Wenige Bands haben in den letzten zwei Jahren durch die Fans von melodischem Hardcore in Deutschland mehr Aufmerksamkeit bekommen als SENDING LIGHTS aus Würzburg. Dabei gibt es sie erst seit Oktober 2011. Da ist es schon beachtlich, was die fünf Herren bislang alles abgefahren haben: Ob Schweden, England oder das AZ im Dorf deiner Eltern, die Chancen, dass SENDING LIGHTS schon da waren, stehen ziemlich gut. Dass sie, um das alles zu schaffen, nur einen einzigen Release gebraucht haben, macht die Geschichte um so besser. Mit „Haven“ erschien nun ihre zweite Platte – das erste Mal aus dem Studio, das erste Mal auf Vinyl. Über aufregende zweieinhalb Jahre plauderte ich an einem Sonntagnachmittag telefonisch mit Sänger Sascha.
Ihr kommt aus Würzburg, da hat sich in den letzten Jahren, auch dank euch, musikalisch so einiges entwickelt ...
Grundsätzlich war es so, dass es – bis auf wenige Ausnahmen – nie wirklich Hardcore-Bands in Würzburg gab. Eher Metal-Bands, wie OMEGA MASSIF oder so. Mit der Gründung von Shivery Productions, die zunächst Booking gemacht haben und später auch zum Label wurden, hat sich da einiges getan. Das war zunächst ein Geben und Nehmen zwischen denen und uns. Später kam dann noch einiges nach mit Bands wie DEAREST, DWNPOURS oder seit Neuestem auch 52 HERTZ. Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir daran besonders mitgewirkt haben, aber vielleicht haben wir ein Zeichen gesetzt, dass man auch in Würzburg coolen Hardcore machen kann. Angefangen hat es jedoch damit, dass die Jungs von Shivery auch größere Bands wie FOXXES oder THE COLD HARBOUR hierher geholt haben.
Die ersten Touren kamen für euch ja ziemlich schnell, nach einem halben Jahr ging’s schon los, oder?
Wir haben da vielleicht drei oder vier Monate zusammen gespielt, hatten irgendwann unsere erste Show mit TOGETHER und BACK AT SEA. Mit letzteren haben wir uns dann tatsächlich so gut verstanden, dass sie uns gefragt haben, ob wir Lust hätten, mit ihnen zu touren. Wir hatten da ja noch nicht mal ’ne Platte oder sonst irgendwas. Das ging ziemlich spontan und kurze Zeit später waren wir in England.
Du hast FOXXES oder THE COLD HARBOUR ja schon angesprochen, man hat euch ja oft mit diesen ganzen britischen Bands verglichen. Wie würdet ihr euch selbst musikalisch verorten?
Ja, der Vergleich liegt schon nahe, es ist nun mal so, dass da eine Menge Bands herkommen, die wir mögen, außer den beiden auch CROOKS oder DEPARTURES. Wir waren aber auch nicht umsonst zweimal zusammen mit FOXXES auf Tour. Allerdings kommt es mir so vor, dass da, wo diese und ähnliche Bands schnell werden und „typischen“ Hardcore spielen, wir uns zurücknehmen, gerade durch unsere Gitarristen, und eben diesen Post-Rock-Einfluss ein bisschen ausgeprägter runterspielen.
Was hat sich musikalisch von eurer ersten Platte „Stow Away“, die vom Sound her nie mit eurer Live-Performance mithalten konnte, zu eurer neuen EP „Haven“ getan, mal abgesehen von einer besseren Produktion?
Kurz: Melodie, ausgebautere Melodie. Ich glaube, dass die Songs ausgeklügelter sind und wir auch einfach viel mehr Arbeit darein gesteckt haben. „Stow Away“ hatten wir bei einem Freund im Wohnzimmer aufgenommen, bei „Haven“ waren wir im Studio – da merkt man natürlich den Unterschied noch extremer. Wobei wir nicht weniger stolz auf „Stow Away“ sind, es gehört ja zu unserer Geschichte dazu. Natürlich gab es Momente, da konntest du das Ganze nicht mehr hören, aber das ist wohl normal.
Es heißt, dass ihr ziemlich krasse Workaholics seid. Ist da was dran? Ist das ein Plan für die Zukunft?
Momentan gestaltet sich das etwas schwierig, weil ich gerade aus Würzburg nach Lindau gezogen bin, da kann ich nicht einfach mal unter der Woche nach Würzburg fahren zur Bandprobe. Aber die Jungs proben eigentlich minimal zweimal pro Woche und ich bin dann jedes zweite Wochenende wieder dabei. Das war letztes Jahr häufig so, dass wir in der Woche zweimal geprobt haben und am Wochenende dann noch zwei Konzerte hatten. So schreiben wir aber auch unsere Songs, wir jammen, und wenn wir die Idee gut finden, dann machen wir da einen Song draus. Was das Hobby zum Beruf machen angeht, das wäre schon extrem krass, wenn so etwas möglich wäre in dem Genre, in dem wir uns bewegen. Für mich ist das nicht unbedingt eine Option, denn mit Musik Geld verdienen heißt, dass man meistens irgendein großes Label hinter sich hat und vielleicht Kompromisse eingehen muss, die man gar nicht möchte, Knebelverträge akzeptieren oder irgendwelche Richtlinien, da habe ich keine Lust drauf. Dafür ist uns die Musik auch viel zu wichtig. Aber wenn man sich ansieht, wie Marcel, unser Gitarrist sich abmüht, dann wäre das doch auch schön. Ich glaube, der hat überhaupt keine Freizeit mehr, vor lauter Band und Labelkram, denn er hat Beyond Hope gegründet, ein Label, auf dem dann auch „Haven“ als 7“ erscheint.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #115 August/September 2014 und Julius Lensch
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #112 Februar/März 2014 und Julius Lensch