Wenn eine Band aus München oder Umgebung kommt, ist das ja erst einmal seltsam. Irgendwie schwingt da nie das große Gefühl mit, kein Hype, keine wirkliche Hausnummer in Sachen Musik, wie sie Bands aus Hamburg oder Berlin automatisch als Schublade im Gepäck haben. Okay, die ehemaligen Münchner Club-Schrammler SPORTFREUNDE STILLER räumen jetzt Charts und Stadien mit Mainstream-Gitarrenpop ab, und die Band-Connection rund um THE NOTWIST und CONSOLE haben zumindest die zwischen München und Alpen liegende bayerische Kleinstadt Weilheim zur Sound-Marke gemacht. Aber trotzdem: München? Hä?
PETER CORETTO sind aus München, sie spielen deutschsprachige Gitarrenmusik, bei der viele Hörer deshalb erst einmal an Hamburg denken – an Bands wie BUT ALIVE, KETTCAR, TOMTE oder OMA HANS. „Dass so eine Musik aus München kommt, können sich viele erst einmal gar nicht vorstellen“, wundert sich Sänger Marco Engelhard. „Musikalisch gibt es bestimmt ein paar Momente, wo wir von den Gitarren oder irgendwelchen Harmonien ein wenig in die Richtung gehen, aber das war‘s dann schon.“ Tatsächlich spielen PETER CORETTO einen Mix aus poppigen Harmonien, verschrammelten Gitarren und einem teilweise sehr dominanten Gesang, den man eher aus der Emo-Ecke kennt. Und eigentlich wissen die Münchner selbst nicht genau, wo sie sich einordnen sollen, denn die musikalischen Vorlieben innerhalb der Band spannen sich von SONIC YOUTH bis Elektro-Sound. „Gitarren-Trash-Pop“ haben sie sich deshalb als Schublade ausgedacht, angelehnt an Elektro-Trash-Pop, den Freunde von ihnen in Berlin spielen: alles sehr abstrakt, ohne viel Melodie. „Der Trash ist sozusagen ein Stück Punk, der noch dazu kommt“, sagt Marco. „Dadurch ist unsere Musik um einiges emotionaler und härter, als man vom gängigen Pop kennt.“ Irgendwie klingen sie dabei auch ein wenig nach TON STEINE SCHERBEN, aber das kann man natürlich jeder zweiten Band aus dieser Ecke nachsagen.
PETER CORETTO gibt es seit 2001 – mehr oder weniger. Damals lief die Band noch zu dritt und unter dem Namen PROJEKT MONOTON und spielte Songs, die eigentlich nur sie gut fanden: zehn Minuten lang und ziemlich abgedreht. Wie man das so kennt, war nach zwei Auftritten schon wieder Schluss. Die anderen wollten elektronischer werden, Marco dagegen sang damals noch in der Hardcore-Band JUDGEMENT DAYS und hatte auf so etwas überhaupt keine Lust. Anfang 2002 entschlossen sie sich dann zu einem neuen Anlauf, spielten als PETER CORETTO eine Demo-CD ein und spielten sich unter anderem mit SOMETREE, ANGELIKA EXPRESS und LEIAH durch kleine Clubs und besetzte Häuser – was eben so ging.
Inzwischen sind die CORETTOs zu viert, eine zweite Gitarre liegt jetzt über ihrer gerade eingespielten CD „Die Position verpflichtet“, deren Grundlinie trotzdem beinahe sogar etwas ruhiger und poppiger wirkt, als die Songs auf der Demo. Jetzt touren sie wieder so viel es geht. „Das Hauptproblem der Münchner Bands ist ja eher, dass sie sich in München recht wohl fühlen“, sagt Marco. „Wenn man hier einigermaßen aktiv ist, kann man schon regelmäßig Gigs bekommen, zu denen dann auch genügend Leute kommen. Aber die wenigsten versuchen auch, hier rauszukommen.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #55 Juni/Juli/August 2004 und Alex von Streit
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