Keine noch existente Band der Hansestadt Hamburg wird mittlerweile so eng mit dem Synonym "Punkrock von der Waterkant" in Verbindung gebracht wie die PHANTASTIX. Bereits über zwölf Jahre ist es her, dass ihr Debüt-Album "Welcome" erschien und seinerzeit bei uns im Ruhrpott wahre Begeisterungsstürme auslöste. Die PHANTASTIX waren die erste Band, für die die damals legendären "Scumfuck Festivals" im Duisburger "Old Daddy" ins Leben gerufen wurden. Wir liebten und verfolgten die Band über Jahre hinweg. Es folgten zwei weitere Platten, die nicht minder gut waren als das Debüt, und zahlreiche Konzerte, die jedesmal für ausgelassene Stimmung in unseren Reihen sorgten. Mitte der 90er Jahre wurde es dann allerdings still um die Band, Gerüchte einer Auflösung machten die Runde und andere Hamburger Bands wie NOISE ANNOYS, JAM TODAY und SHEEP ON A TREE traten in ihre Fußstapfen, um den Hamburger Punkrock-Spirit ins Ruhrgebiet zu bringen. Lediglich pünktlich zu Weihnachten konnte man die PHANTASTIX regelmäßig auf einer Hamburger Bühne bewundern. Gestorben sind sie also nie. Im letzten Jahr nun gab es zum ersten mal seit etlichen Jahren wieder Konzerte außerhalb Hamburgs, sowie erste neue Studioaufnahmen, die auf dem Sampler "Der FC St.Pauli ist schuld..." (Bitzcore) zu hören sind. Das machte Lust auf mehr. Alte Fans wurden wieder wachgerüttelt, neue kamen hinzu und alles wartete auf das große, zweite Durchstarten der Band. Doch als man sich vergangenen Jahres im Studio befand, um eine neue Single, "Punk Radio 2000" (Eigenregie), einzuspielen, trennte man sich von Sänger Hake. Kurzfristig mußte für Ersatz gesorgt werden, den man schnell im LA CRY- und SOUL BOYS-Frontmann Uwe fand. In dieser nun neuen Besetzung will man auch im neuen Jahrtausend den Punkrock im klassischen Sinne weiterleben lassen und scheint etwaiger Action gegenüber gerüstet zu sein. Schließlich ist man stets nur so alt, wie man sich fühlt. Die Interview-Teilnehmer: Uwe (vocals), Greg (git), Schwabe (drums), Jan (bass), Old Erwin (git) und Schulze (Maskottchen, Pressesprecher und Mädchen für alles).

Zuerst bitte ich Euch, für die Leser, die die PHANTASTIX noch nicht kennen, die Band unausweichlich einmal vorzustellen.

Erwin: "Ich meine dazu absolut ja. Es ist in Ordnung. The Band is alright."

Schulze: "Normalerweise kann man sagen, es ist eine Band. Das halten wir mal fest. Eine gute Punkrock-Band, bestehend aus fünf Personen. Aus mehreren Hamburger Bands hat sich irgendwann mal eine Gruppe von tapferen Rittern zusammengefunden und diese Band gegründet. Das war irgendwann vor rund 180 Jahren im grauen Mittelalter."

Eigentlich wollte ich ja nach der Besetzung fragen...

Erwin: "Bass, Schlagzeug, zwei Gitarren, kein Gesang, nur Gesäusel."

Schulze: "Sitzen tut normalerweise nur der Schlagzeuger, der Rest steht. So sieht die Besetzung aus."

Uwe: "Erste Regel - rauf den Pegel."

Aber bisher hattet ihr ja immer noch einen anderen Sänger.

Schwabe: "Hake, unser alter Sänger, hat sich ungefähr selber rausgeschmissen."

Erwin: "Uwe hat ganz einfach ein geileres Arschloch, so einfach ist das."

Uwe: "Ich habe eine Kleinanzeige im der Stadtzeitung gelesen, in der jemand für eine Analerweiterung gesucht wurde, und darauf habe ich mich gemeldet. Das hat richtig Spaß gemacht. Im Rahmen dieser Selbsthilfegruppe hier bin ich nachher auch wieder davon runtergekommen."

Also die PHANTASTIX gibt es inzwischen seit 180 Jahren. Wie war das damals und wie ist es heute?

Schulze: "Nach dem Aussterben der Dinosaurier kamen evolutionsbedingt die PHANTASTIX. Damals war die Evolution noch ok. Damals mit den Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Kometeneinschlägen war das wirklich eine schwere Zeit."

Uwe: "Ich kann dazu nichts sagen, schließlich bin ich noch nicht so lange dabei."

Schulze: "Uwe ist über eine AB-Maßnahme hier reingekommen."

Uwe, wie ist denn die Bezahlung bei den PHANTASTIX bisher?

Uwe: "Scheiße. Die haben mich mit Videoaufnahmen von großen Shows im Vorprogramm der TOTEN HOSEN gelockt und mir gesagt, das könnte ich auch haben. Ich würde in Gold ausgezahlt, auf Averna-Schildern durch die Stadt getragen, ich würde Rosenmädchen bekommen und Groupies noch und nöcher. Aber nichts passierte."

Erwin: "Für Groupies sind wir inzwischen auch zu alt. Wir sind unsere eigenen Groupies."

Warum habt ihr euch denn dann noch nicht aufgelöst?

Erwin: "Wir haben es einfach noch nicht geschafft."

Uwe: "Obwohl wir alle ins Wasser gesprungen sind, um uns dort aufzulösen, ist nichts passiert."

Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass es in den 90ern auch einige Pausen und Trennungen gab.

Erwin: "Richtig, ungefähr dreitausend. Die Pausen brauchten wir, um neue Sänger zu suchen. Wir sind unschlagbar im Verschleißen von Sängern. Uwe ist jetzt unser neuer Versuch und das läuft bisher ganz gut an."

Uwe: "Jan könnte dazu jetzt einiges sagen, aber er hat da so Verträge laufen, die ihm das untersagen."

Schulze: "Man kann zusammenfassend sagen, dass diese Band oberflächlich mehrfach versucht hat, sich aufzulösen. Es ging aber einfach nicht."

Gibt es Gründe dafür, dass ihr es nicht geschafft habt, euch aufzulösen?

Erwin: "Der Proberaum war schon für ein Jahr im voraus bezahlt."

Schulze: "Es geht einfach nicht anders. Die haben alle versucht in anderen Bands zu spielen, aber die waren alles so scheiße, dass sie einfach wieder zusammen spielen mußten. Die PHANTASTIX sind einfach zu gut."

Erwin: "Wir haben sogar einen amerikanischen Sänger wieder rausgeschmissen und wieder eingestellt. Das war George."

Das erste neue Lebenszeichen der PHANTASTIX waren die Beiträge für den St. Pauli-Sampler von Bitzcore. Welche Beziehung habt ihr zum FC?

Schulze: "Biertrinken, meckern, schimpfen, rumsülzen, Verabredungen fürs Wochenende treffen..."

Greg: "Wir sollten ja eigentlich was für den HSV aufnehmen, aber St. Pauli hat einfach mehr Kohle geboten."

Schulze: "Deswegen konnte St. Pauli sich bisher auch noch kein neues Stadion leisten, weil die PHANTASTIX zuerst einmal ausgezahlt werden mußten."

Uwe: "Das war sozusagen ein Politikum. Jan könnte da jetzt was zu sage, aber seine Verträge..."

Sowohl Prinz Charles als auch Lou Reed und Sting haben ihren Besuch bzw. ihre Auftritte in Österreich aufgrund der Regierungsbeteiligung von Haiders FPÖ abgesagt. Würden die PHANTASTIX dennoch heutzutage dort rocken?

Schwabe: "Jetzt erst recht!"

Schulze: "Warum soll es in Österreich nicht noch normale Menschen geben? Nur weil da so ein paar Spinner jetzt in der Regierung sitzen, gibt es da auch noch anderes Volk. Was soll die blöde Frage?"

Greg: "Heißt das überhaupt noch Österreich oder inzwischen schon Oisterreich?"

Uwe: "Wir haben uns gerade bei D.S.S. Records eingeschleimt und die kommen nunmal aus Österreich. Deswege ziehen wir da jetzt auch nicht drüber her."

Mutieren die PHANTASTIX etwa nun zu einer Oi!-Band?

Schulze: "Genau. "Landsergesänge zum Mitmachen Teil 3", da sind wir mit drauf."

Erwin: "Nein, für eine Oi!-Band sind unsere Stücke einfach zu gut. Nichts gegen Oi-Ro Musik, aber trotzdem... links und rechts und bla bla bla. Wir sind eine völlig unpolitische Band."

Schulze: "Punkrock war schon immer unpolitisch und hatte noch nie was mit Politik zu tun. Punk war weder rechts noch links. Punk war einfach nur durchkommen durch die ganze Scheiße. Diese Politkasper nervten mich immer schon."

Erwin: "Lass sie doch machen, wie sie wollen. Das gehört auch zum Punk."

Uwe: "Mir gefällt der Ausdruck "antipolitisch" besser."

Als Musiker seid ihr aber doch eher Traditionalisten. Was haltet ihr denn von Innovationen in der Musik?

Schwabe: "Machen wir doch. Dafür sind wir da."

Schulze: "Wir nehmen gerne klassische Stücke aus anderen Bereichen mit in unser Repertoire auf. Immer gut und gerne gesehen."

Uwe: "Ich denke auch, dass sich im Vergleich zu den alten PHANTASTIX-Platten der Sound unser jetziger Sound deutlich verändert hat. Aber erzählt doch mal alle lieber, in welchen Bands ihr schon so gespielt habt. Dann wird das Interview wenigstens schön lang."

Erwin: "Bloß nicht. Die alten Sachen interessieren doch heute nicht mehr."

Was bedeutet heutzutage Punkrock überhaupt noch für euch?

Schulze: "Der Sinn des Lebens. Punkrock ist Leben. Alles was Spaß macht, mit Leuten zusammen sein, die Spaß haben, abfeiern, rumsaufen, grölen..."

Uwe: "Mit Abel in unserem ehemaligen Penthouse in Wandsbek nackt Platten hören und dazu mit Besen Luftgitarre spielen, das ist Punkrock."

Erwin: "Punk Radio 2000. Das ist es. So heißt unsere neue Single, und warum hätten wir die sonst rausgebracht, wenn wir zu Punk keinen Bezug mehr hätten. Wir laden uns gerne Leute ein, denn wir sind Partygänger und gesellige Leute. Die Leute bringen dann immer das Bier mit, was wir brauchen. Wenn ich aber so Snowboard-Heinis wie BLINK 182 oder A höre, frage ich mich schon, was das noch mit Punk zu tun hat."

Uwe: "Die meinen, halbnackt in irgendwelchen Videoclips rumzulaufen, sei Punkrock."

Schulze: "Warum kann man eigentlich nicht einfach nur Punkrock machen, ohne von solchen Fragen genervt zu werden?"

Weil ich hier nur Stunk machen will. Welche Bands waren denn für die PHANTASTIX am Anfang richtungsweisend und welche sind es heute immer noch?

Erwin: "SEX PISTOLS, PHANTASTIX und DAMNED. Und Rüdiger Kalupke, der hat immer auf seinem Hirn geblasen."

Schulze: "Dann sei da noch Ernst Mosch genannt. Die Egerländer haben uns durch ihr Tubaspiel sehr beeinflusst. An aktuellen Bands wären da noch Alice Cooper, PET SHOP BOYS und ECHT."

Erwin: "Was gibt es denn heute noch für gute Punkrock Bands? D.O.A. sind eigentlich immer noch geil."

Schwabe: "Da jetzt Bands aufzuzählen wäre blöde, weil jede Band immer nur so drei, vier Hits hat."

Schulze: "Man kann auch nicht sagen, man ist nur von einer Band beeinflusst worden. Man wurde durch das ganze Punk-Ding an sich beeinflusst."

Was mögt ihr denn am Punkrock heutzutage überhaupt nicht mehr?

Schulze: "Dass es zuwenig Punks gibt. Außerdem ist das alles stellenweise zu niveaulos geworden. Früher sang man halt nur über Bier, Bullen und Blut. Damals war das auch in Ordnung, genauso wie die Neue Deutsche Welle damals auch ok war. Aber das muß immer in die Zeit passen."

Erwin: "Heute wollen alle nur noch Ami-Punk. Aber die meisten deutschen Bands kannst du auch getrost in der Pfeife rauchen."

Greg: "Desweiteren gibt es zu viele Bands, die die Punk-Attitüde benutzen, nur um mal den Harten spielen zu können."

Uwe: "Früher waren irgendwie alle Punk. Heute ist man Hardcore, Straight Edge, Streetpunk, Garagepunk, Oi! oder was auch immer. Wenn Du heute einem RAMONES-Punk erzählst, du gehst auf ein Crust-Konzert, wirst du schon blöde angeguckt."

Aber Punk 2000, gebt doch mal den Touristen unter den Ox-Lesern ein paar Tips, wo man in Hamburg gut ausgehen kann.

Schulze: "Ganz einfach. Hamburg-Führer kaufen, alle Adressen, die da drin stehen streichen und die restlichen aufsuchen. Oder eine Karbonade kaufen, sich diese in die Hose stecken und nach drei Wochen auf'n Bauwagenplatz setzen."

Uwe: "Konzertmäßig kann man hier das Café Planet empfehlen, mittlerweile wieder das Knust und das Molotow."

Wo kaufen die PHANTASTIX denn ihre Platten?

Erwin: "Die klauen wir uns nur."

Schulze: "Ich kaufe mir keine Platten mehr, ich laß sie mir von Schwabe brennen. Multimedia-Punk. Ich kaufe nur noch Rohlinge und die kaufe ich bei Karstadt. Plattenklauer sind im Haus."

Kommen wir zum Schluss dann noch einmal auf eure eigenen Platten zu sprechen. Was gab es und was wird es geben?

Schwabe: "Wir haben drei offizielle Scheiben gemacht, die aber inzwischen alle ausverkauft sind. Dann gibt es brandneu die Single "Punk Radio 2000" mit Captain Uwe an Bord und ein neues Album wartet auch darauf aufgenommen zu werden. Dafür suchen wir aber noch ein Label."