ROB MOIR

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Traurigkeit im Wohnzimmer

Es ist die Traurigkeit auf seinem Debütalbum, die mich aufhorchen ließ. Rob Moir besingt auf „Places To Die“ die Irrungen und Wirrungen des Lebens und das ist so schrecklich traurig, dass ich mich fragte, ob er selber auch so ein melancholischer Geselle sei. Ist er nicht, beim Interview hatte er sogar ziemlich gute Laune. Bei Limo und Bier plauderten wir im Berliner Ramones-Museum.

Rob, du hast früher bei DEAD LETTER DEPARTMENT gespielt. Wieso bist du jetzt allein unterwegs?


2005 hatte die Band den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht, da passierte nicht mehr viel. Ich wollte gerne aber weiterhin Musik machen und vor allem mehr auf Tour gehen. Dazu kam, dass ich angefangen hatte, viele Akustiksachen zu schreiben. Ich dachte, nun sei ein guter Zeitpunkt, ein Soloalbum daraus zu machen.

Beim Hören von „Places To Die“ dachte ich, du müsstest ein ziemlich melancholischer Mensch sein, die Texte sind alle furchtbar traurig. Du machst aber jetzt einen ganz fröhlichen Eindruck.

Sind die Texte so traurig? Ich weiß es gar nicht, ja, vielleicht. Sie sind auf jeden Fall durchdacht und ich denke nicht, dass man positive Texte schreiben sollte, nur damit die Songs fröhlicher wirken. Obwohl ... wahrscheinlich hast du recht, mir fällt jetzt kein Stück ein, das ausgesprochen positiv wäre. Vielleicht muss man auch unterscheiden zwischen dem Menschen, der man ist, und der Musik, die man macht. Das muss ja nicht immer eins sein. Mein Leben ist super, es gibt eigentlich nichts, worüber ich mich beschweren könnte. Ich habe großes Glück, meine Leidenschaft ausleben zu können und damit Geld zu verdienen.

Deine Texte sind nicht nur traurig, sondern auch voller Bilder und Geschichten von Menschen, wie zum Beispiel der armen Margot bei „Oh Margot, please“. Was inspiriert dich?

Ich kenne keine Margot persönlich, haha, aber ich habe auf Reisen sehr viele Menschen kennen gelernt. Das Verhalten oder die Geschichte dieser Leute bleibt irgendwie hängen und kommt dann einige Jahre später wieder hoch. Insgesamt sind diese Personen ausgedacht, aber es hilft schon, sich an besondere Situationen zu erinnern, wenn man gerade dabei ist, Songs zu schreiben.

Gewundert hat mich außerdem, dass du beim Titelstück „Places to die“ einen Dudelsack zum Einsatz kommen lässt. Ich würde auf einem Album von einem Kanadier jetzt nicht unbedingt einen Dudelsack erwarten.

Nun, der Dudelsack sollte eher symbolisch für eine Beerdigungszeremonie stehen. Menschen von den britischen Inseln, Schottland zum Beispiel, die wissen, dass der Dudelsack typisch ist für so eine Zeremonie. Für mich passte das ziemlich gut zu dem Stück, es geht um das Sterben.

Auf deinem Album finden sich nicht nur der Dudelsack, sondern auch Streicher. Wie ist es da, jetzt allein auf der Bühne zu stehen?

Ich schreibe meine Songs so, dass ich sie auch allein spielen kann. Das ist ja das Gute an Musik, es gibt Lieder auf dem Album, die funktionieren allein einfach besser, und andere brauchen vielleicht eine starke Band. Die Antwort ist zwar: Ja, ich vermisse die Leute um mich schon. Aber ich glaube, ich bekomme das allein auch ganz gut hin, haha. Ich kann aber andererseits auch gar keine Musik schreiben, die ich nicht auch allein auf die Bühne bringen könnte.

Wenn man sich deinen Tourplan anschaut, sieht das schon lustig aus. Du spielst in „Ela’s House“ und „Gerrit’s House“, wie kam es zu dieser Wohnzimmertour?

In Kanada gibt es diese Tradition, dass in der Zeit zwischen Anpflanzen und Ernte auf dem Land Konzerte bei Menschen zu Hause stattfinden. Der ganze Ort kommt dazu zusammen, aber meist sind es doch eher die älteren Leute, die so etwas besuchen, weil deren Kinder meist in den Städten zur Schule gehen. Ich wollte das Ganze mitnehmen in die Stadt und auch ein jüngeres Publikum erreichen, das ist für mich persönlich interessanter.

Man konnte sich einfach bei dir melden und sagen: „Hey, ich hab da ein Wohnzimmer, komm vorbei“?

Ich bin jetzt zum dritten Mal allein in Europa und ich habe einfach über verschiedene Internetseiten, Facebook natürlich und Reiseseiten, Plattformen, auf denen die Leute recht offen und gemeinschaftlich unterwegs sind, Werbung gemacht und gefragt. Meistens findet sich mindestens eine Person in jeder Stadt, die große Lust hat, so etwas zu machen, das war dank Internet kein Problem.

Du magst es offensichtlich, auf Tour zu sein, dein Plan ist pickepacke voll.

Ja, ich bin erst mal bis Februar 2014 unterwegs und dann bleibe ich ein wenig in meiner Heimat in Toronto, und dann gibt es auf jeden Fall schon Termine für die Zeit danach ... Wo genau und was weiß ich noch nicht, aber die Konzerte bis Februar sind schon mal geplant, also ja, ich muss es wohl mögen, haha. Allein in den letzten dreißig Tagen habe ich 27 Konzerte gespielt. Das Reisen dazwischen kann alles sein, entweder es ist schön und leicht und macht Spaß, aber es kann auch ein Albtraum sein. Ich denke aber, man muss die schlechten Seiten in Kauf nehmen, um die guten Sachen machen zu können.