Chuck Ragan und Rocky Votolato schlafen noch, als ich im Berliner SO36 ankomme. Ich warte und schaue dem Gewusel vor der Bühne zu, Gitarren, Geigen und Joe Ginsbergs großer Kontrabass werden an mir vorbeigetragen, es geht zu wie im Bienenstock. Seit fünf Jahren tourt Chuck Ragan unter dem Titel „Revival Tour“ mit Freunden aus Folk und Punk durch die Lande und feiert damit große Erfolge. Frank Turner war schon dabei, Kevin Seconds von 7 SECONDS und Brian Fallon von THE GASLIGHT ANTHEM ebenfalls; 2012 begleiteten ihn Rocky Votolato, Emily Barker, Jay Malinowski (BEDOUIN SOUNDCLASH) und Cory Branan. Auch Joe Ginsberg, Jon Gaunt und THE DEAD COAST, Ragans langjährige Weggefährten, sind dabei. Es wird voll auf der Bühne und höchste Zeit, sich das mal näher anzuschauen. Wenn die Herren Votolato und Ragan dann mal wach sind ...
Chuck, auf eurer Homepage steht ja bereits einiges zur Geschichte der Revival Tour, aber es wäre schön, deine Sicht der Dinge zu hören.
Chuck Ragan: Die Revival Tour entstand ursprünglich aus der schlichten Idee, dass der beste Moment auf einer Tour eigentlich der war, wenn zum Schluss alle Beteiligten gemeinsam auf der Bühne standen, um noch ein Lied zu spielen. Das passierte leider nie vor dem Ende der Tour und das war schade. Da haben wir überlegt, wenn wir das einfach ein bisschen besser organisieren und uns vorbereiten, wieso packen wir nicht diesen großartigsten Moment einer Tour in eine ganz eigene Tour. Einfach die ganze Zeit zusammen zu spielen und Spaß zu haben, das war der erste Gedanke. Außerdem ist das die ursprüngliche Idee davon, Musik zu teilen, das ist nicht unbedingt originell, denn diese Art, gemeinsam Musik zu machen, gibt es ja seit Hunderten von Jahren. Für mich ist es wichtig, Hierarchien aufzubrechen, die mit einem strikten Line-up aufkommen könnten. Bei der Revival Tour ist keiner wichtiger als der andere, egal, wie berühmt oder erfolgreich er oder sie bisher war. Deshalb gehen wir zu Anfang des Konzerts immer alle zusammen auf die Bühne, um die Show zu eröffnen. Wir wollen den Leuten zeigen „Hey, wir stehen hier alle gemeinsam auf der gleichen Bühne“, das bringt nicht nur uns Musiker näher zusammen, das überträgt sich auch auf das Publikum. Da mögen Leute stehen, die sind da, um Rocky zu sehen, oder Jay Malinowski, aber das ist egal, vom ersten Moment an sind wir alle zusammen da und zeigen, wie wichtig es uns ist, diese Momente zu teilen, und dass dies die Art von Musikmachen ist, an die wir glauben.
Rocky Votolato: Das ist es, was ich so sehr mag, es nimmt der Sache das Ego. Es nimmt diese Vorband-Hauptband-Sache aus der Tour, es bringt uns alle enger zusammen und gibt dem Konzert eine familiäre Atmosphäre. Der ganze Mist kommt weg und der Weg wird frei geräumt für das, wofür man eigentlich zu einem Konzert geht: wegen der Musik und wegen der Menschen.
Ist das das Erfolgsrezept? Eure Konzerte sind regelmäßig ausverkauft und immerhin seid ihr bereits zum fünften Mal unterwegs.
Chuck: Sicherlich, ich glaube, das ist ansteckend. Das Letzte, was ich jemals tun wollte, wäre Geld, Zeit und Energie zu verschwenden, um eine Performance zu sehen, bei der jemand auf der Bühne steht, zu dem man aufschaut, um dann zu merken, dass es ihm eigentlich egal ist, da zu sein. Oder noch schlimmer, jemand mit so einer gewissen „Ich bin cooler als du“-Attitüde. Das ist fürchterlich, das ist ein Alptraum, dafür gehe ich doch nicht aus und dafür gehen auch die Leute nicht aus. Sie gehen aus, um Musik zu hören und um mit ihren Freunden oder auch alleine einfach die Atmosphäre bei einem Konzert zu genießen. Sie wollen den ganzen Stress des Tages vergessen und da holen wir sie ab. Es ist unser Job, ihnen dabei zu helfen, die Sorgen hinter sich zu lassen, und sei es nur für drei Stunden oder für einen Abend, oder zumindest für ein Lied. Ich denke, das merken die Leute, die zu unseren Konzerten kommen auch, ich hoffe es zumindest.
Ihr seid ja beide auch viel allein auf Tour oder auch, wie in deinem Fall, Chuck, mit HOT WATER MUSIC. Was ist anders, wenn ihr mit der Revival Tour unterwegs seid?
Chuck: Zuerst einmal ist das Publikum ein vollkommen anderes. Bei der Revival Tour kommen ganz unterschiedliche Altersgruppen zu den Konzerten, da kommen Eltern mit ihren Kindern, also richtig, richtig kleinen Kindern, zwei- oder dreijährige. Und dann habe ich gesehen, wie Menschen im Rollstuhl zu den Shows geschoben wurden. Das ist wundervoll. Ich meine, viele Leute kennen meine Musik vielleicht nicht, oder Rockys, aber sie kommen einfach, weil sie von unserer Idee gehört haben oder davon, dass wir gemeinsam Akustikmusik machen. Man weiß einfach nie, was los sein wird, vielleicht kommt noch einer unserer Freunde einfach mit auf die Bühne oder so.
Rocky: Es ist einfach nicht vorhersehbar und das macht es so aufregend, sowohl für uns als auch für das Publikum.
Chuck: Bei einer HOT WATER MUSIC-Tour ist alles ein bisschen geordneter, es ist mehr oder weniger alles genau geplant. Ich kenne die Band jetzt seit so vielen Jahren, und selbst, wenn wir uns drei Jahre nicht gesehen haben, können wir uns einfach treffen und sagen: „Lasst uns mal das Lied spielen.“ Und dann klappt’s und wir hauen alles um. Aber es ist auch ein bisschen monoton, um ehrlich zu sein, das ist schlicht was anderes als bei der Revival Tour, hier ist alles ein bisschen spontaner, meistens spielen wir die Lieder auf der Liste, manchmal kommt uns aber auch was anderes in den Sinn oder jemand ruft was aus der Menge, und dann machen wir das einfach.
Rocky: Oder du stehst dann da auf der Bühne und spielst ein Lied, das du kaum kennst, und denkst dir: „Ach, probieren wir das doch einfach mal und spielen das füreinander da oben auf der Bühne.“
Chuck: Es ist einfach cool zu wissen, dass wir alle in der gleichen Situation sind. Wir wissen, wenn wir nicht ins kalte Wasser springen, werden wir auch nicht besser, haha.
Rocky: Für mich kommt hinzu, dass ich normalerweise allein unterwegs bin. In den letzten Jahren hatte ich nicht wirklich eine Band dabei, also ist es schon großartig für mich, jetzt endlich mal wieder andere Musiker mit auf der Bühne zu haben. Normalerweise übe ich auch sehr viel, bevor ich auf Tour gehe, Bob Dylan sagte mal so was wie: „And I know my song well before I start singing it.“ Und da dachte ich auch, ich mache mal lieber keine Fehler. Das geht hier nicht, aber es mir zeigt mir, dass man auch nur halb vorbereitet auf der Bühne etwas zustande bekommt, so lange man gemeinsam spielt. Es gibt viele Momente zwischen Sicherheit ...
Chuck: ... und schrecklicher Angst, haha.
Rocky: ... haha, oder man ist panisch, jetzt die falschen Akkorde zu spielen oder die falsche Strophe zu singen, aber irgendwie ist das schon okay. Es ist auch schön zu merken, dass das Publikum mitbekommt, dass ein Lied noch neu für einen ist ...
Chuck: Aber immerhin gibt man sein Bestes.
Rocky: Genau, und am Ende klappt das schon irgendwie.
Wie sucht ihr die Leute und Bands aus?
Chuck: Das ist der schwierigste Part. Wir haben eine ziemlich lange Liste mit Künstlern, die wir gerne dabeihätten. Es ist einfach unmöglich, mehr als fünf oder sechs Leute unterbringen. Es gab Shows, da waren wir zu acht oder zu neunt, ehrlich, das war Wahnsinn.
Rocky: Die Bühne ist ja mit fünf Leuten schon voll!
Chuck: Es gab eine Show in Philadelphia, die kam in letzter Minute zustande, da waren Cory, Dan Adriano, Brian Fallon, Tim Barry, Dave Hause, ich, Joe Ginsberg und Jon Gaunt natürlich, also wir hatten einfach einen Haufen Künstler dabei und wir mussten alle Sets kürzen, weil es einfach so viel war. Es war großartig, aber auch verrückt, haha.
Rocky: Jeder hat ja meist auch einen vollen Terminkalender, vor allem die, die in schon recht bekannten Bands spielen.
Chuck: Auf jeden Fall, das ist nicht der einzige, aber ein wichtiger Punkt. Glücklicherweise sind wir aber mittlerweile aber auch so weit, dass die Tour für sich selber spricht, Leute kommen auf mich zu und wollen dabeisein. Wir bekommen sogar Bewerbungen.
Also kann man sich auch einfach bei dir bewerben?!
Chuck: Immer! Ich gebe mein Bestes, mir alle Sachen anzuhören. Ich bekomme viele CDs mit sehr unterschiedlicher Musik, das ist super, aber auch ein Haufen Arbeit. Ich finde es sonst ungerecht, wenn jemand so viel Zeit und Energie in etwas steckt, dann schulde ich es ihnen, mir das zumindest mal kurz anzuhören.
Rocky: Mir geht es genauso, ich habe immer versucht, mir alles anzuhören, aber manchmal überfordert mich das auch, meine eigene zu Musik zu machen und dann auch noch all die neue Musik zu hören.
Chuck: Die Zusammenstellung des Line-ups funktioniert unterschiedlich, wir bekommen Bewerbungen oder aber rufen einfach mal ein paar Freunde an, wie bei Rocky, und sagen: „Sorry, dass ich dich schon wieder nerve, aber kommst du mit?“, haha. Ich rufe einfach Freunde an, die ich respektiere und mit denen ich Lust habe, die Revival Tour zu machen. Ich möchte aber auch klarstellen, dass ich nicht der Boss dieser Geschichte bin, ich habe nicht vor, für immer aktiver Teil der Revival Tour zu sein. Das ist nicht der Grund, warum ich damit angefangen habe, ich meine, das wäre eine tolle Sache, aber wahrscheinlich komme ich 2013 schon gar nicht mehr mit. Ich habe die Sache angefangen, um sie wachsen zu sehen, und hoffe, dass sich die Gruppe der beteiligten Musiker und Musikerinnen ständig weiterentwickelt und dass sich neue Zusammenarbeit ergibt. Eigentlich wollte ich die Revival Tour die ersten zwei Jahre machen und sie dann nur noch organisieren und am Laufen halten. Das ist aber nicht so einfach, die Tour ist extrem teuer und frisst viel Zeit und Energie. Es bedeutet mir viel, dass die Leute wissen, dass die Tour weitergeht, ob ich nun auf der Bühne stehe oder nicht. Wir wollten die Energie und den Grundgedanken der Tour bewahren und irgendwie hoffe ich doch dabeizubleiben.
Bei beiden von euch kam und kommt immer wieder das Thema Stress auf Tour und auch ein bisschen das Thema Heimweh auf. Heimweh und die Sehnsucht nach einem einfachen Leben zu Hause hat dich damals bewogen, HWM für eine Zeit zu verlassen, Chuck, und Rocky, du hast ebenfalls erzählt, dass dir das Tourleben nicht immer leichtfällt. Ist es einfacher auf der Revival Tour, da ihr ja jetzt mit einem großen Team unterwegs seid?
Chuck: Für mich auf jeden Fall. Hier gibt es weniger Auszeiten, die Tour beschäftigt dich den ganzen Tag und lenkt dich davon ab, wie sehr du Dinge zu Hause eigentlich vermisst. Außerdem ist die Revival Tour eine große Inspirationsquelle für mich, ich bin mental viel aktiver als sonst und schreibe viel.
Rocky: Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass wir hier so viele neue Songs lernen müssen und mitbekommen, wie andere Leute mit dem Songwriting umgehen. Mir geht es da genauso, wenn ich mich abends in den Bus zurückziehe, kommen mir neue Texte in den Sinn und ich muss wieder aufstehen und sie aufschreiben. Diese Erfahrung hatte ich auf Tour bisher so nicht, hier gibt es sehr viel Inspiration. Wir sind den ganzen Tag beschäftigt, die Zeitpläne sind voll. Und es ist interessant, dass du fragst, denn bisher habe ich mir kaum Gedanken darüber gemacht, aber ich habe wirklich weniger Heimweh, und diese Einsamkeit, die auf Tour aufkommen kann, spüre ich hier auch nicht. Das ist eine gute Sache, ich war bisher nur zu beschäftigt, darüber nachzudenken.
Chuck: Gerade werden die Instrumente aufgebaut und dann sind wir ununterbrochen beschäftigt. Abends stehen wir drei Stunden auf der Bühne, treffen danach noch ein paar Leute und am Ende warst du über sechs Stunden ununterbrochen konzentriert.
Rocky: Sonst ist es ja meistens so, dass du für deinen Auftritt auf die Bühne gehst, 40 Minuten oder so spielst und dann ist gut. Da wir aber alle in die Sets der anderen involviert sind, müssen wir stets aufpassen, unseren Einsatz nicht zu verpassen, damit wir die anderen auf der Bühne nicht hängen lassen, haha.
Chuck: Du bist sozusagen immer im Dienst für die kompletten drei Stunden.
Rocky: Ja, du hast einfach deinen Hauptpart, und dann sind da die „Supersets“, bei denen wir alle zusammen auf der Bühne stehen. Insgesamt bist du mindestens dreimal auf der Bühne, dazu kommen dann die kleineren Sachen, wenn du jemanden bei einem Lied unterstützt.
Chuck: Umso länger die Tour geht, umso mehr Sachen kommen auch dazu.
Werft ihr eine Münze, wer zuerst sein eigenes Set spielen darf?
Chuck: Auf dieser Tour nicht, aber wir haben das schon mal ausgelost.
Gab’s mal eine Diva, die sagte „Nee, 15 Minuten reichen mir nicht“?
Chuck: Das würde ich dir sicher nicht erzählen, haha! Nein, ehrlich, die große, große Mehrheit der Leute, die mit uns auf Tour waren, waren wundervoll. Wir hatten in den fünf Jahren so um die 60 Leute, wir haben zu diesem Zeitpunkt knapp 200 Konzerte gespielt auf der ganzen Welt und ich glaube noch immer, dass diese Energie der Tour ansteckend ist. Falls also einer irgendeinen Ego-Quatsch im Sinn hat, wird er das schnell ablegen, wenn er in so ein Camp wie dieses hier kommt. Wir sind eine große Gruppe von Leuten, die sich gegenseitig unterstützt, mit einem großen Ego kommt man hier nicht weit. Es gibt sicherlich Künstler, die das Rampenlicht gern allein genießen und die auf ihre eigene Art natürlich großartig sind, dafür habe ich auch vollsten Respekt. Die Revival Tour ist nicht für jeden etwas, das ist klar. Es ist nunmal so, dass wir zwölf oder 13 Fremde in einen Bus setzen und zusammen auf diesem engen Raum leben – das lehrt dich Rücksicht und Geduld. Du musst die anderen respektieren und weißt am Anfang nie, ob sich alle verstehen, immerhin kennen sich vorher nicht alle und sie sind für fünf oder sechs Wochen zusammen unterwegs, das ist schon krass. Vielleicht sollten wir eine Reality-Show daraus machen ... obwohl ... nein, vielleicht besser nicht, haha.
Ihr habt so viele unterschiedliche Leute, die hier zusammenkommen; wie bringt ihr musikalisch alle unter einen Hut, habt ihr Zeit, vorher zu proben?
Rocky: Wir hatten einen einzigen Tag zum Proben. Wir haben uns in London getroffen und sind zu einem Proberaum in Cardiff gefahren. Da haben wir dann von sechs Uhr abends bis Mitternacht geprobt. Unglücklicherweise hatte Chucks Flug Verspätung und er hat den Anschlussflug verpasst, also mussten wir erst mal ohne unseren furchtlosen Anführer auskommen, haha. Wir alle fühlten uns unvorbereitet und wussten, es würde so oder so hart werden mit nur einer einzigen Probe, aber irgendwie haben wir es dann geschafft, bei den Soundchecks noch ein paar Dinge zu üben. Die meisten Songs kannten wir ja zumindest im Ansatz schon, bevor wir auf die Bühne gingen. Wir hatten eine Dropbox in die wir etwa zwei Wochen vor der Tour unsere Songs hochgeladen hatten, aber als wir dann alle zusammenkamen. wussten wir trotzdem nicht so recht, was wir zu tun hatten und mussten uns erst mal finden.
Chuck: Vor der Tour waren wir viel in Kontakt, aber das variiert auch von Jahr zu Jahr und vor allem von Person zu Person, viele sind auch einfach beschäftigt und haben vorher wenig Zeit. Wir haben dann versucht, die Anzahl der Songs erst mal gering zu halten, so dass jeder irgendwie seinen Part finden konnte. Meistens nimmt es sowieso erst Formen an, wenn man sich zum ersten Mal wirklich trifft und gemeinsam in einem Raum singt, und wenn man Pech hat, kommt es eben erst fünf Minuten vor dem Konzert dazu. Das ist zwar anstrengend, aber für mich macht es schon den halben Spaß aus. Das erinnert mich daran, wie ich anfing, Musik zu machen vor vielen Jahren. Ich fand es super, Lieder zu spielen, die keiner kannte und richtig spielen konnte, denn dieses Gefühl, dass alles in die Hose gehen könnte, macht es gerade so spannend. Mit meiner Band machen wir das kaum noch, wir spielen nur Stücke, die bereits erschienen sind. Selbst wenn du gerade ein neues Album vorstellst, ist es selten, dass du sagst: „Ach kommt, lasst uns einfach mal diesen Song hier spielen“, wenn einer aus der Band noch unsicher ist. Das ist ein bisschen schade.
Rocky, du hast mir beim letzten Interview erzählt, dass du kein Partytyp bist. Normalerweise bist du mehr oder weniger allein unterwegs, aber wie findest du Ruhe hier in dieser großen Gruppe?
Rocky: Die Leute hier sind nicht so übel, haha. Nein, ich fühle mich wohl. Ich mache einfach keine große Sache daraus, dann machen die anderen das auch nicht. Oder Chuck, war das irgendwann mal seltsam?
Chuck: Gerade in dieser Formation sind die Gewohnheiten sehr unterschiedlich, manche feiern gern, andere eben nicht. Einige waren gestern noch unterwegs, um ein paar Freunde zu treffen, andere gehen dann früher schlafen, so ist das eigentlich immer. Ich bin früher schon auch öfter ausgegangen, haha.
Rocky: Ich glaube, ich bringe so einen etwas ruhigen, langweiligen Vibe in die Gruppe.
Chuck: Rocky hat einen guten Einfluss auf uns, haha!
Rocky: Wie gesagt, so lange man keine große Sache daraus macht, ist das okay. Die anderen respektieren, dass ich nicht trinke und keine Drogen nehme, und man kann auch mit einem Wasserglas in der Hand Spaß haben, wenn die anderen Whisky trinken.
Chuck: Normalerweise sorgen wir auch immer dafür, dass wir einen Ruheraum haben. Das ist wirklich eine gute Sache, Rocky meditiert, einige von uns machen Yoga und manchmal braucht man einfach einen Ort, um sich mal hinzusetzen und zu lesen. In den anderen Räumen reden manchmal zehn Leute durcheinander und anstatt sich zu unterhalten, schreien sich alle am Ende nur noch an.
Rocky: Auf dieser Tour läuft es aber wirklich gut, das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass Chuck eine gute Atmosphäre für alle schafft und niemand hier sich verbiegen muss.
Chuck: Findest du?
Rocky: Na klar.
Chuck, bist du so etwas wie der Papa bei der Revival Tour?
Chuck: Meine Güte, nein!
Rocky: Doch, dieser Busfahrer hat das auch gesagt. Als wir die Fähre von England hierher verlassen haben, sagte er noch zu Chuck: „Du bist hier der Daddy, bring sie alle gesund und heil zurück.“ Haha.
Eine letzte Frage noch: Ihr spielt und hört den ganzen Abend nur Folkmusik, nervt das irgendwann? Wie sieht das Gegenprogramm im Tourbus aus, hört ihr da Metalcore?
Chuck: In der Gruppe gibt es so viele unterschiedliche Geschmäcker und Richtungen, wir haben Streicher dabei, da geht man im Bus vorbei und hört ein bisschen Bach oder andere alte Klassikmusik, an der sie gerade arbeiten. Du hast Leute in der Ecke sitzen, die gerade neue Sachen schreiben, und neulich lief irgendwo Dub und Reggae. Als wir letztens Kniffel gespielt haben, hörten wir dabei alten Blues und Country. Eigentlich hören wir alles, was du dir unter Rock’n’Roll vorstellen kannst.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #106 Februar/März 2013 und Julia Brummert