PETER & THE TEST TUBE BABIES

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That’s yer lot with America

Nächstes Jahr feiern PETER AND THE TEST TUBE BABIES aus Brighton vierzigjähriges Bandbestehen, was diese Band zu Dauerbrennern und einer dieser Punkrock-Institutionen macht, die noch erzählen können von damals, als alles begann mit der Revolte in Geist und Musik. Beim DIE TOTEN HOSEN-Coveralbum „Learning English Lesson Two“ haben sie zuletzt noch bei ihrem Hit „The jinx“ mitgemischt und nun gibt mit „That Shallot“ sogar ein neues Album – die erste Platte seit zwölf Jahren, was durchaus bemerkenswert ist. Aber zuletzt machten sie in ganz anderer Hinsicht von sich reden, denn Frontmann Peter Bywaters wurde die Einreise in die USA verweigert – angeblich, weil er kurz zuvor auf einer Bühne irgendwo in Europa Donald Trump verunglimpft haben soll. Und plötzlich waren PTTB auf der Titelseite der Bild-Zeitung und zig weiterer Medien. Logisch, dass wir das von Peter etwas genauer wissen wollten.

Herzlichen Glückwunsch, Peter, du hast es auf die Titelseiten zahlreicher Zeitungen geschafft wegen der verweigerten Einreise.

Tja, danke für die Glückwünsche. Ich bin auch tatsächlich sehr glücklich darüber, dass ich keinen Gig in den USA spielen durfte. Denn die Presse und Öffentlichkeit, die ich und die Band seitdem bekommen, ist fantastisch. Sie ist besser, als sie es nach irgendeinem Gig sein könnte. Wobei man ja auch sagen muss: Die anderen Jungs haben das Konzert trotzdem gespielt. Es war ein Festival, bei dem mehrere Punkbands auftraten. Und unser Gitarrist Derek fragte bei den anderen Acts herum, ob da nicht irgendjemand dabei sei, der Songs von uns kennt und die auch singen kann. Und tatsächlich machten da vier oder fünf mit – und sie absolvierten ein komplettes Konzert.

Sie zogen das Konzert durch ohne dich, ohne den Chef?

Ja. Ich hatte ja keine Wahl, haha. Ich wurde vom Zoll und der Grenzkontrolle zunächst festgehalten und dann direkt wieder ins nächste Flugzeug zurück nach England gesetzt. Die haben mich sogar bis zu meinem Platz begleitet, um sicher zu gehen, dass ich auch wirklich mitfliege. Und der Steward nahm mir meinen Personalausweis ab. Den bekam ich erst zurück, als ich wieder in England war.

Was war denn nun der Grund für die Einreiseverweigerung? Da gibt es ja wilde Spekulationen, in Deutschland nicht zuletzt angeheizt durch das Boulevardblatt Bild.

Ich wollte in die USA einreisen, um einen Gig zu spielen – und ich hatte keine Arbeitsgenehmigung. Ganz einfach. Sie fragten mich bei der Einreisekontrolle nach meinem Namen. Sie gaben ihn dann wohl in eine Suchmaschine ein. Und wenn du nach meinem Namen Peter Bywaters suchst, dann kommst du eben sofort auf PTTB. Da fanden sie dann das Konzertplakat für den geplanten Auftritt und fragten mich nach meiner Arbeitserlaubnis, die ich nicht hatte. Also schleppten sie mich in ihr Büro, wo ich dann sechs Stunden saß. Und irgendwann fanden sie auch die Bilder der vergangenen Konzerte, bei denen ich Donald Trump nachmachte. Der Grund für die verweigerte Einreise war aber einzig die fehlende Arbeitserlaubnis. Doch lass es mich so sagen: Über diese Bilder waren sie augenscheinlich nicht begeistert. Die haben mir in dieser Situation ganz sicher nicht geholfen.

Die Beamten hätten ja auch Trump-Gegner sein können und dich für deine Kritik an ihm loben.

Das mag sein, haha. Vielleicht waren sie ja auch gar keine Trump-Anhänger. Sehr wahrscheinlich sogar waren sie das nicht, denn immerhin lässt er sie ja jetzt mehr arbeiten als zuvor. Aber das ist es ja: Sie haben von ihm die Order, nicht mehr alle Menschen einreisen zu lassen. Vielleicht waren diese gesteigerte Aufmerksamkeit und die strengen neuen Vorgaben auch ein Grund, warum es ausgerechnet mich erwischt hat.

Hattest du die Arbeitserlaubnis eigentlich schlicht vergessen oder hast du sie bewusst nicht beantragt?

Ich hatte darauf spekuliert, dass ich sie für nur einen Gig nicht benötigen würde. Du musst wissen: Man bezahlt für eine solche Genehmigung nicht zu knapp Gebühren. Und wir hätten verdammt viel Geld verloren, wenn wir für uns alle eine besorgt hätten.

Und die anderen kamen einfach so durch?

Ja, sie wurden nicht befragt. Nur ich blieb hängen.

Und du hast ihnen gesagt, sie sollten dich zurücklassen und das Konzert auch ohne dich spielen?

Nein. Ich konnte ihnen das nicht mehr sagen. Sie waren bereits durch die Kontrolle gekommen und auf dem Weg zum nächsten Flieger, der uns nach Los Angeles bringen sollte. Und mir hatten die Beamten sofort mein Mobiltelefon abgenommen. Ich konnte also niemandem Bescheid sagen. Die Jungs saßen dann später in der Maschine und dachten: Verdammt, wo ist denn Peter? Ich konnte erst wieder telefonieren, als ich im Flugzeug zurück nach England saß und kurz vor dem Start mein Telefon zurückbekam. Es ist schon verrückt, es war sogar in den NBC News. Und sogar zwei Wochen später stand das noch in den Zeitungen: Als ich mit meiner Tochter in den Supermarkt um die Ecke ging, fand ich da noch einen Artikel im Lokalblatt. Erst so nach und nach verebbt die Story nun.

Wie sah dein Mail-Postfach in den Tagen nach dem Vorfall aus?

Total überfüllt. Ich bin ja kurz nach meiner Rückkehr zum Rebellion-Festival nach Blackpool gefahren, wo ich als Stagemanager arbeite. Das war am Mittwoch. Und ich hatte keinen Laptop dabei. Und als ich dann am Wochenende zurückkam, hatte ich 500 Mails im Postfach, 60% davon wegen der Sache in den USA.

Seltsamerweise war die erste Meldung der Medien tatsächlich: „Peter Bywaters wird die Einreise wegen Trump-Verhöhnung verweigert.“ Und diese Sichtweise hielt sich ja ein paar Tage. Erst danach sickerte nach und nach die wahre Begründung durch, die fehlende Arbeitserlaubnis. War die Trump-Version einfach die bessere Schlagzeile?

Ja, wahrscheinlich schon. Erst als alles schon öffentlich war, kamen Reporter von einem US-Nachrichtenmagazin, ich glaube, es war Entertainment Weekly, auf die Idee und befragten die Zollbeamten nach dem Vorfall. Und die sagten ihnen dann, dass es nichts mit der Trump-Sache zu tun gehabt hätte.

Du sprachst eben über die großartige Publicity durch den Vorfall. Hast du das deshalb nicht sofort aufgeklärt? Sollte die Welle noch ein wenig rollen?

Nein. So sehr ich mich über diese unerwartete Promotion in eigener Sache auch freue: Es ist sogar so, dass unser Label bereits recht schnell eine Pressemitteilung veröffentlichte, in der zu lesen war, dass ich festgehalten wurde. Und dass mir dabei eben lediglich aufgrund der zufälligen Internetrecherche der Beamten diese Bilder von mir im Trump-Kostüm gezeigt worden waren. Da stand kein Wort davon, dass ich genau deswegen nicht in die USA gekommen bin. Da haben einfach zu viele Journalisten vermeintlich eins und eins zusammengezählt und die Sache aufgebauscht.

Wirst du jemals wieder in den USA auftreten wollen?

Momentan gebe ich wirklich einen Scheißdreck auf Amerika und Konzerte dort, haha. Ich bin kein großer USA-Fan. Es ist mit ehrlich gesagt vollkommen egal, haha.

Wie auch immer: Es ist nicht nur eine fantastische Werbung für die Band generell. Passenderweise kommt auch jetzt gerade euer neues Album raus.

Das Timing könnte nicht besser sein, haha.

Es heißt „That Shallot“, übersetzt: „Diese Schalotte“. Eine Schalotte, also eine Art Zwiebel, ist auch auf dem Cover zu sehen. Was bitte schön hat das zu bedeuten?

Es ist ein Wortspiel. Es ist eine Abwandlung der englischen Wendung „That is your lot.“ Das bedeutet: Das war’s für dich. Du hast genug von etwas. Schnell ausgesprochen wird das zu „That’s yer lot“, das wiederum hört sich fast an wie „That Shallot“.

Die Veröffentlichung eures letzten Albums liegt zwölf Jahre zurück. Man hatte sich schon damit abgefunden, dass da vielleicht nichts mehr kommt. Warum jetzt ein neues Album?

Einige der Songs auf „That Shallot“, etwa „Crap Californian punk band“, sind schon zwanzig Jahre alt, aber wurden nie veröffentlicht. Das wollte ich nun endlich mal ändern. Zudem schreibe ich immer und überall an neuen Songs. Wir haben so viel Material ... Wir haben sogar schon genug Stücke für die nächste Platte zusammen. Und nicht zuletzt bin ich Künstler. Musiker. Ich muss produktiv sein und dranbleiben.

Wie war es für euch nach so langer Zeit im Studio? So wie früher oder vollkommen anders?

Es war vollkommen anders. Viel besser. Und der Grund ist unser neuer Bassist: Mick Abnett ist einfach ein hundertmal besserer Bassist als Paul Henrickson. Mit Paul hatten wir Probleme. Mit ihm kamen wir nicht weiter. Er hatte einfach Schwierigkeiten, sich neue Basslinien draufzuschaffen, und beschloss irgendwann von alleine zu gehen. Dann kam Mick hinzu und mit ihm entwickelten sich die neuen und neu aufgenommenen Stücke wirklich rasend schnell.

Lass mich raten: Paul wird sich „That Shallot“ also nicht anhören?

Doch. Wir sind im Guten auseinandergegangen. Es ist ja auch so, dass Paul eine Familie mit zwei kleinen Söhnen hat. Und er hat sich aufgrund unserer ausgiebigen Touren schon seit geraumer Zeit Vorwürfe gemacht und sich als schlechter Vater gefühlt. Also hat er es, als nun auch die musikalischen Probleme hinzukamen, von sich aus beendet. Das ist vollkommen okay.

Gab es für dich niemals im Leben die ultimative Frage „Familie oder Band“?

Doch, durchaus. Ich habe ja auch Kinder. Und meine Ex-Frau hat mir seinerzeit auch Vorwürfe deswegen gemacht. Aber bei mir lief es immer auf die Band hinaus. Es war vielleicht mal 1999 so, dass ich mir dachte: Da steht ein neues Jahrtausend vor der Tür. Und wenn wir je mit der Band aufhören sollten, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Aber anschließend kam recht schnell die nächste Frage auf: Was zur Hölle soll ich dann machen? Die Antwort: Keine Ahnung. Das ist für mich nicht vorstellbar. Also legte ich den Gedanken ad acta und machte weiter.

Du lebst in Brighton, oder?

Ich lebe etwas außerhalb in Lancing, weil es in Brighton zu teuer ist. Ich lebe da in einem Wohnwagen. Es ist wundervoll! Ich habe den Strand direkt vor der Tür und ich kann schwimmen und fischen.

Brighton ist für viele Menschen eine Stadt, die untrennbar mit der Subkulturszene verbunden ist. Alleine der Film „Quadrophenia“ über die Mod-Bewegung machte Brighton weltberühmt. Ist das immer noch so?

Ja, absolut. Brighton ist nach wie vor eine total angesagte Stadt. Es ist die Hochburg der englischen Gay Community. Es leben zig Künstler aller Sparten hier: Regisseure, Maler, Musiker. Darunter zum Beispiel Nick Cave. Wir haben hier sogar eine Rock-Universität. Es existiert eine gute, gesunde Punkband-Szene. Auch die BARSTOOL PREACHERS, in denen Tim McFaull, der Sohn von COCK SPARRER-Sänger Colin, spielt, sind von hier. Und wir? Wir sind die Großväter des Punk in der Stadt, haha.

Fühlt ihr euch wirklich so wie Punk-Opas, die den jungen Bands was von früher erzählen?

Ja, schon. Bei Festivals kommen viele von ihnen an und wollen ein paar Geschichten hören. Es mag sein, dass gleichzeitig vielleicht auch viele denken: Die haben es nicht mehr drauf! Aber dann sehen sie unsere Show und wissen, dass das nicht stimmt.

Wie hält man als Musiker so lange die Spannung aufrecht und eine Band über 39 Jahre am Leben?

Es ist diese Energie, die man mitbekommt, wenn man rausgeht auf die Bühne und mit so vielen Menschen interagiert, die einen trägt. Und außerdem habe ich durch die Band die Gelegenheit, die ganze Welt zu bereisen, um das zu tun, was ich am liebsten mache, Musik.

Im kommenden Jahr werden PTTB vierzig. Ist für das Jubiläum etwas Besonders geplant?

Ja, wir arbeiten an einem eigenen Festival, dem „Test-Fest“. Das soll im September 2018 in Berlin stattfinden, wo meine Freundin lebt. Eine tolle Stadt, in der ich regelmäßig viel Zeit verbringe. Wir präsentieren dort ja auch demnächst unsere neue Platte – am liebstem mit einem Konzert auf einem Boot, das die Spree runterfährt. Das ist zumindest so gedacht.