SCHWARZ AUF WEISS

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Searching For The Young Soul Rebels

SCHWARZ AUF WEISS könnten locker als DIE Szene-Phantome durchgehen: Abgesehen von ihren furiosen Kampfanzug-betonten Liveshows scheint es oft sehr still um die Bremer zu sein. Wenn es aber Neuigkeiten von den Sieben gibt, sorgen sie für ausgesprochene Aufmerksamkeit. Plötzlich arbeiten sie im Studio mit DEAD KENNEDYS-Kopf Jello Biafra zusammen, treten beim Force Attack-Festival trotzdem mit einem Pop-Programm auf, um wenige Tage später beim Chiemsee Reggae Summer mit einem Punk-Set zu verstören. Kurz danach verkündet das Septett auch noch, dass ihre Bläser als Live-Unterstützung von den FEHLFARBEN eingeladen wurden! Und was ist? Es ist alles wahr! Als die Jungs dann vor einigen Monaten mit SNUFF auf Tour gingen, und kurz danach das Studio für ihr neues Album enterten, war es Zeit, sich endlich ausführlich mit Sänger Malte Prieser zu unterhalten, um dem Phänomen SCHWARZ AUF WEISS auf den Grund zu gehen.
Wer euch das erste Mal live sieht, weiß hinterher oft gar nicht, was da eigentlich gerade passiert ist. Bläser in Kampfanzügen?! Das bleibt sicher erst mal im Gedächtnis. Absicht oder Zufall?

„Danke für das Lob! Dahinter steckt aber keine Berechnung. Wir haben uns einfach irgendwann gesagt: Was uns in den Sinn kommt, wird ab jetzt konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Fertig, aus! Diese Einstellung, gepaart mit der musikalischen Wucht, die man zu siebt erzeugen kann, ist vielleicht die richtige Mixtur. Aber das müssen eigentlich andere beurteilen.“
Ist so auch die Idee mit euren Anzügen entstanden?
„Eigentlich schon. Außerdem ist das unsere ganz eigene Antwort auf den neuen Nationalstolz, der sich in Indie- und Künstlerkreisen breit macht. Wir fanden dieses Schwarz-Rot-Gold-Mode-Ding so abstoßend, dass wir gesagt haben, ‚Okay, zeigen wir euch mal, was aus so einem Mist wachsen kann‘, und haben uns eben gleich in Panzerfahreruniformen der deutschen Bundeswehr gezwängt.“
Bezogen auf einen Titel eures 2002er Albums „Jugendstil“ habe ich letztens in einem Artikel die Überschrift „Denn sie wissen nicht was sie wollen!“ gelesen. Kann man das so stehen lassen, oder fühlt ihr euch missverstanden. Bei euch gilt ja nun nicht gerade „Schublade auf und rein damit!“.
„Bezogen auf unsere Einstellung zur Musik fiel außerdem mal der Satz ‚Das funktioniert auf Ehemaligentreffen der Hausbesetzerszene ebenso wie im Club der Jugend‘. Ich denke, das trifft es ganz gut. Wir stehen diesem ‚Time for Action‘-Gedanken recht nah. Auf der anderen Seite vermeiden wir schon allein durch unseren musikalisch recht poppigen Stil automatisch dieses ‚Preaching to the Converted‘-Ding, und freuen uns ehrlich über alle Kids, die mit uns sind. Na ja, und bei sieben Leuten sind die Einflüsse halt sehr zahlreich und da ist es zum Glück schwer, nur in eine Richtung zu laufen.“
Aber gestartet seid ihr schon im Ska, und da ist Definition ja doch eher beengt.
„Stimmt, aber Ska kam unserer gemeinsamen Vorliebe für ebenso bombastische wie druckvolle Sounds einfach sehr nah. Außerdem war da ja auch noch der Gedanke, auf diesem Weg tanzbare Musik, die Spaß macht, mit aussagekräftigen Texten verbinden zu können. Diese Kombination gefällt mir auch jetzt noch am Ska. Leider steht das reine Spaß-Ding bei vielen Bands so weit im Vordergrund, dass andere Inhalte oft auf der Strecke bleiben - mit Ausnahme vieler baskischer und südamerikanischer Gruppen. Für mich war es aber eben immer das Besondere an dieser Musikrichtung, egal ob bei den jamaikanischen oder englischen Acts, dass sich Themen wie Liebe, Spaß, Politik die Waage hielten oder miteinander harmonierten. So wurden in den Anfangstagen des Ska sowie später in der Two-Tone-Ära viele gesellschaftskritische Äußerungen auf sehr geschickte Art unter die Leute gebracht.“
Ein Ansatz, den ihr auch gezielt verfolgt?
„Ich denke schon. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir versuchen, einem poppigen Song auf Teufel komm raus eine wichtige Message unterzujubeln, um auch wirklich jedem Idioten unsere Ideen zu verkaufen. Wir setzen uns nicht gezielt hin, und kombinieren schöne Melodien mit harten Texten, damit wir die dann besser unters Volk bringen können. Das würde ich eher als positiven Nebeneffekt bezeichnen. Also kein Polit-Entertainment für Jedermann, haha. Was ich eigentlich sagen wollte, war: Wir sind bestimmt nicht die neuen CHUMBAWAMBA.“
Noch mal kurz zurück zum Ska. Ist euch die Szene böse, dass ihr keine Offbeats mehr spielt?
„Natürlich gibt da schon eindeutige Äußerungen über uns. Aber unsere Einflüsse aus Northern-Soul, Mod und Punk sollten Ska-Fans eigentlich nicht abschrecken, schließlich sind das alles Einflüsse, von denen die Szene ebenfalls geprägt ist. Außerdem, hör die mal die späten MADNESS, die ‚More Specials‘ von den SPECIALS oder neuere Sachen wie ADJUSTERS, LIBERATOR, MONSTER oder PIETASTERS an, da war immer Platz für Innovation und Neudefinition. Nur mit einem stakkatomäßigen Offbeat brauchst du halt nicht mehr zu rechnen. Ach ja, und dann waren da auch noch deutsche Bands wie die COURT JESTERS CREW. Die haben ihren Job so gut gemacht, da wollten wir uns gar nicht an den Zug hängen, sondern mal schauen, was wir selber so können, und was nur uns Sieben musikalisch so bewegt. Wenn aber jemand meint, wir hätten eine Lücke hinterlassen, ist das zwar ein schönes Kompliment, aber die kann er bestimmt auch schnell mit einer anderen Kapelle füllen.“
Okay, wollen wir das Kapitel damit abschließen. Im Zusammenhang mit euch fällt auch oft dieser D.I.Y.-Begriff. Besitzt das wirklich so einen großen Stellenwert für euch?
„Bezogen auf die Band muss ich da wohl ganz klar mit einem ehrlichen Nein antworten. Wie viele andere Gruppen haben auch wir unser Label und eine Bookingagentur, die einem zum Glück vieles leichter machen. Das war bei unserer Vorgänger-Band PRACTICAL JOKE vielleicht noch anders. Bezogen auf andere Dinge könnte das aber schon stimmen.“
Was genau meinst du?
„Na ja, halt dieses ‚Geben und Nehmen‘ – egal, wie pathetisch das klingen mag. Ohne die Musik wäre bei uns vieles anders gelaufen. Ich persönlich hatte dadurch die Chance, aus dem kleinen Bremer Vorort Weyhe herauszukommen und andere Sachen zu sehen, und mir wirklich eine eigene Meinung zu bilden. Zwischen Zeltlager und Schützenfest hätte ich mit zehn Jahren wohl kaum geglaubt, dass ich jemals mit meinen besten Freunden in besetzen Häusern übernachten würde oder in allen möglichen Städten Konzerte spiele. Daraus hat sich die Musik einfach als einer der wichtigsten Punkte im Leben entwickelt. Und jetzt haben wir eben die Chance, etwas davon zurückzugeben – ganz davon abgesehen, dass uns die Sache natürlich auch Spaß macht.“
Äh, das war eigentlich auch meine Frage – was genau sind das für Sachen?
„Na ja, Sören spielt noch bei der Beat-Combo TEENAGE MUSIC INTERNATIONAL, legt im Römer in Bremen völlig strangen Soul- und Mod-Jazz auf oder macht mal was für jüngere Bands. Dann haben wir alle auch unsere Finger in der ‚Bremen Sound Conspiracy‘ mit drin. Da versuchen wir Party und Live-Konzerte zu verbinden, und holen Bands in die Stadt, die wir selbst gern mögen wie die MONOCHORDS oder LES GARCONS. Und dann schreiben Harm und ich ja auch noch für das Trust-Zine. Wobei wir beide oft doch wieder zu faul sind oder keine Zeit haben. Zur Zeit versuche ich mir unter dem Namen Kogge Pop noch ein Standbein als Veranstalter aufzubauen, und Bands nach Bremen zu holen, die sonst leider nur in den größeren Medien-Städten halt machen, wie die WEAKERTHANS oder LALI PUNA. Vielleicht meinen die Leute das, wenn sie im Zusammenhang mit uns von D.I.Y. sprechen? Aber so sicher bin ich mir da nicht, ob das zählt. Und, ganz wichtig, wir sind Studenten mit Nebenjobs wie z.B. Musikunterricht geben! Wir züchten den eigenen Nachwuchs heran und verderben die Brut unschuldiger Bürger mit der Zügellosigkeit von Rock-Musik. Wenn das nicht zu tausend Prozent D.I.Y. ist, haha ...“