SEVENDUST

Foto© by Chuck Brueckmann

Volle Kraft voraus!

Lajon Witherspoon, Sänger der Band SEVENDUST, ist sichtlich enthusiastisch. Nach dem Signing bei Napalm Records möchte die Band aus Atlanta, Georgia nun alle Hebel in Bewegung setzen, um wieder nach Europa zu kommen und die Fans mit ihrer Musik zu begeistern. Wir sprechen mit ihm über die Band, Zukunftspläne und die aktuelle Metal-Szene.

Es ist zwölf Jahre her, dass SEVENDUST ihre letzte Show in Deutschland gespielt haben. Umso größer ist das Bestreben der Band zurückzukommen und die Beziehung zu den Fans wieder aufzubauen. Dieser Problematik sah man auch mit dem Release des letzten Albums entgegen. Inmitten der Pandemie erschien „Blood & Stone“, zu dem erstmal keine Touren möglich waren, wie Lajon resümiert. „Wir haben immerhin einige Musikvideos veröffentlicht und hatten das Gefühl, den Leuten das zu geben, was in einer solchen Zeit am meisten hilft: Musik.“ Mit dem anstehenden Release von „Truth Killer“ sei diesmal jedoch alles anders. „Wir haben ein neues Label, können touren und die Energie ist eine andere. Es scheint fast, als wäre es wie früher. Die Kids stehen um 9 Uhr morgens am Tourbus, sind happy und freuen sich auf die Show, die um 22 Uhr beginnt.“

Neuer Schwung
Über das neue Label Napalm Records hat Lajon nur Positives zu berichten. „Es war jetzt schon eine unfassbare Reise. Wir haben vier Musikvideos gedreht und ich spreche jede Woche mit der internationalen Musikpresse, was ich jahrelang nicht gemacht habe. Sie geben sich so viel Mühe, uns wieder die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die wir brauchen, damit wir nach Europa kommen können. Es tut mir echt leid, dass wir uns so lange nicht haben sehen lassen, aber wir sind wirklich bereit zurückzukommen!“ Mit jedem Interview, das Lajon gibt, fühlt er noch mehr Feuer, wieder nach Europa zu kommen. „Wir werden wieder da sein, wir werden unsere Beziehung mit den Fans wieder mehr pflegen. Ich kann es nicht abwarten, wieder Festivals und Clubshows in Europa zu spielen.“

Viele sind mit der Musik von SEVENDUST aufgewachsen, während die Band selbst die Entwicklung der Nu-Metal-Szene aus erster Hand beobachten konnte. „Wir haben in Bars und Clubs gespielt, irgendwann in größeren Venues und Arenen. Es wurde graduell größer und wir haben jahrelang daran gearbeitet. Ich denke, das macht uns auch zu der Band, die wir heute sind. Damals waren wir Kids und ich habe das Gefühl, dass diese Band dafür bestimmt ist zu tun, was wir tun. Ich habe auch das Gefühl, es strömt auch eine neue Energie durch ­SEVENDUST, auch wenn es uns seit 5000 Jahren gibt. Wir sind alle bereit, wieder auf voller Fläche anzugreifen.“

Neue Szene
Auf der anderen Seite sieht Lajon Bands, die in kurzer Zeit enorm populär werden. Die Gründe dafür sieht er bei Social Media. „Als ich von der Tour mit ALTER BRIDGE nach Hause gekommen bin, haben mich mein sechsjähriger Sohn, meine 15 Jahre alte Tochter und meine Frau gefragt, ob wir gemeinsam auf ein BAD OMENS-Konzert gehen. Ich dachte mir, natürlich. Am Ende kannten meine Kids mehr Songs als ich. So ging es mir auch mit SLEEP TOKEN. Ich liebe diese neue Ära, die durch solche Bands geprägt ist. Die Energie ist unfassbar real, das kann man nicht bestreiten.“
Dabei scheint das Interesse an SEVENDUST, die seit fast dreißig Jahren bestehen, jedoch nicht geschmälert, wie Lajon schmunzelt. „Meine Tochter ist in der 10. Klasse und erzählt mir, dass ihre Freunde immer noch finden, dass ich cool bin. Manche haben wohl sogar gesagt, dass sie mich hot finden. Damit kann ich leben, haha.“ An ein Ende der Band denkt Lajon vorerst also nicht.

Songwriting und Inspiration
Wir hatten die Chance, in das alte Farmhaus meiner Familie zu gehen, um das Album zu schreiben. Stell dir vor, wir haben im Schlafzimmer der Oma meiner Frau alles aufgebaut. Volles Recording-Equipment, ein Schlagzeug und die kompletten Amps, während ich sang. Abends haben wir gegrillt, Workout gemacht und uns den Sonnenuntergang angeschaut. Ich erinnere mich noch an eine Nacht, als ich von der dunklen Straße, auf der nur gelegentlich ein paar Traktoren lang fahren, durch das Fenster in das Haus blickte. Ich sah John und Clint beim Aufnehmen und dachte mir, stell dir vor, wenn jemand wirklich wüsste, was in diesem Haus passiert. Wir schreiben ‚Truth Killer‘ in Omas und Opas Haus und keiner hat eine Ahnung davon. Es war eine magische Energie.“

Dabei waren die Inspirationen jedoch vielseitig, wie sich Lajon erinnert. „Eines Morgens weckte mich John, der gerade beim Kaffeekochen war, und meinte, draußen würde ein Kalb frei herumrennen. Ich dachte erst, es wäre ein Scherz, weil es vor Ort einen neuen Zaun gab, aber tatsächlich mussten wir das Kalb dann zu zweit einfangen. Daraufhin haben wir direkt einen neuen Track geschrieben, das Resultat war ‚Fence‘, jetzt wo ich drüber nachdenke, haha.“

Durch dick und dünn
Schaut man auf die Liste der Mitglieder von SEVENDUST,­ fällt auf, dass die Band über die Jahre nur wenige Besetzungswechsel hatte. Gibt es einen Schlüssel zu dieser Konstanz? „Wir sind wie Brüder, die sich gegenseitig lieben. Und die Tatsache, dass niemand in der Band mehr hat als ein anderer. Wir teilen alles gleichermaßen. Manchmal kämpfen wir, aber wir wissen, dass wir das nicht ohne die anderen hätten.“ Dabei kennen sich die Musiker so gut wie kaum jemand anderen. „Wir sind durch alles gemeinsam gegangen. Hochzeiten, Geburten, aber auch Scheidungen, Todesfälle von Eltern und Großeltern. Wenn wir nicht bei unseren Familien sein können, dann müssen wir intern damit umgehen. Dadurch kennen wir uns unfassbar gut.“

Trotz all der Erfahrung, stellt Lajon fest: „Wir machen uns immer noch Sorgen um Rechnungen, unsere Frauen, die manchmal nicht verstehen, was wir machen, und Kinder, die krank werden. Aber ich habe das Gefühl, dass Musik zur Zeit wie eine Medizin ist und ich fühle mich wie ein Doktor, der bereit ist, den Leuten diese Medizin zu geben.“ Mit „Truth Killer“, dem 14. Album von SEVENDUST, und vollen Support des Labels, das laut Lajon genauso hart arbeitet wie die Band, steht dem nun nichts mehr im Weg.