Punk-Traditionen – Teil 13

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Ratten

Die Blitzrecherche zeigt: Neben Hunden und Katzen haben Ratten bei Bandnamen und Plattentiteln in Punk-Kreisen einen guten Stand. Zum Thema Hunde habe ich mich in der letzten Folge ausgelassen, Katzen mögen zwar privat bei Punks beliebt sein, aber waren und sind öffentlich nicht präsent wegen ihrer Eigenwilligkeit – im Gegensatz zu Ratten. Zumindest war das früher mal so.

Über den Grund für den Reiz, den Ratten seit der Stunde Null des Punk auf Angehörige jener Jugendkultur ausgeübt haben, lässt sich nur spekulieren. Womöglich wurde schon dazu geforscht, ein dankbares, assoziationsreiches Thema ist es allemal. Die Ratte ist ein Pariah, eine Ausgestoßene des Tierreichs, Pestüberträgerin, macht als Kulturfolgerin dem Menschen Lebensraum und Nahrung streitig, gilt als dreckig, verseucht, eklig. Wer auch immer der erste Punk war, der/die sich dachte „Hey, die Gesellschaft behandelt uns wie Abschaum, Aussätzige, Ungeziefer, dann passen doch Ratten super zu uns!“, die Ratte entwickelte sich in den Achtzigern und bis in die Neunziger zum beliebten Haustier von Punks. Auf „Wildfänge“ freilich ließ sich keine:r ein, aber für ’nen Zehner gab es ein Tier im Zoohandel, ein Nager- oder Vogelkäfig war schnell zur Hand, und Nagerfutter plus das, was mensch so aß, stellten die Versorgung sicher. Ratten sind enorm kluge, verspielte, anhängliche Tiere, was viele Wissenschaftler:innen lange schon wissen, weshalb sie für ihre oft perversen Experimente spezielle Laborratten-Linien gezüchtet haben – mit dem fiesen Nebenergebnis, dass Punkerratten oft nicht alt wurden: Krebs. Im Labor egal, aber die bei Wildratten mögliche Lebenserwartung wurde zur Trauer der Besitzer:innen selten erreicht. Ratten ließen sich mitnehmen, hausten in Taschen und Ausschnitten, auf Schultern, waren treue Begleiter und beliebte Fotomotive: „süßes Punkermädel mit Ratte“ – da klickten die Ritsch-ratsch-Kameras der Touris in der Fußgängerzone. Eltern und Vermieter:innen waren weniger begeistert, und nun ja, Nagetiere, das muss man zugestehen, heißen nicht umsonst so, und beim Freigang ... Und heute? Ich habe seit Jahrzehnten keine Punkratte mehr gesehen.