SATOR

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25 years later

1988, als dieses Fanzine gegründet wurde, starteten SATOR in Schweden mit ihrem ersten Album „Slammer!“ so richtig durch und veröffentlichten seitdem acht Alben und unzählige Singles. In unseren Gefilden wurden sie bekannter, als DIE TOTEN HOSEN sie als Vorband mit auf Tour nahmen. Trotz durchgängig guter Alben, vieler Kollaborationen und tiefer Szeneverbundenheit ist dies das erste Interview mit der schwedischen Band im Ox-Fanzine, von dem unser Interviewpartner, ihr Sänger und Gitarrist Chips Kiesbye, auch bekannt als Produzent der HELLACOPTERS und zig anderer schwedischer Bands, tatsächlich einige Ausgaben zu Hause hat, die er sich vor dem Interview noch einmal angeschaut hat.

Chips, laut der Bandbiografie auf sator.se habt ihr mit den Arbeiten zum neuen Coveralbum „Return Of The Barbie-Q-Killers“ bereits im März 1999 begonnen.

Ja, das ist wahr. Es hat 25 Jahre gedauert, dieses Album aufzunehmen. Den ersten Teil haben wir 1994 veröffentlicht und auch den zweiten Teil geplant. Fanden wir einen interessanten Song, nahmen wir ihn auf. Wir setzten uns keine Deadline, aber mit dieser Zeitspanne hatten wir auch nicht gerechnet. Irgendwann fragten die Leute, was aus diesem Projekt geworden ist. Da begann ich, alle bisherigen Aufnahmen zusammenzutragen, und stellte fest, dass es für ein Album reichen sollte. Es waren 35 Lieder. Ich sagte den anderen, dass wir nicht ein Album hatten, sondern drei. Was sollen wir tun? Haha!

Die Aufnahmen wurden über 25 Jahre hinweg gemacht?
Ja. Einige stammen aus den Neunziger Jahren und waren fertig, bei anderen fehlten noch Gitarrensoli oder Backingvocals. Die meisten waren noch nicht abgemischt. Wir haben die fehlenden Sachen hinzugefügt, aber nichts neu aufgenommen. Ich war ehrlicherweise etwas nervös, als ich mir die 25 Jahre alten Aufnahmen vornahm, weil ich dachte, dass sie sich beschissen anhören würden, aber es klingt fast wie aus einem Guss. Wir haben versucht, Songs aus den Jahren 1976 bis 1981 zu covern. Das Ziel war nicht, einen modernen Sound zu bekommen, aber veraltet sollte es auch nicht klingen.

Das Album klingt, als sei es in nur einer Session aufgenommen worden.
Ja, seltsam. Am meisten hat es mich überrascht, dass unsere Stimmen beim Gesang gleich klingen, denn in 25 Jahren ändert sich die Gesangsstimme dann doch ein wenig. Man konnte anhand der Stimmen nicht sagen, welche Aufnahme alt und welche brandneu war. Ich wusste noch, welche Lieder wir ganz zu Beginn aufgenommen hatten, aber dann ist die Erinnerung doch verschwommen. Die Sache lief oft so ab: Ich habe eine Band in meinem Studio aufgenommen und wenn diese Arbeit beendet war, habe ich schnell unseren Drummer angerufen und gesagt, dass er fix ins Studio kommen soll, und dann haben wir die Drums eingespielt, bevor sie abgebaut wurden. Es sind also um die zwanzig verschiedene Schlagzeuge auf dem Album zu hören, die aber alle im selben Raum des selben Studios aufgenommen wurden.

Wer hat die Songs ausgesucht?
Als wir den ersten Teil gemacht haben, das begann in den späten Achtzigern, lange vor dem Internet, habe ich Bands wie die ZEROS kontaktiert und gefragt, ob sie noch weitere Songs auf Lager hätten, die noch nicht veröffentlicht waren. Sie hatten da erst drei Singles auf dem Markt und mussten einfach mehr Songs haben. Danach habe ich Leute in den USA angerufen und gefragt, ob sie mal mit dieser oder jener Band gespielt hätten und habe nach Aufnahmen gefragt. Man schickte mir dann Kassetten mit vielleicht zwanzig Liedern, davon suchten wir ein paar aus, versuchten sie zu spielen und zu sehen, ob sie mit SATOR funktionierten. Beim ersten Coveralbum war es viel schwieriger, die Songs und die Leute zu finden. Bei „Return Of The Barbie-Q-Killers“ konnten wir einfach googlen. Da reichte oft eine Mail, um nach Songs oder Songtexten zu fragen. Der DEVO-Song zum Beispiel, da gibt es einen unserer Fans, ein US-Amerikaner, der uns seit Anfang an folgt und mit dem ich immer in Kontakt blieb. Irgendwann meinte er, dass er begonnen habe, mit DEVO zu arbeiten. Ich habe ihn sofort gebeten, DEVO zu fragen, ob sie einen unveröffentlichten Track für uns hätten. Ein paar Wochen später bekam ich einen Brief von der DEVO Cooperation. Wow, dachte ich. Im Brief war eine Kassette mit einem DEVO-Song von 1974, ein Lied, das sie selber nie richtig aufgenommen geschweige denn veröffentlicht hatten. Es klang nicht mal nach ihnen, weil sie da ihren Sound noch nicht gefunden hatten. Wir überlegten uns dann, wie er geklungen hätte, wenn DEVO ihn 1977 aufgenommen hätten, und nahmen dann ein Demo auf und versuchten, wie DEVO zu klingen. Anschließend haben wir diese Version in einen SATOR-Song umgebaut.

Gab es auch Lieder, die im SATOR-Kontext nicht funktioniert haben?
Ja, einige fühlten sich einfach nicht gut an, aber meistens lag es daran, dass wir den Text nicht finden konnten. Wir bekamen keinen Kontakt zu einem der Originalbandmitglieder oder diese erinnerten sich nicht mehr an die Texte, oder es gab davon nur ein mieses Live-Tape von 1978 oder so, wo man nur die Hälfte des Textes verstehen konnte. Wir hatten sogar ein Lied von THE CLASH von 1976 und auch deren Erlaubnis, aber sie wollten noch den Text raussuchen. Leider starb Joe Strummer, bevor er ihn uns schicken konnte. Wir haben dann diverse Bootlegs durchforstet, aber es war unmöglich. Wir haben ihn dann nicht aufgenommen, denn ohne den korrekten Text geht es nicht.

Die von euch gecoverten Lieder wurden also von den Bands nie aufgenommen?
Beim ersten Album waren alle unveröffentlicht, aber auf diesem finden sich ein paar, die zum Zeitpunkt unserer Aufnahmen unveröffentlicht waren, in der Zwischenzeit aber doch rausgebracht wurden. Außerdem sind in den letzten 15 Jahren so viele Alben mit Live-Bonussongs veröffentlicht worden, dass viele von den Kassetten, die ich seit den Achtzigern habe, nun irgendwo auf CD zu finden sind. Daher haben wir unsere Regel, dass ein Song zuvor komplett unveröffentlicht sein musste, aufgeweicht – sie müssen nur sehr rar sein.

Muss man die zu covernden Bands prinzipiell um Erlaubnis fragen?
Wenn sie ein Lied veröffentlicht haben, kann man es covern, solange man nichts Grundlegendes ändert. Ist ein Lied unveröffentlicht, haben wir immer versucht herauszufinden, wer der Komponist war, um sicherzustellen, dass sie auch ihr Geld bekommen. Publishing-Rechte eben. Auf dem ersten Album waren viele US-Bands, die ihre Lieder nie angemeldet haben, und ich musste sie förmlich dazu drängen. Unterschreibt die Papiere, los, haha. Viele dachten, dass es sich doch sowieso nicht auszahlen würde, und ich meinte nur, dass das Album auf Platz zwei der schwedischen Charts sei. Die meisten Bands, die wir gecovert haben, hatten zuvor nie Geld verdient und jetzt bekamen sie doch einiges.

Du warst auch bei den „Killed By Death“-Compilations involviert?
Ja, zumindest bei den ersten Ausgaben. Ein Freund namens Johan Kugelberg und ich haben das gestartet, dann wurde es von anderen übernommen, von denen einige richtig gute Arbeit geleistet haben, andere eher weniger. Damit haben wir nie auch nur einen Cent verdient, das war ein reines Fan-Projekt, inspiriert von den „Pebbles“- und „Nuggets“-Samplern, die ja die Sechziger abgedeckt haben. Es gab aber keine Compilations mit sehr raren Punk-Singles, also haben wir das gemacht. Und es scheint einigen Bands tatsächlich geholfen zu haben, noch einmal auf die Beine zu kommen.

Gab es nie rechtliche Probleme?
Nein, wir haben einfach gelogen und behauptet, dass wir das nicht waren, haha. Das ist jetzt so lange her und wir haben damit kein Geld verdient, also gibt es auch nichts, weswegen wir jetzt noch verklagt werden könnten. Viele der Bands konnten dank des neu erwachten Interesses an ihnen tatsächlich nach Europa kommen und auf Tour gehen. Ein paar von ihnen habe ich getroffen und sie fanden es gut, dass sie nach so langer Zeit noch einmal wahrgenommen wurden. Etwas Schlechtes habe ich nie gehört.

Die SATOR-Biografie auf eurer Website ist unglaublich detailliert – wer hat die Zeit, das so gut zu pflegen?
Ich führe seit 1986 Tagebuch und es ist im Grunde nur eine Kopie davon, allerdings ohne die persönlichen Dinge und Gedanken. So viel Arbeit ist das jetzt nicht. Man muss nur ab und zu die neuen Informationen hinzufügen. Ich mag es nicht, wenn auf Bandseiten nur eine kurze Biografie steht. Wer sich für SATOR interessiert, kann Stunden dort verbringen. Wir haben so viel gemacht, vieles davon ist durchaus interessant, und wir werden das auch weiter pflegen.

Laut der Biografie bist du seit 1977 in der schwedischen Szene unterwegs und deine erste Band hieß SKANDAL.
Ja, die gab es von 1977 bis ’81, aber wir haben nie etwas aufgenommen. Die erste Band mit Aufnahmen waren die REAL BOYS, deren Platte heute recht rar ist und die auch auf „Killed By Death“ zu finden sind. 1981 starteten wir SATOR CODEX, was im Grunde die gleiche Band ist wie jetzt, nur dass hin und wieder Leute gingen und neue hinzukamen. Seit 1983 spielen wir in der gleichen Besetzung mit Ausnahme des Bassisten und haben dann den Namen gekürzt, weil SATOR CODEX eher Gothic machten und wir wieder schnelleren Rock spielen wollten.

Ab wann war euch klar, dass ihr von der Musik leben konntet?
Ich denke 1988, als wir „Slammer!“ veröffentlichten. Fünf Jahre tingelten wir durch kleine Clubs, spielten vor einer Handvoll Menschen und plötzlich waren 4.000 Leute bei einem Festival und danach kamen 200 zu unseren Shows. Ab da hatte ich nie wieder einen „richtigen“ Job.

SATOR haben ja mit unfassbar vielen Künstlern und Bands zusammengearbeitet. WHITE FLAG zum Beispiel, mit denen ich dich ein paar Mal live gesehen habe.
Mit Bill Bartell aka Pat Fear kamen wir durch das erste Coveralbum in Kontakt, weil wir WHITE FLAG-Fans sind und einen Song von ihnen covern wollten. Er kannte wirklich jeden in der US-Szene. Welche Band willst du kontaktieren? THE DILS? Ohne ihn hätte es das erste Coveralbum vermutlich nicht gegeben. Wir machten dann eine Split-Single, luden WHITE FLAG nach Schweden ein, um mit uns zu touren. Schließlich wurden Ken und ich Mitglieder der Band. Sie hatten so viele Leute im Line-up, von denen jedoch nur zwei oder drei regelmäßig dabei waren. Je nachdem, wo sie touren wollten, haben sie die entsprechenden Leute kontaktiert. Wir haben dann bei den ganzen Europashows gespielt und sogar in Grönland, was echt klasse war.

Wie kam es dazu, dass WHITE FLAG in Grönland auftraten?
Bill/Pat war gut darin, Leute zu überzeugen, dass es eine gute Idee sei, eine amerikanische Punkband zu buchen, haha. Er machte so etwas möglich und dafür bewunderte ich ihn. Es war sehr traurig, als er verstarb. Es gab da ein lokales Festival, auf dem wir spielten. Die Leute fanden es toll. Das Essen war schrecklich. Immer nur Trockenfisch, total salzig, haha. Sie fuhren uns zu Eisbergen und zum Wale beobachten. Das liebe ich am Touren. Du triffst Menschen, denen du als Tourist nie begegnen würdest, und sie laden dich nach Hause und auf Partys ein. Manchmal entstehen Freundschaften.

Wie kam es 1990 dazu, dass euch DIE TOTEN HOSEN mit auf Tour genommen haben?
Wir spielten in Hamburg in einem kleinen Club und DIE TOTEN HOSEN waren unterwegs, um zu feiern, weil ihr Album Goldstatus erreicht hat, glaube ich. Es waren nur etwa zwanzig Zuschauer gekommen, was uns schon enttäuscht hat, aber wir sagten uns: Hey, sie sind gekommen und nun bieten wir ihnen etwas. Wir spielten wie die Irren. Wir hatten doch keine Ahnung, dass die Hälfte der Zuschauer zu DIE TOTEN HOSEN gehörten. Ihnen hat wohl gefallen, dass wir alles gaben. Ich weiß nicht mehr, ob sie uns gleich an diesem Abend oder ein paar Wochen später gefragt haben, aber sie meinten, wenn wir für sie eröffnen würden, könnten wir vor mehr als zwanzig Leuten spielen. Wir wurden gute Freunde und haben eine Weile gemeinsame Sachen in Schweden und Deutschland gemacht. Sehr nette Menschen.

Du bist ja seit Ewigkeiten der Produzent von THE HELLACOPTERS. War es diesmal anders, mit ihnen zu arbeiten? Strings ist ja verstorben und Kenny nicht mehr dabei, dafür ist Dregen zurück in der Band ...
Ein bisschen vielleicht, ja. Zunächst war gar nicht klar, ob es ein weiteres Album geben würde. Wir haben drei Songs aufgenommen, um zu sehen, ob die Magie noch da war, und erzählten erst niemand davon. Das Ergebnis war gut und wir sind schnell wieder in die alte Stimmung gekommen. So viel anders als früher war es gar nicht.

Du hast auch mal mit Nicke Andersson in einer BLACK SABBATH-Coverband gespielt ...
Haha, ja. Eine von den Bands, die du in der Kneipe gründest. Nach ein paar Bierchen kommt man auf solche Ideen. Zu diesem Zeitpunk war keiner von uns auf Tour. Es sollte keine richtige Band werden. Lasst uns Bier trinken und BLACK SABBATH covern. Ich wollte nur die Hauptriffs spielen und die Hippiescheiße weglassen, die es in ihren Lieder ja gibt. Das kam bei den anderen gar nicht gut an. Man ändert keine Songs von ihnen, musste ich mich belehren lassen. Und sie hatten ja recht. Vor Publikum sind wir nie aufgetreten.