Das Debüt der Band aus Wilkes-Barre, Pennsylvania war geprägt von jugendlichem Ausbruch und der Pandemie. Dementsprechend haben sie in der Folgezeit fast jedes Tourangebot angenommen und waren nonstop unterwegs. Auf Album Nummer zwei geben sich ONE STEP CLOSER weiterhin ungestüm, agieren im Hintergrund aber reflektierter und inspirierter. Frontmann Ryan Savitski hat zudem festgestellt, dass es zu Hause doch ganz okay ist – man darf halt nur nicht ständig da sein.
Das letzte Mal haben wir uns im Sommer 2021 anlässlich eures Debütalbums unterhalten. Damals war es euer größter Wunsch, das ganze Jahr über auf Tour zu sein.
Und irgendwie haben wir das geschafft! Wir sind definitiv Vollzeit auf Tour und versuchen, das auch weiterhin zu tun, weil wir es lieben.
Was habt ihr seither erlebt? War es insgesamt eine positive Zeit?
Ehrlich gesagt war es sogar mehr als das, es war einfach unglaublich! Wir haben die Welt bereist und Orte besucht, von denen wir nie gedacht hätten, dass wir je dorthin kommen würden. Mehr kann man wirklich nicht verlangen.
Euer erstes Album hieß „This Place You Know“ und handelte von der Frustration, zu Hause festzusitzen. Hat sich eure Beziehung zu eurer Heimatstadt durch das viele Reisen ein wenig verbessert?
Auf jeden Fall, ja. Ich vermisse es tatsächlich mittlerweile, zu Hause zu sein, und freue mich darauf, am Ende einer Tour wieder zur Normalität zurückzukehren. Ich denke, da „This Place You Know“ hauptsächlich während der Pandemie geschrieben wurde, gab es viele Dinge auf dem Album, die durch die globale Situation verursacht wurden. Jetzt, da das alles praktisch vorbei ist und wir die meiste Zeit unterwegs sind, haben sich meine Gefühle bezüglich unseres Heimatorts Wilkes-Barre deutlich geändert.
Worum geht es nun auf „All You Embrace“? Der Titel klingt ja sehr positiv.
Das ganze Album handelt von Veränderungen und wie wir uns dazu entscheiden, sie freudig anzunehmen. Die Band hat viele Entwicklungen durchgemacht, weil wir so viel unterwegs waren und weil wir in einem Alter sind, in dem jeder als Mensch mehr zu sich selbst findet. Es gibt einige positive Momente und auch solche, die nicht so positiv sind. Für mich fühlt sich „All You Embrace“ wie eine Achterbahn der Gefühle an, haha.
Soundtechnisch scheint ihr viel umgekrempelt zu haben. Auch stimmlich hat sich bei dir offenbar einiges getan.
In meinen Augen hat sich da eigentlich nicht so viel verändert, ich singe auf diesem Album einfach mehr und schreie weniger. „Giant’s despair“ ist der Song, der ein bisschen aus dem Rahmen fällt, aber die anderen beiden Singles hören sich für mich einfach nach ONE STEP CLOSER an. Ich denke, es ist eine natürliche Weiterentwicklung der Band. Wir werden besser im Songwriting und im Spielen unserer Instrumente.
Wie leicht ist euch das Schreiben von „All You Embrace“ von der Hand gegangen?
Wahrscheinlich ist es nie wirklich einfach, ein Album zu schreiben, aber wir haben viele Songs für dieses Album geschrieben. Es fühlte sich ganz selbstverständlich an und die Kreativität schien eine Weile lang ohne Probleme zu fließen. Wir waren im Studio super vorbereitet und hatten mehr Probleme damit, die jetzt richtigen Songs für das Album auszuwählen, als sie tatsächlich zu schreiben.
Kurz nach „This Place You Know“ kam das Debüt von ANXIOUS heraus. Damals gab es noch einige personelle Überschneidungen mit ONE STEP CLOSER. Dann schien es aber, als müsste sich jeder entscheiden, mit welcher Band er weitermachen will.
Es waren sehr schwierige Entscheidungen und alle waren enttäuscht, dass wir uns trennen mussten. Aber es wurde einfach zu kompliziert, unsere Zeit zwischen zwei tourenden Bands aufzuteilen. Letztendlich ist jeder bei der Band geblieben, für die er sich leidenschaftlicher engagiert hat. ONE STEP CLOSER ist mein Baby und ich glaube nicht, dass sich das jemals ändern wird.
Was waren die Haupteinflüsse bei der Arbeit an „All You Embrace“, musikalisch und ästhetisch?
Die sind ziemlich breit gefächert, da jeder einen sehr vielseitigen Musikgeschmack hat. Ich würde sagen, wir haben uns von vielen Bands der Neunziger und Nuller Jahre inspirieren lassen, aber auch die altbekannten Vorbilder wie TITLE FIGHT, HAVE HEART oder TURNING POINT sind geblieben. Was die Ästhetik betrifft, haben wir uns zusammengesetzt und Moodboards erstellt, um die Stimmung der Platte zu definieren. Wir haben uns stark von alten Skateboarding-Sachen inspirieren lassen, die Emerica früher gemacht hat, und von Jim Greco mit seinen Skate-Marken Deathwish und Hammers.
Kurze Zwischenfrage, begreift ihr euch weiterhin als Hardcore-Band?
Unbedingt.
ONE STEP CLOSER is my favourite b(r)and. Wenn man euer Tourmerch und die Produktpalette zur neuen Platte sieht, scheint ihr viel Wert darauf zu legen, Sachen zu haben, die herausstechen und einer Linie folgen.
Style ist uns extrem wichtig. Wir bemühen uns immer, Merchandise herzustellen, das wir selbst gerne tragen würden, und wir haben auch eine Menge Spaß daran, kreativ zu sein. Wenn es die Band nicht gäbe, würden wir wahrscheinlich alle auf irgendeine Weise in der Modebranche arbeiten. Aktuell entwerfen wir etwa neunzig Prozent aller Designs selbst und konzipieren die verrückteren Sachen ebenfalls innerhalb der Band. Hauptsächlich ist unser Gitarrist Ross derjenige, der sich um das Merch kümmert, aber wir tauschen ständig Ideen untereinander aus.
Auch auf euren Bandfotos sieht man in der Regel alles andere als ein paar ungepflegte Typen, die vor eine Kamera gezerrt wurden. Wie intensiv befasst ihr euch mit dem Thema Image?
Wir hatten eine klare Vorstellung davon, wie wir alles für dieses Album gestalten wollten und die Promo-Fotos waren ein Teil davon. Auch hier kamen unsere Moodboards und die Neunziger-Jahre-Ästhetik ins Spiel. Wir haben monatelang mit diesen Ideen gearbeitet, um genau herauszufinden, was wir wollen. Wir haben eine Menge Ideen für verschiedene Promos entwickelt und ich bin super zufrieden damit, was dabei herausgekommen ist.
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