PETRA UND DER WOLF

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Die Darkpolizei rockt

Als Soloprojekt von Gitarristin und Sängerin Petra Schrenzer in Wien gestartet, mit dessen Namen sie das Musikmärchen von Sergei Prokofjew feministisch umdeutete, sind PETRA UND DER WOLF mit Drummerin Aurora Hackl Timón seit über einem Jahrzehnt ein Duo. Im Frühling 2020 erscheint ihr neues, zweites Album, „Surface!“, ein zwingendes und dichtes musikalisches Statement.

One two three four / What is the score? The aim is very high / No way to do it slow / Komme nie zu spät / Tomorrow is too late“, singt Petra Schrenzer zur Gitarre und zusammen mit dem Schlagzeug von Aurora Hackl Timón beginnt sich ein Sog zu entwickeln, der einen immer weiter in dieses Album hineinzieht. Vom Opener „The wheel“ bis zum abschließenden „Machine made“ sind es neun Songs, produziert mit Wolfgang Schlögl (SOFA SURFERS, I-WOLF) und veröffentlicht beim Wiener Indielabel Siluh Records. Petra und Aurora waren 2012 in die Gründung des Labels Unrecords involviert, dort erschien 2014 auch ihr erstes Album, „Chlorine“ und weil sie sich unverändert im queer-feministischen Kontext verorten, prangt dessen Logo nun auch auf dem vor Energie und Ideen strotzenden „Surface!“.

Dabei ist am neuen Album sonst nichts business as usual für das Duo, schon beim Entwickeln der Songs – „Wir sind Tüftlerinnen!“ – luden sie sich immer wieder musikalische Freund*innen ein, um auf der Couch in ihrem räumlich übersichtlichen Probekammerl Platz zu nehmen und ihnen Feedback zu geben zu den oft zahllosen Versionen der im Entstehen begriffenen Songs. „Es ging um Verdichten und Aufmachen zugleich.“ Ersteres hört mensch in der Musik, der andere Aspekt manifestiert sich in der Arbeit mit einem Produzenten, der Aufnahme in einem richtigen Studio, nämlich dem Goon in Linz, und dem Release auf einem nicht selbst (mit) betriebenen Label.

Live agieren PETRA UND DER WOLF sich gegenüber sitzend, was die künstlerische Gleichberechtigung zum Ausdruck bringt, in der die beiden Musikerinnen agieren. „Chlorine“ entstand in der einige Jahre währenden Trio-Besetzung mit der Bassistin Martina Stranger. „Wir wollten zur Energie und Arbeitsweise als Duo zurück.“ Die Energie, die sie dabei entwickeln, ist gewaltig, „Surface!“ wird ihren umwerfenden, mitreißenden Live-Sets gerecht, wo mensch sich mitunter fragt, wo diese ganze Musik denn jetzt herkommt, die sie selbst als „dark“ beschreiben. Aurora: „Ich bin die Darkpolizei.“ Im Musikschreiber*innensprech würde mensch den Sound von PETRA UND DER WOLF am ehesten als (Post-)(Core-)Rock bezeichnen, der aber bei aller Lust zur Abstraktion zupackend konkret bleibt.

Sie mögen kein Rad neu erfinden, aber das Rad von Songs wie „Just for kings“ oder „Flies“ fahren so nur diese beiden, und als Zuhörer*in schwingt mensch sich nur zu gerne drauf. Petra: „‚Flies‘ ist unser Lohnarbeit-Song, nach einer Arbeit am Theater muss ich wieder schauen, wie ich Wohnen und Essen finanziere.“ Die Texte schrieb dabei diesmal ausschließlich sie, ausgehend von Notizen, mit denen die beiden Musikerinnen ihre Assoziationen zu den jeweiligen Stücken festhielten. Ein Prozess, den Petra knapp einen Monat vor den Aufnahmen abschloss. Englisch ist dabei die selbstverständliche language of choice, was sicher die eigenen Hörgewohnheiten widerspiegelt..Außerdem: „Beim Singen flutscht Englisch einfach besser.“

Dem selbstdiagnostizierten „Darken“ ihrer Musik begegnet die Sängerin dabei mit einer Lust an billigen Reimen, die aber in der Endversion den Texten nichts von deren Funktionalität und ihrem gelegentlichen Geheimnis nehmen, ab und zu werden deutsche Worte eingestreut, was die Sache zusätzlich spannend macht. Da die Band – „Wir sind sparsam“ – abgesehen von der Pressung „Surface!“ selbst finanzierte, wobei die auch im Land mit dem A zumindest theoretisch vorhandenen Fördermittel unverständlicherweise nicht flossen, steht zu hoffen, dass PETRA UND DER WOLF damit nun auf dem Radar von Menschen auftauchen, denen sie bisher entgangen sind. Die Substanz des Albums lohnt es. Nicht nur weil sie sich selbst auf ihrem „Pop-Zenit“ wähnen: „Wir haben jetzt etwas gefunden, da können wir bleiben.“ Oder wie es in „Just for kings“ heißt: „Call off your masterpiece / And kick the lion gently in his gut“.