OWLS BY NATURE

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Die Nase voll vom Banjo

Wie übersteht man die kalten und dunklen Wintertage in Kanada? Genau, man gründet eine Band, spielt sich durch alle Clubs und Bars und kommt schließlich nach Europa. So wie auch OWLS BY NATURE, die 2010 von Sänger Ian McIntosh und Bassist Sean Hamilton in Edmonton gegründet wurden und mittlerweile zu fünft unterwegs sind. Im Januar 2014 kam die Band zum ersten Mal nach Europa, doch während die Fans hier gerade ihr Album „Everything Is Hunted“ feiern, haben die Jungs schon wieder ganz andere Pläne. In Berlin nahm sich Ian die Zeit für ein Interview.

Ian, ihr seid gerade zum ersten Mal in Europa. Wie ist das Touren hier im Vergleich zu Kanada?


Kanada ist sehr groß und nicht besonders dicht bevölkert, die Städte sind ziemlich weit voneinander entfernt. Da der Winter so hart ist, ist es schwierig und gefährlich, zu dieser Zeit zu touren. Hier sind alle sehr gastfreundlich. Wir bekommen Bier, jeden Tag etwas Warmes zu essen, einen tollen Tourmanager und einen schönen großen Van – das haben wir zu Hause nicht alles. Es gibt da diese Redewendung, die uns gerade auf Tour wieder eingefallen ist: We wanna go where we’re celebrated, not tolerated. Ich glaube, in den USA behandeln sie die Bands wie Dreck, bis man so groß wie Springsteen ist und sie einen plötzlich wie einen Gott verehren. Aber Kanadier stehen darauf, freundlich zu sein – wir sind ja schließlich bekannt dafür, haha. Da läuft also alles gut für uns. Es ist nicht so, dass wir Kanada nicht lieben würden, aber es ist ein bisschen romantischer, hier unterwegs zu sein, einfach weil Europa ganz fremd für uns ist.

Vor ein paar Tagen habt ihr in der JVA für Frauen in Vechta gespielt. War das eine reguläre Show mit normalem Publikum?

Nein, es war nur für die Insassinnen. Wir haben im Van ein bisschen rumgeblödelt, dass das dem Ausdruck „unfreiwilliges Publikum“ eine ganz neue Bedeutung verleiht. Ich habe bei dem Auftritt ins Mikro gesagt: „Danke, dass ihr hier seid“ – dann fiel mir auf, dass sie wohl keine andere Wahl hatten.

Haben die euch ganz normal für ein Konzert gebucht?

Gunnar von unserem Label Gunner Records kennt eine Menge Leute, und einer davon ist der Typ von diesem Gefängnis. Die haben dort ein festes Budget, um ab und zu Veranstaltungen für die Insassinnen zu organisieren und Gunnar schlug vor, dass wir dort spielen könnten. Es hat schließlich geklappt und war sehr cool. Es war gut für die Presse, weil es ja ein interessantes Gesprächsthema ist, es war gut für uns, weil wir ein bisschen Spritgeld verdienen konnten, und es war toll, dass wir für die Frauen dort spielen durften. Dort zu sein, war ein komisches Gefühl – beängstigend, traurig. Als wir da waren, schienen die Frauen sehr fröhlich zu sein, aber natürlich haben die alle Probleme. Viele sind drogenabhängig, manche sind für sechs Monate da, manche für mehrere Jahre, junge Frauen genauso wie alte. Deswegen hat es sich auch gut angefühlt, etwas Nettes für sie zu tun. Sie hatten Spaß und haben getanzt. Einige von ihnen durften vor die Bühne, andere standen oben in den Gängen, vermutlich abhängig vom Gefährlichkeitsgrad. Wir haben eine Zugabe gespielt und die Setlists für sie unterschrieben. Wir durften kein Merch verkaufen, da man keine Gegenstände mit da reinnehmen darf. Das war sicherlich eine besondere Erfahrung. Ich würde es wieder tun.

„Everything Is Hunted“ ist euer erstes Album als fünfköpfige Band mit einem festen Line-up. Warum habt ihr diesen Schritt erst so spät gemacht?

Ich denke, weil wir selbst noch nicht wussten, was wir wollten. Das ist die erste Band, in der ich bin. Davor stand ich noch nicht einmal auf einer Bühne. Sean und ich wussten nur, dass wir etwas machen wollten. Wir hatten nur uns und unsere Gitarren. Daraus wurde „Vielleicht sollten wir uns einen Drummer besorgen“, und dann kam eins zum anderen. Wir richten uns einfach danach, wohin unser Weg uns führt. Auf dem neuen Album wird man zum Beispiel gar kein Banjo und Mandoline mehr hören. Es ist weniger Roots-Rock, dafür mehr Rock’n’Roll mit Hammondorgel, Klavier und zwölfsaitiger Gitarre. Nicht dass wir nicht lieben würden, was wir zuvor gemacht haben, aber alles hat sich einfach so entwickelt. Ich denke, bis spätestens August werden wir etwas Neues veröffentlichen, denn wir wollen im September schon wiederkommen und touren. Wer weiß, vielleicht sind wir dann zu viert, sechst oder siebt.

Wie hat sich der Mitgliederzuwachs auf eure Arbeitsweise ausgewirkt?

Sean und ich haben anfangs viel geschrieben, nun schreibe ich das Meiste. Aber was heißt Schreiben – ich habe viele Texte und Melodien, aber die anderen Jungs in der Band sind großartige Musiker und schreiben einzelne Parts, singen Harmonien und helfen bei den Arrangements. Es hat sich verändert, aber es wurde besser und so viel einfacher. Ich bin kein professioneller Musiker, sondern schrammle einfach so vor mich hin und sehe mich eher als Songwriter. Ich spiele nicht besonders gut Gitarre, doch wenn man tolle Musiker um sich herum hat, macht man besser durchdachte Songs. Aber wir haben immer noch eine Punk-Mentalität.

Ihr habt eine ziemlich große Bandbreite an ungewöhnlichen Instrumenten – nicht viele junge Bands arbeiten mit Lap Steel-Gitarre, Mandoline und Banjo. Wie kommt man darauf?

Ich schätze, dass das gerade eine angesagte Sache ist. Und ich stehe einfach drauf. Ich denke aber, dass eine Band mehr ausmachen sollte, als welche Instrumente gespielt werden. Es geht um die Songs und darum, warum man das macht. Natürlich hat man bestimmte Einflüsse, aber sobald etwas populär wird, bin ich immer dafür, etwas Neues auszuprobieren. Als Cory in die Band eingestiegen ist, wussten wir nicht, was er machen sollte. Als er sagte, dass er ein bisschen Banjo spielen kann, dachten wir: Okay, dann machen wir das. Jetzt spielt er Keyboard, das ist sein eigentliches Instrument und ergibt natürlich viel mehr Sinn. Und ich will das Banjo loswerden, denn ich habe genug davon. Aber vermutlich mögen es die Leute, deswegen sind sie ja schließlich hier, haha.

Du hast ja selbst gesagt, dass ihr diese Punk-Attitüde habt, während eure Musik stark nach Country und Folk klingt. Welche Musiker haben euch beeinflusst?

Wir sind alle mit Künstlern wie THE BAND und Willie Nelson aufgewachsen, aber auch mit älteren Country-Musikern wie Waylon Jennings und gleichzeitig THE BEATLES. Das hat natürlich einen Einfluss. Ich werde aber auch sehr von der lokalen Musikszene in Edmonton beeinflusst, von den Bands, mit denen wir auftreten: FIRE NEXT TIME, AUDIO/ROCKETRY, WHISKEY WAGON ... Das ist schon eine ziemlich wilde Mischung von Einflüssen. Ich finde das toll, denn es bedeutet, dass viele Leute eine Verbindung dazu herstellen können.