Punk Art #32

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Rex Danny

In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer und Cover gestalten. Diesmal sprachen wir mit Rex Danny aus Bamberg.

Bitte stell dich vor.

Danny, 41 Jahre und in Bamberg geboren, dort wo ich auch hängengeblieben bin und arbeite. Neben den Grafikgeschichten arbeite ich in einem Programmkino, bin seit über zwanzig Jahren Teil des kleinen, aber feinen Powerpop- und Punkrock-DJ-Teams namens Rex Report – viele Mixtapes online auf mixcloud.com/rexreport –, spiele in Bands wie zum Beispiel HEARTFIELDS, so viel als Spoiler für meine Vorbilder, und organisiere DIY-Konzerte mit Freund:innen oder im Kollektiv mit dem neu gegründeten Unterste Brücke e.V. in Bamberg. Außerdem betreue ich die Risografie-Workshops im örtlichen Jugendzentrum. Ich mag das wilde Kino der frühen Sechziger bis späten Achtziger und habe gerade meinen ersten Hexenschuss bekommen.

Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an, wie ging das weiter?
Ich würde behaupten, dass ich damals durch das Entdecken von Punk und Hardcore im zarten Alter von 13 oder 14 Jahren neben der Musik auch ziemlich schnell angefixt war von den ganzen Artworks – vor allem von Polit-Bands wie DEAD KENNEDYS, CRASS und ANARCHIST ACADEMY – und natürlich von den Konzertplakaten, die überall rumhingen. Als ich während der Schulzeit anfing, im legendären, inzwischen geschlossenen Bamberger Plattenladen Rex Melodica zu jobben, bot ich eines Tages völlig blauäugig an, mich zukünftig auch um alle grafischen Angelegenheiten dort zu kümmern, weil das zu dieser Zeit eben sonst keiner tat. Also brachte ich mir in kürzester Zeit alles Nötige selber bei, wurde dann recht schnell als Hausgrafiker für den renommierten Morphclub in Bamberg eingestellt und fuhr bald mangels Interesse mein fortgeschrittenes Lehramtsstudium erfolgreich gegen die Wand. Es folgten viele Hunger- und Lehrjahre, teils in dubiosen Werbeagenturen, teils als Freelancer.

Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe, oder digital am Rechner?
Früher habe ich tatsächlich fast ausschließlich collagiert – mit Fundstücken, Cutter und Kleber. Auch viele Sprühschablonen für Bandshirts entstanden so. Mittlerweile passiert das alles schon zu 99% am iMac und der Creative Cloud mit Hilfe von Tools wie True Grit Texture Supply, doch in letzter Zeit nehme ich wieder öfter Papier und Stift in die Hand. Ich drücke mich gerne vor dem Erstellen von Illustrationen, lege mehr Wert auf klassische Gestaltung mit klaren Formen und guter Typo. Wenn der Teufel im Detail liegt, kann das viele Stunden dauern. Am Ende arbeite ich viel mit dem Riso-Drucker, mache gelegentlich aber auch Siebdrucke.

Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?
Sowohl als auch, siehe vorletzte Frage. Nach etlichen Jahren im Grafikbetrieb bekam ich dann mit ca. 36 Jahren aber doch noch plötzlich Hummeln im Hintern und bewarb mich für einen Platz an der Technischen Hochschule in Nürnberg, Studiengang Design. Ich wurde überraschenderweise trotz meines verhältnismäßig hohen Alters genommen und konnte dort letztendlich meinen Abschluss machen. Zunächst war ich etwas skeptisch, weil ich immerhin gut 15 Jahre älter als meine Kommiliton:innen war – konnte in dieser Zeit aber tatsächlich doch sehr viel lernen über Typografie, Formenlehre und andere Spielarten von Design.

Hast du Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?
Vereinfacht gesagt: Ohne die Arbeiten von John Heartfield, Winston Smith, Gee Vaucher, John Yates, Sergie Loobkoff oder Art Chantrey stände ich heute definitiv nicht hier. Vor allem John Yates hat mich massiv beeinflusst in vielen Dingen des Lebens. Sein Neunziger-Label Allied Recordings und seine Punchline-Zines stehen für mich immer noch für die perfekte Symbiose aus Punkrock, Cutting-edge-Design und beißenden Kommentaren zu Politik und Gesellschaft. Neben den genannten Künstler:innen bin ich als gestandener Cineast natürlich auch ein großer Verehrer von Filmplakaten wie von Hans Hillmann, Saul Bass oder auch Enzo Sciotti. Ich ziehe aber auch viel Inspiration aus den Arbeiten zeitgenössischer Gestalter:innen wie Félicité Landrivon oder Labels wie Dark Entries, Verydeeprecords oder alten Sarah Records- und Blue Note-Platten.

Gibt es deine Kunst zu kaufen?
Jein. Ich habe keine Website und auch keinen Webstore. Konzertplakate oder auch die monatlichen Übersichten für die Weinstube Pizzini in Bamberg drucke ich meist mit dem Riso und produziere dabei in der Regel immer eine Handvoll mehr als nötig, die dann bei Bedarf gegen eine kleine Spende erworben werden können. Ein paar meiner Plakate sind in dem Buch „Infinite Riff“ von Robert Pawliczek erschienen, jüngst durfte ich ein Artwork für den neuen Film von Dario Argento entwerfen sowie die Gesamtgestaltung einer Blu-ray-Box der tollen französischen Regisseurin Céline Sciamma für den Münchener Filmverleih Alamode übernehmen.

Arbeitest du völlig frei oder auch im Auftrag, etwa für Bands oder Konzertveranstalter?
Sowohl als auch. Ich habe in den vergangenen Jahren schon unzählige Plakate und Flyer für NOMEANSNO, ESCAPE-ISM, MUTTER, PISSE, FEHLFARBEN, BARRACUDAS, M.O.T.O., PARASITES, YUM YUMS, Frankie Stubbs und meine Lieblinge LEATHERFACE als auch für den Regisseur Dominik Graf gestalten dürfen – teils im Auftrag, teils selber als Veranstalter, teils als Initiativ-Einreichung, teils weil eine meiner Bands den Support machte. Die Konzertveranstalter:innen-Szene hier ist klein und überschaubar – man kennt sich eben. Daneben habe ich viel Covergestaltung für lokale Bands wie CHARLOTTE, DAS FRISBEE-MAUL, THE COME AND GO-GOS, TAXI NACH LEIPZIG oder MONOKINI gemacht.

Was ist mit Ausstellungen?
Bisher nur im universitären Bereich. Aber ich denke, es wird demnächst in der Kinobar mal eine größere Ausstellung mit Risodrucken von mir geben.

Was gibt dir deine Kunst emotional.
Gute Frage. Zunächst sehe ich meine Arbeit weniger als klassische „Kunst“ sondern mehr als Handwerk. Ich habe John Yates vor vielen Jahren einmal geschrieben, dass ich mir ganz früher, wenn ich in Gestaltungsfragen manchmal nicht weiterkam, nicht die Frage stellte „Was würde Batman tun?“ sondern „Was würde John Yates jetzt tun?“ – was ihn sehr freute. Ich würde sagen, in den allerbesten Momenten mit einem ansprechenden Auftrag und der damit einhergehenden Herausforderung bin ich wie ein Fisch im Wasser, da kann ich alles andere ausblenden. Die Brotjobs stehen dann auf einem anderen Blatt ...