In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer und Cover gestalten. Diesmal sprechen wir mit Christian Bögle.
Bitte stell dich vor. Und wie und wann bist du zu Punk/Hardcore gekommen?
Ich bin Christian Bögle, 41, und wohne und arbeite im oberfränkischen Coburg. Als gelernter Technischer Assistent für Informatik und Webdesigner bot sich mir schon relativ früh die Möglichkeit, meine Zeichnungen im Internet einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Zum Punkrock bin ich durch eine ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN-Kassette gekommen, die ich zur Konfirmation geschenkt bekommen habe. Das Plattencover hat bei dem Wunsch damals schon keine unbedeutende Rolle gespielt, würde ich sagen. Der Szene bin ich durch meine Bands ALIEN101 und ARMS LIKE SNAKES weiter treu geblieben.
Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an, wie ging es weiter?
Die Zeichnerei hat mich schon von kleinauf begeistert. Waren es in den ersten Schulklassen noch die Versuche, Wissenslücken durch ausführliche Zeichnungen in den Schulaufgaben zu kaschieren, habe ich mich in den folgenden Jahren neben dem Kunstunterricht mit Comics und Cartoons beschäftigt. Meine Cartoons wurden hier in der Regionalpresse als auch im Internet veröffentlicht und im Jahr 2004 hatte ich die Chance, mein erstes Buch an den Start zu bringen. Nachdem ich Anfang der 2000er angefangen hatte, in einer Band zu spielen, kam auch ziemlich bald die Frage nach Plattencovern und Shirtdesigns auf, die ich dann gestaltet habe. Unter den Bands, mit denen wir damals unterwegs waren, gerade im Erfurter Raum durch unser damaliges Label Fatsound, hat sich das weiter herumgesprochen und so habe ich schon sehr früh zum Beispiel mit den Jungs von RADIO HAVANNA zusammengearbeitet. Mit der Zeit hat die Arbeit mit Bands so viel Spaß gemacht, dass ich die Cartoons erst mal vernachlässigt hab, den Stil oder das Augenzwinkern habe ich aber weiterhin in vielen der Illustrationen mit drin. Über einen Shirtwettbewerb für THE GASLIGHT ANTHEM, bei dem mein eingesandtes Motiv gewonnen hat, und eine Anfrage für ein Motiv für BRING ME THE HORIZON hat es sich irgendwie verselbstständigt und es kamen immer mehr Anfragen rein, gerade für amerikanische Bands.
Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe, oder digital am Rechner?
Inzwischen versuche ich vermehrt auch mal Projekte mit dem iPad umzusetzen. Das aktuelle Ox-Fanzine-Compilation-Cover zum Beispiel ist komplett digital entstanden, aber in den meisten Fällen gestaltet sich der Vorgang recht ähnlich. Ich fange mit super groben Skizzen ganz oldschool auf Papier an, spreche die für ein erstes Abtasten der Richtung mit dem Kunden/den Bands ab, arbeite die nach dem Absegnen aus und zeichne die fein. Dann ab in den Scanner, in Illustrator nachzeichnen und kolorieren oder die Vektorgrafik in Photoshop weiter bearbeiten. Von daher gibt es da schon immer auch eine Originalzeichnung, das bunte Endresultat entsteht aber am Rechner, weil das einfach die besten Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung und Druckvorbereitung bietet.
Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?
Bis auf die vier Jahre Kunstunterricht in der Realschule, die ich aber eher als ernüchternd denn wirklich ausbildend beschreiben würde, kann ich so gar keine künstlerische Ausbildung aufweisen. Mist, ertappt. Aber im Ernst. Ich denke, dass es gerade im künstlerischen Bereich eher darauf ankommt, das zu machen, was einem Spaß macht, viel daran arbeitet und sich nicht von Rückschlägen oder Kritik aufhalten lässt. Vor allem bei der Arbeit mit Bands sind die Deadlines oft so kurz, dass man sich dahingehend echt konditionieren muss, auch was Lösungswege angeht.
Hast du Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?
Klar gibt es oft Designs anderer Künstler, die mir super gefallen, da nimmt man dann vielleicht die eine oder andere Idee oder den Kniff mit oder strickt das Thema noch mal weiter oder geht es anders an. Herunterbrechen auf einen bestimmten Stil oder Künstler lässt sich das aber eher nicht.
Gibt es deine Kunst zu kaufen? Und was muss man dafür ausgeben?
Aktuell ist die einfachste Möglichkeit, sich das Superfreunde-Bier zu besorgen, dann hast du gleichzeitig Bier und meine Kunst zu Hause stehen. Folgt mir am besten bei Instagram, sobald wieder weiteres erhältlich ist, lest ihr es dort.
Arbeitest du völlig frei oder auch im Auftrag? Etwa für Bands oder Konzertveranstalter?
Mittlerweile arbeite ich so gut wie ausschließlich im Auftrag von Bands direkt, wie aktuell mit ZEBRAHEAD und dem neuem Projekt FEAR NO EMPIRE, über deren Labels oder Merchandise-Agenturen. Was die Freiheit damit angeht, ist das allerdings sehr unterschiedlich. Oftmals gibt es schon sehr konkrete Ideen, Moodboards oder Input über Songtexte. Es gibt aber auch vermehrt Projekte, die gar keine Vorgaben haben. Und da ist das mit der Freiheit oft Fluch und Segen und man probiert da einiges aus, um am Ende eine Richtung abzuklopfen. Ich gestalte seit mehreren Jahren beispielsweise das Design für Ruhrpott Rodeo, Die Festung Rockt und Outside Rodeo, da ist die Linie aber inzwischen immer schon relativ klar.
Was ist mit Ausstellungen?
Gab es in der Vergangenheit tatsächlich, aber eher im kleineren Rahmen. Da werde ich in Zukunft mehr probieren, wenn sich die Möglichkeiten dazu bieten. Steht auf meiner Liste.
Was gibt dir deine Kunst emotional?
Ich will jetzt nicht sagen, dass es meditativ wäre, aber Zeichnen gibt mir eine gewisse Ruhe. Ich kann abschalten, kann quasi in eine andere Welt abtauchen und mich darin verlieren. Gerade bei witzigen Themen macht es dementsprechend Spaß und ich schmunzle während des Zeichnens.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #155 April/Mai 2021 und Wolfram Hanke