Im Juni waren PAPER ARMS aus Adelaide, Australien erstmals in Europa auf Tour, nachdem kurz zuvor ihr Album „The Smoke Will Clear“ auf Uncle M erschienen war. Für Europa mag die 2008 gegründete Band, die in ihrer Heimat schon bereits ein weiteres Album veröffentlicht hat, ein Newcomer sein, aber dass die Jungs aber sehr genau wissen, was sie machen, merkte man ihrem Auftritt im Solinger Waldmeister an. Sie spielten Punkrock der Marke „hart, aber herzlich“ und erfreuten all jene, die bei NOTHINGTON und HOT WATER MUSIC heiser mitgrölen. Nach dem Konzert befragte ich Max Hunt (guitar/vocals) und Mike Smith (bass/vocals), Josh Mann (vocals/guitar) und Tom Crosby (drums/vocals) hielten sich zurück.
Was hat euch nach Deutschland geführt?
Max: Ach, in Australien sind wir jetzt seit fünf Jahren regelmäßig unterwegs, und jedes Mal, wenn wir mit einer US-Band gespielt haben, hieß es „Geht nach Europa, da ist es super zu touren. Die Leute sind nett, die Shows großartig, die kümmern sich alle gut um dich, da ist es super für Punkbands.“ Also sagten wir uns, das machen wir!
Leichter gesagt als getan ...
Max: Stimmt, aber über unser australisches Label Poison City Records kamen wir mit Benny von Klownhouse Tours in Kontakt, ihm gefiel unsere Musik, und so nahm die Sache ihren Lauf. Benny brachte uns mit Mirko von Uncle M zusammen, der war auch begeistert, und jetzt sind wir hier. Außerdem waren wir in Australien mit STRIKE ANYWHERE auf Tour, wir wurden Freunde, und so luden die uns ein, in Europa ein paar Konzerte mit ihnen zu spielen.
Was bedeutet es euch, in Europa touren zu können?
Mike: Max war schon mal auf Urlaub hier, aber Tom, Josh und ich waren noch nie in Europa, und jetzt gleich in diesem Umfang mit der Band hier auf Tour gehen zu können, das übersteigt unsere besten Erwartungen. Wir bekommen so viele Städte und Länder zu sehen, und parallel dazu können wir noch das tun, was wir am liebsten machen: unsere Musik spielen. Wir haben echt großes Glück.
Max: In Australien haben wir wirklich schon überall gespielt, aber es ist auch wichtig, bei jedem Job oder Hobby, dass man sich neue Herausforderungen sucht, um zu sehen, wie weit man kommt. Wir hatten keine Erwartungen an die Tour, dachten, wir würden hier und da vor ein paar Leuten spielen, doch dann ergab es sich, dass wir mit STRIKE ANYWHERE, ANTI-FLAG und BOYSETSFIRE spielen können, und das ist echt phänomenal.
Fünf Jahre nur in Australien touren ... gehen einem da nicht irgendwann die Zuschauer aus? Das Land ist groß, die Szene aber klein.
Max:Wir haben über die Jahre überall Fans gewonnen, wenn wir irgendwo spielen, kommen mittlerweile schon an die hundert Leute. Allerdings haben wir so viele Leute bei den Shows hier in Europa schon beim ersten Mal. Es ist cool, dass die Leute hier sich für tourende Bands aus dem Ausland interessieren.
Mike: Die Leute haben Spaß, geben uns gutes Feedback, das macht einen großen Unterschied, wenn man da vorne steht und spielt.
Die Band muss auch wichtig sein, wenn ihr bereit seid, so viel Zeit und Geld zu investieren, während andere in eurem Alter an ihrer Karriere arbeiten.
Mike: Wir sind alle Ende zwanzig, und wir haben durchaus auch Jobs zuhause, arbeiten als Fotograf beziehungsweise Grafikdesigner. Es ist nicht immer einfach, sich davonzumachen, aber irgendwie klappt es dann doch. Und ja, die Band ist mir wichtig, wobei das, was mir wichtig ist, jenseits normaler Band-Dinge liegt. Gestern Abend waren wir beispielsweise in Trier, da übernachteten wir bei Freunden, die wir in Australien kennen gelernt hatten. Die ließen uns bei sich schlafen, bekochten uns, waren großartige Gastgeber, und solche Erlebnisse haben wir jeden Tag. So viele nette Menschen kennenzulernen, erst in Australien, jetzt hier in Europa, diese Seite der Band ist uns wichtig und echt erfüllend. Es ist auch eine schöne Erfahrung, wie problemlos die Punk-Community hierzulande uns akzeptiert, wie einfach wir uns einfügen können – das ist echt cool.
Reden wir über Musik. Viele australische Bands sind irgendwie „typisch“ australisch in musikalischer Hinsicht. Wenn ihr hingegen behaupten würdet, aus Gainesville, Florida zu kommen ... ich hätte es euch abgenommen.
Max: Haha, wir haben HOT WATER MUSIC vor zwei Wochen entdeckt und uns gedacht, es wäre eine super Idee, sie zu kopieren.
Mike: Die ganzen Gainesville-Bands wie HOT WATER MUSIC oder SMALL BROWN BIKE und so weiter, aber auch etwa RIVAL SCHOOLS sind natürlich auch in Australien ein wichtiger Einfluss, mit denen sind wir aufgewachsen. Da ist es ganz natürlich, dass man mit seiner Band in so eine Richtung geht, wenn einen diese Bands so inspiriert haben. So fingen wir an, und mit der Zeit entwickelt man dann seinen eigenen Stil, seine eigene Herangehensweise. Wir klingen nicht so australisch wie FRENZAL RHOMB, aber wir strengen uns auch nicht bewusst an, nicht australisch zu klingen.
Max: Oi oi oi! Wir fingen damals ziemlich schnell an, aber im Laufe der Zeit und mit dem Alter wurden wir dann etwas langsamer, bis wir unser Tempo gefunden hatten, haha.
„Älter?“ Euer Sänger machte vorhin auch schon so eine Ansage ...
Max: Ja ... der ist dreißig geworden und kommt sich jetzt total alt vor, hahaha. Der hat seine Quarter-Life-Crisis. Du fragtest ja vorhin wegen Jobs und so, und ich glaube, Josh leidet gerade darunter, dass all seine Freunde gute Jobs bekommen, eine Familie gründen und so weiter. Wir haben uns stattdessen für die Band, für die Musik entschieden, und Josh schreibt in letzter Zeit Texte über so was. Mit 16, 18 waren wir zwei, drei Mal die Woche auf Konzerten, dann wurden wir älter, es wurden weniger, wir gingen nur noch alle ein, zwei Wochen mal auf eine Show, und jetzt sind wir 27, und wenn man auf ein Konzert geht, sind alle um dich herum 18 und du kennst keinen mehr.
Hahaha, ich verstehe. Glaubt mir: das ändert sich nicht mehr. Ihr kommt aus Adelaide, an der Südküste, die nächste Stadt ist Melbourne, das ist acht Stunden entfernt. Was geht in Adelaide so ab?
Max: Als wir jung waren, war die Punk-und Hardcore-Szene in Adelaide richtig gut und stark. In den letzten Jahren ist es etwas weniger geworden, aber immer noch recht gut.
Mike: Von Adelaide kommt man schon ganz gut weg, so weit ist es auch nicht nach Melbourne und Sydney.
„The Smoke Will Clear“ ist die Platte, mit der euch die Leute in Europa kennenlernen werden. Eure erste Platte ist das aber nicht.
Max: Nein. 2008 kam unser erstes Demo, vier Songs, wir machten alles selbst, und die Reaktionen waren gut. Dann nahmen wir unsere erste Platte auf, und mit den fertigen Aufnahmen gingen wir zu Poison City Records aus Melbourne, baten die, sich das mal anzuhören, und so erschien dort dann 2010 „Days Above Ground“. Produziert hatte die Platte übrigens Walter Schreifels: wir haben dem einfach ein Flugticket nach Adelaide bezahlt. Es war nicht schwer, ihn zu überzeugen, für eine Weile den kalten New Yorker Winter gegen den australischen Sommer einzutauschen. Es war cool, mit ihm zusammen abzuhängen.
Mike: Er ist ein echt netter Typ und hat uns bei der Platte viel geholfen.
Max: Das war 2010, für australische Verhältnisse lief die Platte gut, und dann haben wir angefangen, Songs für das nächste Album zu schreiben, das hat echt lange gedauert. Dieses Jahr haben wir dann endlich aufgenommen.
In Europa ist die Platte „nur“ auf Vinyl erschienen. Eure Entscheidung?
Mike: Mirko von Uncle M sagte, dass die Leute in Europa auf Vinyl stehen, dass das mehr Sinn macht als CDs, und wir finden das cool. Ich finde es auch schöner, das Artwork in dieser Größe vor mir zu haben. Musik von Vinyl zu hören, ist ein anderes Erlebnis als nur mit iPhone.
Klären wir zum Schluss bitte noch euren Namen. Steht das „Arms“ für Waffen oder für Arme? Also Papierarme oder Papierwaffen?
Mike: Papierwaffen. Im Sinne von „Die Feder ist mächtiger als das Schwert“, was bedeutet, dass Worte die stärkste Waffe sind.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #109 August/September 2013 und Joachim Hiller
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