Punk Art #28

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Simon Marchner

In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer und Cover gestalten. Diesmal sprachen wir mit Simon Marchner.

Bitte stell dich vor.

Ich heiße Simon Marchner, bin 33 Jahre, freiberuflicher Grafikdesigner und Illustrator und arbeitete schon immer viel im Musikbereich. Ein Hauptbestandteil meiner Arbeit sind siebgedruckte Plakate, die ich für Bands gestalte und auch selbst in meiner Siebdruckwerkstatt in München drucke. Zu Punk/Hardcore bin ich wahrscheinlich wie die meisten irgendwann im Laufe der Pubertät beziehungsweise des Heranwachsens gekommen. Ich bin damals viel Skateboard gefahren, und kurz nach der Jahrtausendwende waren für mich vor allem die melodischen Punkbands von Fat Wreck und Anfangs auch Epitaph Records von Bedeutung. BAD RELIGION, MILLENCOLIN, DESCENDENTS, RANCID ... so was in der Richtung. Meine Jugend verbrachte ich in Niederbayern, genauer in Pfarrkirchen, Rottal-Inn. Eigentlich relativ weit weg von allem, was Szene anbelangt, aber wir hatten mit dem Club Bogaloo eine kleine Oase, der damals Bands wie SICK OF IT ALL, AGNOSTIC FRONT, STREET DOGS, BOMBSHELL ROCKS und viele mehr in die Provinz holte.

Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an, wie ging es weiter?
Gezeichnet habe ich eigentlich schon, seit ich denken kann. Früher immer Tiere, vor allem Vögel. In der Jugend habe ich viel Skateboard- und Bandlogos nachgezeichnet, gesprüht oder in Schulbänke geritzt. Irgendwann entdeckte ich die Möglichkeit, mit Grafikprogrammen einfache Sachen am PC zu entwerfen ... Darauf folgten meine ersten selbst gestalteten Bandlogos, Konzert- und Veranstaltungsflyer, und von da an war alles eigentlich eine natürliche Entwicklung hin zu dem, was ich jetzt mache.

Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe, oder digital am Rechner?
Bei der Ausarbeitung der Motive arbeite ich überwiegend digital mit den gängigen Grafikprogrammen wie Photoshop oder Illustrator. Vorher werden aber Ideen gesammelt und oft sehr rough in mein analoges Notizbuch gekritzelt. Der Step ist wichtig, um ein erstes Gefühl und eine Vorstellung für die fertige Arbeit zu bekommen. Feinheiten werden erst digital ausgearbeitet.

Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?
Ich habe Kommunikationsdesign studiert. Das ist dann eher so der Designbackground, den ich mitbringe. Also weniger freie Kunst als angewandtes, strukturiertes Arbeiten. Gestaltungsraster als Grundlage, bisschen weniger ist mehr, etc. Das ist aber eher der theoretische Teil. Ich würde sagen, das Handwerk ist autodidaktisch ... Das kann man auch nur durch jahrelanges Training verfeinern. Trial und Error über Jahre quasi ...

Hast du Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?
Oh, sehr viele ... Das wechselt oft und kann aus vielen verschiedenen Richtungen kommen. Um ein paar für mich sehr prägende Namen zu nennen: Erstens Jason Munn –der war für mich wegweisend, das ganze Gigposter-Thema eher minimalistisch, strukturiert und mehr von der Design- als von der Kunstrichtung her anzugehen. Außerdem mag ich viele seiner Poster-Bands. Dann Malika Favre – einfache, aber sehr präzise Illustrationen. Sehr ausdrucksstark. Fand ich sehr wichtig für das Verständnis von Layout, Form und Farbe. Schließlich Edward Hopper – zeitlos gut. Diese Melancholie und Geschichten in den Bildern, ohne zu viel zu zeigen.

Gibt es deine Kunst zu kaufen? Falls ja, in welcher Form – Originale oder Drucke? Wie und wo? Und was muss man dafür ausgeben?
Ich habe einen Online-Shop auf meiner Website. Dort verkaufe ich meine limitierten Gigposter, sowie weitere Prints. Die Preise bewegen sich meist irgendwo zwischen 25 und 50 Euro pro Print. Ansonsten bin ich auch öfter mal mit meinen Postern auf Festivals oder Gigposter-Shows wie Primavera Barcelona, Reeperbahn Festival Hamburg, Tempelhof Sounds Berlin etc.

Arbeitest du völlig frei oder auch im Auftrag? Etwa für Bands oder Konzertveranstalter?
Eigentlich arbeite ich nur nach Auftrag. Bei manchen Bands frage ich natürlich schon an, ob Bedarf besteht, aber ich beginne erst mit Ideenentwürfen, wenn die Basics geklärt sind. Das war früher anders, da habe ich schon manchmal gleich meinen Entwurf oder sogar das fertige Plakat mitgemailt, bevor ich überhaupt ein Wort mit dem Bandmanagement gewechselt hatte ... Aber die Kapazitäten dafür sind jetzt ausgeschöpft. Wenn man davon leben will, muss man einen Mittelweg zwischen „Traumprojekten“ und „Brotjobs“ finden.

Was ist mit Ausstellungen?
Wie schon angesprochen, werde ich wieder vermehrt auf Festivals und Gigposter-Shows sein. Das fiel natürlich mehr als zwei Jahre flach. Viel hat sich seitdem verändert, auch bei mir ... Deswegen wird die Zukunft zeigen, was wiederkommt, was wegfällt, oder was völlig neu sein wird.

Was gibt dir deine Kunst emotional?
Auch wenn es manchmal sehr fordernd und hart sein kann – besonders während der Corona-Zeit – und als Freiberufler auch das Wochenende nicht immer safe ist, habe ich noch keinen Tag bereut, das zu tun, was ich tue. Ich lebe meinen Traum. Das wird mir doch immer mal wieder bewusst. Da bin ich zutiefst dankbar. Außerdem bleibt es spannend, wohin die Reise noch geht.