Voice of a Generation haben sich mittlerweile einen sehr guten Ruf im Punkrocklager erspielt. Doch wer kennt die PRODUCTS? Die als Sideprojekt entstandene Band, bei der, neben anderen, VOAG-Sänger mit von der Partie ist, hat gerade ein knalliges Debut auf Sidekicks herausgebracht, das sich auf alle Fälle lohnt, mal angecheckt zu werden. Ich sprach mit Charlie, der gerade in München mit VOICE OF A GENERATION auf seinen Auftritt im Backstage wartete. Leicht geschwächt durch eine ausschweifende Party zwei Tage zuvor und einer eingefangenen Grippe, zeigte er sich trotzdem als absolut netter und auskunftsfreudiger Gesprächspartner.
Wie lief eure Tour mit VOICE OF A GENERATION als Headliner bisher?
"Sehr gut, muss ich sagen. Besser, als ich es erwartet hatte. Bei so einer kleinen Band wie unserer weiss man nie, was einen erwartet."
Ich sah euch als Support für THE BUSINESS in Wuppertal, und ich denke, die Leute fanden euch ziemlich cool, wie ich übrigens auch.
"Ah ja, das war unsere letzte Show auf der Tour. Das war ein echt starker Gig."
Well, ich wollte dich ja auch ein bisschen über THE PRODUCTS befragen.
"Oh, eigentlich weiss ich gar nicht so viel über die PRODUCTS zu erzählen. Magnus macht die meiste Arbeit bei den PRODUCTS. Wir haben die Band vor ungefähr anderthalb Jahren gestartet. Allerdings können wir kaum zusammen proben und wir sind bisher auch noch nie irgendwo aufgetreten. Doch spielen wir vielleicht nächstes Jahr auf dem Hultsfred-Festival in Schweden. Das ist das grösste Festival in Schweden."
Habt ihr neben eurem Album noch irgendwas herausgebracht?
"Ja, wir haben eine Single gemacht, die "Just having a laugh" heisst. Wir überlegen uns allerdings, in einem Jahr, oder so, ein neues Album aufzunehmen."
Wer sind denn die anderen Bandmitglieder?
"Ok, da wäre zunächst Magnus von 59 TIMES THE PAIN. Er spielt Bass und singt auch manchmal. Desweiteren haben wir Jallo an der Gitarre. Anders, unser Drummer, spielt noch für diverse andere Bands, unter anderem GENOCIDE SS. Wir kommen alle aus Schweden und leben in der gleichen Stadt."
Aus welcher Stadt stammst du persönlich?
"Ich komme aus Örebro. Die Stadt ist nicht so groß. Dort leben so um die 150.000 Einwohner. Das ist die übrigens die gleiche Stadt, wo Burning Heart seinen Sitz hat. Zur Zeit lebe ich aber in Stockholm."
Wie würdest du denn den Stil von THE PRODUCTS beschreiben?
"Schwer zu sagen. Wir sind von ganz verschiedenen Bands beinflusst. Ich würde aber sagen, dass unsere Haupteinflüsse bei den RAMONES und THE CLASH liegen. Wir alle mögen diese Bands sehr."
Um ehrlich zu sein, ich sehe nicht einen sehr grossen Unterschied zwischen THE PRODUCTS und VOAG. Glaubst du, es macht Sinn, in zwei Bands zu spielen, die sich so ähneln?
"Du bist der erste, der mir sagt, dass diese beiden Bands sehr ähnlich klingen. Ich kann eigentlich keine so direkte Verbindung zwischen THE PRODUCTS und VOAG sehen. VOAG ist mehr... Na ja, Mann, dass ist echt hart zu erklären. Für mich klingen PRODUCTS mehr wie die letzten Sachen von 59 TIMES THE PAIN."
Ich sehe einen Unterschied höchstens in den Lyrics. THE PRODUCTS singen mehr über New York City, das CBGB und solche Sachen, wohingegen mir VOAG viel mehr vom englischen Punk beeinflusst zu sein scheinen.
"Yeah, das stimmt. Siehst du, für dich ist es viel einfacher, die Unterschiede zu finden, als für mich. Magnus ist mit dem amerikanischen Punkrock aufgewachsen. Ich habe immer britische Bands wie die Pistols, 999 oder natürlich BLITZ gehört."
Was ist eigentlich dran an der Geschichte über dich und OPD (Original Punk Drummer), die man im Inlet von "Class Stupidy" von VOAG lesen kann, wo ihr euch darüber in die Haare bekommt, welche Mannschaft in der Premiere League die härtesten Fans hat und du im weiteren Verlauf vom BLITZ-Album "Voice of a Generation" niedergestreckt wirst und somit sich dein Leben ganz in Richtung Punkrock ändert?
"Haha. Da haben wir etwas dazugedichtet, um die Geschichte etwas interessanter klingen zu lassen."
Wie bist du dann wirklich zum Punk gekommen?
"Als ich so zehn Jahre war, habe ich Metalbands wie JUDAST PRIEST oder IRON MAIDEN gehört. Dann hat mir meine Mum eine Platte von den DEAD KENNEDYS geschenkt. Zuerst habe ich sie gehasst, doch nach einer Weile habe ich meine Liebe für diese Art von Musik entdeckt und bin so zum britischen Punkrock gekommen. Danach habe ich bestimmt 14 oder 15 Jahre Punkrock gehört. Vor ein paar Jahren hatte ich diese Phase, wo ich mir diesen ganzen Black Metal-Kram reingezogen hab. Doch bin ich ziemlich schnell wieder zurück zum Punk gekommen. In der letzten Zeit höre ich sehr viel Johnny Cash, besonders die alten Klamotten mag ich sehr."
Um noch mal auf die Inlet-Geschichte von vorhin zurückzukommen. Bist du eigentlich Fussballfan?
"Oh nein, aber ich habe 14 Jahre Hockey gespielt. In Schweden interessieren wir uns mehr für Eishocky, weisst du. Kim von VOAG ist aber ein absoluter Fußballfan. Er hat früher für ein Profiteam in Schweden gespielt, hatte dann aber Probleme mit seinem Knie."
Ich dachte, da wäre vielleicht eine Verbindung zwischen der Liebe zum englischen Streetpunk, Premierleague-Fussball und diesem ganzen Hooligan-Ding.
"Nein, absolut nicht. Wir sind total gegen Hooligans und Gewalt im allgemeinen. Als wir mit BUSINESS auf Tour waren, gab es Probleme mit Ausschreitungen im Publikum. Vor allem wegen der Faschoskins, die BUSINESS ja leider anzieht. In München gab es eine grosse Schlägerei und wir mussten für zehn Minuten von der Bühne, aber danach war dann zum Glück wieder alles ok. Ich kann diesen ganzen Scheiss nicht ab. Das hat absolut nichts mit Musik zu tun. Um ehrlich zu sein, mag ich es nicht allzusehr, wenn zu viele Skins auf den Konzerten sind. Versteh´ mich nicht falsch, ich mag das ganze Skinheadmovement und deren Fashion, und ich hab´ auch eine ganze Reihe von Freunden, die in der Szene sind. Doch es gibt doch ziemlich viele von den Jungs, die völlig fucked up sind. Ich möchte eigentlich nicht mehr vor so einem Publikum spielen, wie wir es auf der BUSINESS-Tour hatten."
Kannst du eigentlich von der Musik leben oder hast du andere Jobs noch nebenher?
"Nein, ich kann nur von der Musik allein auf keinem Fall leben. In Stockholm studiere ich Graphik und Design. Vor ein paar Jahre hab´ ich noch für Burning Heart-Records gearbeitet, doch dann hatte ich die Chance, in diese Schule zu kommen, was ziemlich schwer ist, und deswegen bin ich auch nach Stockholm gezogen. Nebenher mache ich mehrere kleinere Gelegenheitsarbeiten. Ziemlich viel arbeite ich im künstlerischen Bereich, wie Coverartwork usw. Seitdem ich für Burning Heart gearbeitet habe, habe ich ziemlich viele Kontakte bekommen."
Wie kannst du denn das Arbeiten und Studieren mit dem Touren verbinden?
"Ach, das geht schon. Wir buchen immer ziemlich kurze Touren, die so um die zehn Tage gehen. Da können wir jeden Abend alles geben und haben keine Probleme, mit anderen Terminen ins Gehege zu kommen."
Apropos Burning Heart. Das Label hat doch über Epitaph Kontakte in die Staaten. Könnt ihr vielleicht auch bald in Amerika touren?
"Vielleicht gehen wir nächsten Sommer rüber. Es gab da die Idee, mit den DROPKICK MURPHYS auf Tour zu gehen und hauptsächlich kleine Städte anzusteuern. Doch da ist noch nichts spruchreif."
Wie werdet ihr eigentlich in Schweden angenommen, im Vergleich z.B. zu Deutschland?
"Deutschland mag ich sehr. Das Publikum steht voll hinter der Musik und geht gut ab. In Schweden stehen die Leute mehr rum und schauen sich den Gig an. Sie sind ziemlich reserviert. Als MILLENCOLIN so um 1994/95 groß rauskamen, waren die Leute absolut crazy about it. Doch jetzt hören die meisten Kids Hip Hop und anderen Kram. Punkrock ist nicht sehr angesagt in Schweden, obwohl es eine Menge guter Bands gibt. Weisst du, in Schweden gibt es eine sehr seltsame Einstellung zur Musik und einzelnen Bands. Die Leute folgen den Trends. Wenn du länger als sechs Monate oder so eine Band gut findest, wirst du schräg angeschaut, das ist uncool. Cool ist es natürlich, wenn du eine Bands als erster entdeckt hast."
Das gibt es aber auch in Deutschland. Vor allen Dingen, wenn es um absolute Undergroundbands geht.
"Sicherlich, doch ich denke, in Deutschland gibt es viel mehr treue Fans, die sich über mehrere Jahre mit einer Band identifizieren."
Wann kommt ihr denn wieder nach Deutschland, um dann vielleicht in mehr Städten aufzutreten?
"Wir planen nächstes Jahr, so um Ostern wieder nach Deutschland zu kommen."
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #38 März/April/Mai 2000 und Ox