Bier, Riffs und gute Laune – dafür war das US-Quartett bisher hinlänglich bekannt. Warum die neue Scheibe „Arrows“ ein bisschen düsterer ausgefallen ist, was Songtitel und Bandnamen eigentlich aussagen und wie die Band mit Kritik an ihren ausgefallenen Videos umgeht, erklärt uns Frontmann und Basser Aaron Beam.
Es heißt, dass die Namensfindung für die Platte nicht ganz so einfach war. „Arrows“ sei dann der Titel gewesen, den alle in der Band „am wenigsten scheiße“ fanden. Was war sonst noch so in der Verlosung?
An einen erinnere ich mich jedenfalls noch. Ich fand anfangs nämlich die Idee ganz cool, die Platte „Dirty Hands“ zu nennen. Inzwischen bin ich heilfroh, dass wir das nicht genommen haben. Das hätte vor dem Hintergrund der Pandemie dann doch ein bisschen komisch gewirkt. Wir hätten es dann ständig erklären müssen, und deswegen haben wir es dann lieber gelassen. So ist es „Arrows“ geworden, weil das keiner richtig uncool fand, haha.
Wie wichtig sind Songtitel und Albumnamen am Ende überhaupt? Lohnt es, sich darüber den Kopf zu zerbrechen?
Natürlich nicht, haha. Ich meine, es gibt so viele coole Bands, deren Name aber nur cool ist, weil die Band cool ist. Ich meine, LED ZEPPELIN? Das ist doch ein richtig bescheuerter Name. Und wenn die Band scheiße wäre, dann würdest du sagen: Hey, der Name ist ja voll scheiße, genau wie die Band. Passt. Und davon gibt es eine Menge. Aber wenn du eine coole Band bist, dann spielt es echt keine Rolle, wie du und deine Songs heißen. Oder denkst du, TOOL wäre ein cooler Name für eine Band? Es ist eigentlich wirklich völlig egal, haha.
Ihr habt euch auf der neuen Platte ein bisschen vom bisherigen Stoner-Rock-Hit-Rezept verabschiedet. Gab es dabei kreative Gewissensbisse?
Nun, ich kann natürlich nur für mich selbst sprechen. Als wir 2013 „Whales And Leeches“ geschrieben haben, habe ich mir noch viel zu viele Gedanken darüber gemacht, was andere Leute denken. Das war die erste Platte, bei der ich das Gefühl hatte, dass auch eine konkrete Erwartungshaltung da ist. Und ganz ehrlich, das war scheiße. Es hat den ganzen Prozess verändert. Mittlerweile sind wir nun an einem Punkt angekommen, wo wir darüber nicht mehr so viel nachdenken. Und das ist gut. Die einzige Herausforderung ist heute, etwas zu machen, womit wir alle vier zufrieden sind und worauf wir stolz sein können. Oder zumindest dass drei Leute zufrieden sind und die vierte Person die Klappe hält, haha. Ich meine, wir haben uns in den vergangenen 15 Jahren natürlich auch verändert, alle vier. Unser Geschmack hat sich verändert. Unser künstlerisches Selbstbewusstsein natürlich auch.
Wie hat sich dein Musikkonsum verändert?
Jeder, der behauptet, dass sein Musikkonsum ihn nicht beim Musikschreiben beeinflusst, lügt. Musik machen ist am Ende doch einfach nur Kopieren. Du schreibst die Songs, die in deinem Kopf herumschwirren, weil du sie gehört hast, gewissermaßen noch einmal neu. Ich persönlich bin seit ein paar Jahren auch ein bisschen auf einem HipHop-Trip. Da ist es natürlich jetzt nicht so einfach, von einem konkreten Einfluss auf das neue Album zu sprechen. Wobei, erst vor paar Tagen stand ich in der Küche, habe Geschirr abgewaschen und dabei Musik gehört. Und da ist mir aufgefallen, dass eine Bassmelodie im Song „Days collide“ aus einem Track von Dr. Dre stammt. Es sind nicht dieselben Töne, aber es ist diese Melodie. Und da wurde mir wieder mal klar, dass du als Musiker unbewusst immer so vorgehst. Der Filmregisseur Paul Schrader hat mal sinngemäß gesagt: „Das Geheimnis der Kreativität ist, dass du bei anderen Leuten stiehlst. Du musst nur aufpassen, dass du es nicht immer wieder bei denselben machst.“ Das trifft’s, haha.
Ihr werdet allgemein als eine Spaßband wahrgenommen. Wie schwierig ist es, sich die gute Laune zu bewahren angesichts der aktuellen Entwicklungen?
Nun, ich denke schon, dass auf der neuen Platte zu hören ist, dass auch bei uns nicht nur eitel Sonnenschein herrscht. Es gibt schon Passagen, die etwas düsterer sind. Ich meine, die Platte wurde 2019 geschrieben. Das war vor Corona – und auch vor der Präsidentschaftswahl. Aber dennoch war das für mich damals eine Phase, in der ich auch nicht wirklich gut drauf war. Weil es mich so unfassbar frustriert hat, beispielsweise über politische Themen zu diskutieren. Es gab zwei Lager, die einfach so verbohrt waren, dass sie es nicht geschafft haben, in einen sinnvollen Dialog zu treten. Das fand ich furchtbar. Du konntest mit keinem mehr reden. Weil jeder entweder die eine oder die andere Meinung hatte. Dabei geht es doch darum, stichhaltige Argumente zu haben. Aber da wurden Fakten komplett ignoriert. Und das hat mich echt fertiggemacht.
Ein nicht unwesentlicher Grund für euren Erfolg sind ja eure unterhaltsamen Videos. Ihr fahrt da gern mal mit dem Auto in einen Berg aus Milchkanistern, trinkt um die Wette oder macht anderen Blödsinn. Gab es auch schon mal ernsthafte Kritik an den Clips?
Ehrlich gesagt haben die Videos sicherlich eher einen ziemlich großen Teil dazu beigetragen, dass wir heute eine gewisse Bekanntheit haben. Und es haben sicher Leute das Ganze mal in den YouTube-Kommentaren kritisiert. Aber ganz ehrlich, das darfst du nicht an dich heranlassen. Ich selbst bin nicht in den sozialen Netzwerken aktiv, insofern bekomme ich das auch gar nicht mit. Gut möglich, dass sich jemand beschwert hat, dass wir für das „Wires“-Video damals haufenweise Milch vergeudet haben. Aber weißt du was, das Zeug war komplett abgelaufen, wir haben es von einem Supermarkt bekommen, der es sonst entsorgt hätte. Das ist immer das Ding, die Leute kritisieren etwas, wissen aber gar nicht, was wirklich dahintersteckt. Da ist natürlich okay. Aber ich nehme mir das ganz sicher nicht zu Herzen. Du musst den Menschen da draußen auch einfach mal vertrauen, dass sie verstehen, was wir sagen wollen. Wenn sie das nicht hinkriegen, ist das ihr Problem, nicht unseres.
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