RUMBLE ON THE BEACH

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Blick zurück ohne Zorn

Ihre große Zeit liegt nun bald dreißig Jahre zurück, danach wurde es sukzessive ruhiger um das Bremer Trio RUMBLE ON THE BEACH. In ihrer Hochphase gab es damals sogar einen Bericht in der Bravo, keine Selbstverständlichkeit für eine Rockabilly-Band, die auf dem Weserlabel veröffentlichte und in der Punk-Szene bis heute einen guten Namen hat. Das nahm das legendäre Rerelease-Label Bear Family zum Anlass, ihre ersten beiden Alben, „Rumble Rat“ (1987) and „Rumble“ (1988), sowie Bonustracks auf einer CD mit 54-seitigem Booklet neu rauszubringen. Ob nach „Two Legendary Albums – Rumble Rat & Rumble“ noch mehr zu erwarten ist, verraten uns Sänger und Gitarrist Michael „Ohlly“ Ohlhoff und Drummer Marc Mittelacher.

Ohlly, da du ja bei Bear Family arbeitest, bedeutet das für dich, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden?

Ohlly:
Ich habe schon während meiner Zeit bei den Rumbles bei Bear Family als Aushilfe gearbeitet. Wir waren zwar viel unterwegs, jedoch hat das Geld nie gereicht. Als wir dann in die „große Pause“ gegangen sind, habe ich fest bei Bear Family Records angefangen. Und da bin ich nun immer noch. Für mich war es wichtig, weiterhin mein Geld mit Musik zu verdienen, und somit habe ich mein Leben nicht nur dem Rock’n’Roll verschrieben, sondern auch Bear Family Records.

Zu „Two Legendary Albums“ gehört auch ein umfangreiches Booklet. So viel spannender Text für die wenigen Jahre von 1985 bis 1988. Wundert man sich da manchmal selbst, wie schnell das vorbeiging, und wird wehmütig?

Marc:
Es war eine äußerst spannende Zeit, in der viel passiert ist und an die ich oft und sehr gerne zurückdenke. Das CD-Booklet enthält praktisch eine Zusammenfassung der Erlebnisse in den besagten Jahren, prinzipiell hätte die ganze Story dreimal so lang sein können. Als Wehmut würde ich es nicht bezeichnen, denn es geht ja weiter und das Hier und Jetzt zählt auch.

Es heißt darin auch, dass ein weiterer Teil folgen soll. Ist wirklich immer noch so viel an Material und Text vorhanden?

Ohlly:
Von unseren fünf CDs/LPs, die wir zwischen 1986 und ’93 eingespielt haben, haben wir nur die erste und zweite wiederveröffentlicht. Marc wird für das Booklet die Geschichte weitererzählen, und Bilder und Musik haben wir noch ohne Ende. Zum Glück haben wir damals alles gesammelt und dokumentiert, was wir gemacht haben.

Marc: Unser Archiv gibt noch einiges her. Hinzu kommen die vielen, im Hirn eingebrannten Erinnerungen nebst Tagebüchern. Wenn die Retrospektive fertig ist, kann man sicherlich auch die musikalische Entwicklung heraushören.

Ihr habt jüngst wieder auf der Bühne gestanden, zusammen mit eurem Bassisten Andreas Merck, meintet aber, dies wäre keine Reunion, da ihr euch ja nie aufgelöst hättet.

Marc:
Ohlly und ich trafen uns auf einer größeren Geburtstagsparty gemeinsamer Freunde. Ich spielte da mit einer Sessionband alte Rock’n’Roll-Nummern und Ohlly war als „Geburtstagsgeschenk“, sprich Special Guest mit dabei und wir spielten aus dem Bauch heraus ein paar alte Rumble-Songs, ungeprobt! Das klappte nicht nur auf Anhieb, sondern kam riesig an, beim Publikum ebenso wie bei uns selbst.

Ohlly: Nach ein paar Bieren beschlossen Marc und ich, die große Pause zu beenden. Und genauso ist ja nun auch gekommen.

Ich finde, es gibt nur wenige Bands, die für die Öffnung der Rock’n’Roll-Szene auch in Richtung Punk so viel getan haben wie ihr. Vielleicht noch PANHANDLE ALKS, ROCKABILLY MAFIA und MAD SIN. Seid ihr etwas betrübt, dass jetzt mitunter andere dafür die Früchte ernten, oder erlebt ihr die Rockabilly-Szene heute eher noch als abgetrennter denn je?

Marc:
Wir selbst haben ja viele musikalische Einflüsse und uns nie wirklich in eine Schublade stecken lassen. Rock’n’Roll an sich hat extrem viele Facetten, da kann man schwer pauschalisieren, welche Bands in Richtung Punk viel getan haben. Da müsste man schon die ganzen englischen Psychobilly-Bands der ersten Stunde wie METEORS mit ins Boot holen. Die Szene heutzutage ist weitaus offener als damals. In den Achtzigern gab es eine strikte Trennung zwischen Rockabilly-Teds und Psychobillies. Das ist heute insofern anders, als dass sämtliche subkulturellen Strömungen ineinander verschmolzen sind. Einzige Bedingung, um dazuzugehören: Tattoos muss man haben! Wir Rumbles haben deswegen auch keine!

Wenn es von euch also noch neue Songs gibt, dürfen wir fest davon ausgehen, dass die nicht im verhallten Fünfziger-Jahre-Monosound aufgenommen werden?

Marc:
Wie damals auch, werden neue Songs natürlich im knalligen Rumble-Brett-Stereosound präsentiert. So viel kann schon gesagt werden.

Ohlly: Neue Aufnahmen sind auf jeden Fall geplant, mehr verraten wir aber noch nicht.

Besonders krass liest sich das Treiben von Nazi-Skins auf einigen eurer damaligen Konzerte, die direkt zur Randale anrückten. Ist es heute so, dass es diesen Mist nicht mehr gibt, und hat euch das als Truppe noch mehr zusammengeschweißt?

Ohlly:
Wir wären froh, wenn es diesen Mist nicht mehr gäbe. Wir hassen Nazis! Leider gibt es die auch heute noch. Damals haben wir alle, auch die anderen Bands, grandios zusammengestanden und das wäre in einer vergleichbaren Situation heute genauso!

Die Professionalität eurer alten Aufnahmen, auch mit den Einspielungen von Gastmusikern, ist wunderbar und ihr wurdet nicht zuletzt deshalb auch gerne im Radio gespielt. So wie der alte Spruch: Rockabilly unterscheidet von Punk, dass die Musiker ihre Instrumente beherrschen.

Marc:
Rockabilly-Rock’n’Roll hat auch nur drei Akkorde.

Aber ihr sagt jetzt nicht, dass ihr euch das alles selber beigebracht habt, oder?

Ohlly:
Meine erste Band war eine Punkband, RÜCKKOPPLUNG aus Bremen! Also alles selbst beigebracht.

Marc: Ich stamme aus einer Musikerfamilie und wurde „gezwungen“, ein Instrument zu lernen. Da mein Vater beruflich klassische Musik machte, entschied ich mich für das lauteste Instrument überhaupt, welches in der Klassik nur sehr spartanisch eingesetzt wird: das Schlagzeug. Das wurde sogar „genehmigt“ und ich erhielt zwei Jahre lang Unterricht bei Friedrich Thein, damals Pauker beim Bremer Staatsorchester. Das war im Alter von zehn bis zwölf. Ich lernte sogar Schlagzeug-Noten, die ich aber längst wieder vergessen habe. Der Unterricht war recht trocken. Rock’n’Roll kann einem sowieso niemand beibringen, den hat man, oder eben nicht.

War vielleicht sogar der treibende, rollende E-Bass das Signal einer Annäherung an den Punk? Wäre das auch mit schepperndem Kontrabass denkbar gewesen?

Marc:
Die englischen Teddyboy-Bands der späten Siebziger Jahre spielen alle E-Bass. Das ist grundsätzlich eine Frage des Arrangements. Sicherlich ist ein E-Bass dem typischen Rumble-Sound zuträglich, dennoch wäre es auch mit Kontrabass machbar. Wie gesagt, wir sind da offen. Es ist doch alles Rock’n’Roll!

Euer größter Hit ist das Cover von „Purple rain“ von Prince. Das passiert nicht oft, dass eine Band durch eine Coverversion populär wird.

Marc:
Wenn man sich als Band ein Cover vornimmt, kommt es stark auf das Arrangement an, dass der Song das eigene Soundkleid erhält. Durch diesen Prozess wird es fast zu einem eigenen Stück. Wir hatten etwa bei „Purple rain“ die gesamten Rhythmen verändert.

Ärgert es euch, dass man zuerst an diesen Song bei euch denkt und nicht an eine Eigenkomposition?

Ohlly:
Es macht uns eher stolz, weil wir viel Arbeit in diesen Song gesteckt haben, bis er zu einer richtigen RUMBLE ON THE BEACH-Nummer wurde.

Wie ist das mit altem Videomaterial, insbesondere euren Radio Bremen-Sessions? Gibt es genügend Mitschnitte, um vielleicht eine DVD zu produzieren?

Ohlly:
Wir sind gerade dabei, altes Originalmaterial auf VHS-Kassetten zu sichten und zu bearbeiten. Davon gibt es reichlich, aber ob eine DVD erscheinen wird, kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand sagen.

Gibt es noch musikalische Ziele für RUMBLE ON THE BEACH oder mit anderen Projekten von euch?

Marc:
Ohne Ziele wäre eine Band faktisch tot. Ich denke, wir sind – wie damals schon – zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir leben in politisch unruhigen Zeiten und da sind Bands mit geradliniger Musik wichtig. Musik bietet für sehr viele Menschen Orientierung und wir haben bereits bei den ersten beiden Live-Konzerten zu spüren bekommen, wie dankbar das Publikum unsere Musik aufgenommen hat. Ich behaupte mal ganz frech, dass es in Deutschland keine geradlinigere Band als uns gibt.