SETYØURSAILS

Foto© by Jasmin Lauinger

Licht und Schatten

Eigentlich läuft es ja für Sängerin Jules der Kölner Band, frisch verlobt und glücklich. Warum dann auch auf dem neuen Album „Bad Blood“ Themen wie Mental Health und Konflikte mit im Fokus stehen, erklärt sie uns hier.

Ich stalke meine Interviewpartner ja immer ein wenig im Internet und da muss ich natürlich zu deiner Verlobung gratulieren!

Das ist aber lieb! Vielen Dank!

Das erweckt ja erst mal den Eindruck, dass es dir im Privatleben gut geht, sofern man Social Media glauben darf. In deinen Texten geht es aber auch immer um die Schattenseiten im Leben, um persönliche und mentale Konflikte. Wie ist das für dich? Musst du dich dafür in einen speziellen „Headspace“ begeben oder sind diese Themen momentan gegenwärtig in deinem Leben?
Ich leide schon seit ich 13 bin an Angststörungen und Depressionen, daher sind sie schon immer ein Teil von mir gewesen. Ich musste irgendwann erkennen, dass ich den Rest meines Lebens davon begleitet werde, und deshalb werde ich auch niemals aufhören können, darüber zu schreiben. Aber ja, privat läuft es wirklich super. Ich war noch nie so zufrieden und habe durch meine Verlobte auch zum ersten Mal erfahren dürfen, was es wirklich bedeutet, geliebt zu werden und zu lieben, und das ist einfach das Schönste, was es gibt. Und trotz dieser wundervollen Beziehung gibt es Tage und Wochen, in denen mich alles wieder einholt, aber jetzt habe ich zumindest ein Zuhause, in dem ich Zuflucht und Halt finde.

b]Haben sich deine Themen auf dem Album im Vergleich zu „Nightfall“ verändert?
Jein. Es geht auch immer noch viel um den Struggle mit meinem Kopf. Aber es gibt auch neue Themen wie zerbrochene Freundschaften oder Sex, es handelt auch oft davon, für sich selbst einzustehen und aus seiner Opferrolle in eine motivierte und selbstsichere Position zu gelangen, in der man über den Dingen stehen kann. Und da kann ich sagen, dass genau diese Songs mir so unendlich viel Stärke gegeben haben – und das, obwohl sie ja von mir selbst kamen. Das ist schon echt mega cool zu sehen, dass man eigentlich komplett selbst dafür verantwortlich ist, wie es einem geht.

Das letzte Mal, als wir gesprochen haben, waren wir ja noch in der Pandemie – die ist jetzt vorbei. Ihr seid da nicht ganz ungeschoren rausgekommen, habt die Hälfte der Band neu besetzen müssen. Wie war das für euch?
Es war eine heftige Zeit. Ich bin auch sehr froh, dass sie rum ist. Seit der Pandemie ist so viel passiert, dass ich gar nicht mehr alles weiß. Was ich weiß, ist auf jeden Fall, dass wir alles gegeben und uns immer durchgebissen haben. Wir mussten schon den einen oder anderen Schlag ins Gesicht aushalten. Aber genau das hat uns immer angetrieben weiterzumachen. Ich bin sehr stolz vor allem auf André und mich selbst, dass wir nach sieben Jahren Pain immer noch hier sind, und das stärker als je zuvor. Ich weiß nicht, wie wir’s gemacht haben, aber wir sind noch da, haha!

Hat diese Umbesetzung neue Kräfte bei euch frei gesetzt? Ich kann es nicht genau beschreiben, aber ich finde, „Bad Blood“ hat einen anderen Vibe als „Nightfall“ ...
Es hat natürlich gutgetan, neue Menschen um sich herum zu haben, vor allem da sie ja relativ spät dazugekommen sind und André und mir noch mal einen neuen Tritt verpasst haben. Die Motivation war natürlich da, aber wenn man noch mal freshe Kollegen reinbekommt, für die alles neu und aufregend ist, dann macht das natürlich was mit einem. „Bad Blood“ hat vor allem einen neuen Wind, da mich beim Writing andere Dinge inspiriert haben als bei „Nightfall“. Als „Nightfall“ entstanden ist, war ich an einem sehr dunklen, selbstzerstörerischen Ort. „Bad Blood“ ist vor allem aus der größten Motivation heraus entstanden, die ich jemals hatte. Immer wenn mich jemand am Boden sehen will, denke ich mir: Jetzt erst recht. Die einzige Person, die mich klein bekommt, bin ich selbst.

b]Auf dem letzten Album hattet ihr ja wesentlich mehr Features als jetzt auf „Bad Blood“. War das eine bewusste Entscheidung oder hat es sich einfach nicht angeboten? Was macht für dich den Reiz eines Features aus?
Also zunächst muss ich hier sagen, dass wir so unfassbar wenig Zeit hatten. „Bad Blood“ ist innerhalb von drei Monaten entstanden, weil wir bei dem ganzen Touren einfach komplett die Zeit vergessen hatten. Das waren wirklich die stressigsten drei Monate meines Lebens. Ich habe wirklich jeden Tag von 7 bis 14 Uhr geschrieben und bin danach erst mal acht Stunden arbeiten gegangen. Na ja, jedenfalls wollten wir tatsächlich noch ein bestimmtes Feature, aber leider hat die Zeit nicht mehr gereicht für die Person. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich finde es einfach total schön, von großartigen Künstler:innen Support zu bekommen. Und das schweißt natürlich auch total zusammen.

Auch wenn ich weiß, dass du genauso wenig von dem Thema hältst wie ich und wir beim letzten Mal schon darüber geredet haben: Hat sich aus deiner Sicht in den letzten Jahren was beim Thema „female-fronted“ getan? Ist es selbstverständlicher geworden? Oder wirst du damit immer noch konfrontiert?
Ich finde, es ist schon viel besser geworden und man spürt einen deutlichen Wandel. Wir werden zum Beispiel mittlerweile auch mal mit male-fronted Bands verglichen statt immer nur mit female-fronted, wo die Frauenbeteiligung eigentlich schon alles war, was bei den Bands ähnlich war. Es wird also vermehrt auf das Können geachtet statt auf den Fakt, dass man eine Frau ist. Das ist schön, bitte weiter so.