallen, aber im Großen und Ganzen ist das immer noch hochaktuell, was da eigentlich alles besungen wird. Aber ich habe mir neulich die gleiche Frage gestellt. Das war krass. Das sind Texte, die sind von vor zwei Jahren, nee, von vor drei Jahren. Vor drei Jahren, vor vier Jahren stellenweise. Es ist immer noch so, dass die Themen eine ganz große Dringlichkeit haben in meinem Leben. Ich bin jetzt seit fünf Monaten Vater und einige Sachen haben noch einmal an Dringlichkeit gewonnen. Ich glaube, und das habe ich letzte Woche gemerkt, oh weh, nächsten Monat kommt das Album raus. Drei Jahre, nachdem das Ding fertig ist. Als wir damals entschieden haben, das andere Album als eigenständige Veröffentlichung rauszubringen, war ich innerlich schon sehr enttäuscht. Ich musste lange damit kämpfen und wir haben da auch lange diskutiert, ob wir das so machen wollen. Während einer Albumphase legst du deine Sehnsüchte und dein Herz in dieses eine Album schüttest und fühlst es so richtig toll. Aber der Welt präsentierst du ein anderes Ich, weil du dieses andere Album vorher zeigst, das eigentlich in einem anderen Kontext entstanden ist. Das ist so, als ob du entweder gegen eine Wand rennst oder du rennst mit einem gespannten Gummiseil und das reißt dich plötzlich mit und deswegen bin ich echt froh, dass das jetzt rauskommt, dass das endlich passiert, dass man endlich sagen kann, schau mal, das bin ich oder das sind wir, und es fühlt sich fast befreiend an, finde ich, dass das jetzt erscheint und dass sich die Themen immer noch so gut anfühlen.