Schon mal was von Aulhausen gehört? Da seid ihr nicht alleine. Der wahrscheinlich bekanntester Sohn des knapp 1.200 Einwohner starken Kaffs in den Wäldern über Rüdesheim am Rhein ist Schöbi, Sänger der Metalcore-Band RISING ANGER, deren Mitglieder allesamt aus Dörfern im wunderschönen Rheingau stammen. Anlässlich ihrer neuen Platte „Mindfinder“ auf Bastardized Recordings standen mir Schöbi und Gitarrist Jonas Rede und Antwort.
Ihr kommt ja alle aus ziemlichen Käffern. Wie ist das für euch, wenn ihr darauf zurückschaut? Ihr habt ja früher auf jeder dritten Ackerparty gespielt, haha ...
Jonas: Rising Anger sind unsere allererste Band – wir hatten zu Beginn null Kontakte zu irgendwelchen anderen Bands oder Bookern, also haben wir damals geile Acker- und Kneipenshows selbst organisiert und ein paar Bands hier aus der Ecke eingeladen mitzuspielen. Über MySpace kamen wir dann an ein paar Bands aus anderen Städten ran und haben so auch ab Ende 2010 ein paar Shows außerhalb des Rheingaus gespielt. In Wiesbaden wollte uns früher niemand haben, es war einfach verdammt schwer für uns, aus dem Rheingau rauszukommen. Mit viel Arbeit, zwei Demos und einer Studio-EP haben wir es dann doch irgendwann geschafft, viele Shows auswärts zu spielen und uns unseren Traum vom „Touren“ zu verwirklichen. 2011 hatten wir unsere erste Show in Wiesbaden in der Kreativfabrik vor knapp sechzig Leuten, damals waren wir echt super glücklich, endlich in der Stadt spielen zu dürfen.
Schöbi: Das gehört zu unserem Werdegang als Band und macht unseren Background aus. Das ist auch gut so, finde ich. Erst mal klein anfangen und dann nach und nach Kontakte knüpfen und die Szene kennen lernen. So und nicht anders lernt man, meiner Meinung nach, sich zu steigern. Anfängliche Fehler, die aus „ländlicher“ Naivität gemacht wurden, bringen einen nur weiter voran.
Mit Bastardized seid ihr jetzt bei einem ziemlich großen Label untergekommen. Das fühlt sich aber bestimmt anders an, als man es sich damals mit 16 vorgestellt hat, oder?
Jonas: Als wir angefangen haben, Musik zu machen, hatte man natürlich viele Träume vor Augen, wie zum Beispiel Shows in Wiesbaden zu spielen oder gar irgendwann mal eine richtige Tour. Ganz weit in den Sternen steht da natürlich auch dieses Wort „Plattenvertrag“, was uns aber in dem Moment noch sehr utopisch und unerreichbar schien. Mit 16, wenn man anfängt, hat man natürlich absolut gar keine Ahnung, wie so etwas aussieht, und man stellt sich immer vor, ein Plattenvertrag ist der absolute Durchbruch und so weiter, wie man eben in dem Alter so ist und über die Welt denkt. Heute ist es für uns einfach eine Riesenehre, diese Möglichkeit gegeben zu bekommen, dass man unsere Musik weltweit und regional kaufen kann und dass sie mittlerweile recht großen Anklang findet. Das ist wirklich mehr. als wir uns jemals erträumt hatten: Die Musik machen zu können, die einem gefällt, und so tolle Möglichkeiten geboten bekommt.
Was ist das Wichtigste, das du durch die Band gelernt hast?
Jonas: Mit viel Arbeit, Ehrgeiz und Herzblut kann man alles erreichen, was man sich wünscht – wenn man an sich glaubt. Wir haben uns all unsere Träume erfüllt: Wir können Musik machen, wir können touren, wir können Shows spielen, wir können tolle Leute kennen lernen und wir haben mittlerweile sogar einen Plattendeal.
Schöbi: Dass man mit Vertrauen in sich und die Sache einiges und noch mehr erreichen kann. Wenn einem wirklich etwas am Herzen liegt, sollte man diesem Wunsch folgen, denn es wird nur Positives dabei herauskommen. Alleine den Weg zu gehen, lohnt sich schon, egal, was, wie und wo man am Ende stehen wird. Man ist nicht allein auf dieser Welt, es gibt immer und überall Menschen, mit denen man Gedanken und Gefühle teilt und die zu echten Freunden werden. Diese positive Energie hoffe ich mir immer bewahren zu können.
In eurem Booklet stehen Texte, die ja doch einen gewissen gesellschaftskritischen Anspruch haben, aber dem stehen Bandfotos von euch gegenüber, auf denen ihr Grimassen schneidet. Findet ihr nicht, dass ihr die Glaubwürdigkeit eurer Message dadurch vielleicht ein bisschen schmälert?
Jonas: So sind wir nun mal. Wir legen großen Wert darauf, uns so zu geben, wie wir eben sind. Wir sind totale Kindsköpfe mit viel Lebensfreude, aber es existieren eben auch genug Dinge auf dieser Welt, die uns anpissen. Unsere Texte behandeln beide Seiten des Lebens, die positiven Erlebnisse als auch die negativen Dinge, die uns verärgern, zum Nachdenken bringen, uns mit Hass oder Trauer erfüllen. Wir bemühen nicht irgendein Image, um irgendwas glaubwürdig rüberzubringen. Wenn uns wegen der Fotos jemand nicht ernst nimmt, soll es eben so sein ...
Schöbi: Wir haben uns nicht ohne Grund dazu entschieden, das Artwork der Platte so zu gestalten. Wie Jonas schon sagt, geht es uns darum, authentisch zu sein. Da wir wirkliche Kindsköpfe sind, landen natürlich auch solche Bilder von uns im Booklet. Nichtsdestotrotz haben wir auch eine ernste Seite, so wie jeder Mensch, und diese drücken wir durch unsere Texte und Musik aus. Von daher finde ich, schmälert dieser Kontrast unsere Message auf keinen Fall, er unterstreicht sie sogar eher.
Habt ihr das Gefühl, dass eure Hörerschaft sich viele Gedanken über eure Texte macht?
Schöbi: Es gibt viele Leute, denen kommt es rein auf die Hörästhetik an, die achten mehr auf das Instrumentale im Zusammenspiel mit der Stimme. Es gibt jedoch auch echt viele, die sich die Texte zu der Musik durchlesen, und die Reaktionen darauf waren bisher durchweg positiv. So kam es auch schon vor, dass der Text zu unserem schon älteren Lied „Killerfarm sells life insurance“ für ein Referat über Massentierhaltung im Englischunterricht verwendet wurde. In solchen Momenten freut man sich einfach riesig, da man sehen kann, dass sich Menschen mit dem auseinandersetzen, was man tut.
Was sind also eure Ziele als Band? Touren? Revolution? Spaß?
Jonas: Musik machen und Spaß haben. Zeit mit Freunden verbringen. Das ist mir das Wichtigste. Aber ich möchte unseren Zuhörern auch irgendwas durch unsere Musik mitgeben, sei es, dass sie eine tolle Show hatten oder sich zum Beispiel mit einem unserer Texte oder Songs identifizieren können und sich dadurch in irgendeiner Situation bestärkt fühlen.
Schöbi: Ich möchte einfach, solange es geht Musik machen und unterwegs sein. Ich fühle mich nirgendwo so frei wie auf Tour. Man ist weg von Daheim und vergisst die eigenen Sorgen und Nöte für ein paar Tage. Ich brauche nicht mehr als ein stinkiges Auto, vollgestopft mit Equipment und guten Freunden. Wenn wir dann noch Menschen durch unsere Musik und Art berühren und zum Nachdenken anregen, ist das beste Gefühl der Welt.
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