OLLO (PASCOW)

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My little drummerboy – Folge 12

Schlagzeuger deutscher Punk-Bands sind häufig zu einem Schattendasein am hinteren Bühnenrand verdammt und bestechen nur in seltenen Ausnahmefällen durch stilbildende Qualitäten, die den Sound ihrer jeweiligen Band prägen. Eine der rühmlichen Ausnahmen ist Oliver„Ollo“ Thomé von PASCOW, der nun bereits seit 13 Jahren die Trommeln bei Saarlands Punkband Nummer 1 rührt. Über alle vier bisher erschienen Alben der Band ist eine beständige Entwicklung des Drumsounds zu verzeichnen, so dass die Drums heute als gleichberechtigtes Instrument neben dem Gitarrensound der Band locker bestehen können. Die Präzision, mit der Ollo dabei zu Werke geht, sowie sein enormer körperlicher Einsatz bei den Konzerten der Band, machte ein Interview als Drummerboy im Ox unumgänglich.

Ollo, was war zuerst da: Punkrock oder die Leidenschaft, auf irgendwelchen Dingen herumzutrommeln?

Also, getrommelt habe ich schon immer und damit auch ganz schön meine Umwelt genervt. Was das Schlagzeug angeht, bin ich aber ein Spätzünder. Ich habe erst mit 18, 19 Jahren angefangen, mich für dieses Instrument zu interessieren. Vorher habe ich etwas Bass gespielt und vor allem in Bands gesungen. Für Punkrock hingegen kann ich mich begeistern, seit ich etwa zwölf Jahre alt war. Die klassischen Einstiegsdrogen waren bei mir, wie bei vielen anderen wohl auch, DIE TOTEN HOSEN und DIE ÄRZTE. Mit 13 Jahren habe ich dann NIRVANA und BAD RELIGION entdeckt und dann gab es kein Halten mehr.

Kommst du aus einer musikalischen Familie, so dass dir der Rhythmus schon im Blut lag?[

Jein ... Also unsere Mutter hat zu Hause immer viel gesungen, jedoch eher Kirchen- oder Volkslieder. Mein Vater hingegen war reiner Musikkonsument. Durch ihn haben wir in jungen Jahren Country & Western kennen gelernt, Musik, die ich auch heute noch höre. Meine erste selbst gekaufte CD war übrigens, im zarten Alter von elf Jahren, Bruce Springsteens „Born In The USA“. Eine zeitlang haben die Leute die Nase gerümpft, wenn ich das berichtet habe. Heute ist der „Boss“ ja hingegen auch im alternativen Sektor akzeptiert. Allerdings würde ich nicht sagen, dass mir der Rhythmus in die Wiege gelegt wurde. Ich musste da schon viel üben, um halbwegs passabel spielen zu können und auch heute am Ball zu bleiben. Wenn ich das Spielen ein paar Tage oder gar Wochen schleifen lasse, merkt man das. In der Schule war ich auch nie besonders gut in Musik. Mein Bruder Alex, unser Sänger, und ich machen jedoch seit mehr als 18 Jahren zusammen Musik. Wir sind aber beide eher praktisch veranlagt. Das Theoretische liegt uns nicht so.

Welche Umstände haben dich schlussendlich im Alter von 18 Jahren hinter das Schlagzeug verbannt?

Das haben wir PASCOW zu verdanken. In den Anfangstagen der Band haben Alex und ich ja zu zweit angefangen. Alex konnte zu der Zeit ein wenig Schlagzeug und Gitarre spielen, ich allerdings nur etwas Bass. Also musste ich sozusagen an die Trommel, da wir sonst nicht „vernünftig“ hätten proben können. Später kam dann unser erster Basser Michael hinzu, und dann ging es direkt los mit den Konzerten. Seitdem habe ich den Absprung irgendwie auch nicht mehr geschafft.

Wie hast du dir deine ersten Rhythmen beigebracht, die dann auch songtauglich waren?

Also der erste Song, den ich komplett auf dem Schlagzeug spielen konnte, war – Achtung, festhalten! – „Biene Maja“. Ich weiß nicht wieso, aber irgendjemand kam auf die grandiose Idee, dass ich auf unserer Abifeier unbedingt Schlagzeug spielen sollte. Warum wir überhaupt diesen Song gespielt haben, habe ich glücklicherweise in den letzten Jahren verdrängt. Somit waren indirekt Karel Gott und „Flip“ meine ersten Lehrmeister. Die ersten rocktauglichen Beats hat mir dann Alex beigebracht. Er hatte damals ein paar Schlagzeugstunden genommen und war recht fit an der Trommel. Gerade die ersten PASCOW-Songs waren ja sehr, sehr einfach gehalten. Kaum Tempowechsel, alles sehr straight. Wer unser Tape „Charles Bronson Gay Club“ kennt, weiß, wovon ich rede. Aber diese Spielweise hat auch gut zu den Songs gepasst und mehr zu spielen wäre mir auch gar nicht möglich gewesen, ohne dass es richtig peinlich geworden wäre. Die simplen Songs waren also nicht nur pure Absicht, sondern auch das Einzige, was wir ohne allzu große Blamage abliefern konnten. Zu dieser Zeit haben wir auch festgestellt, dass es nicht unbedingt entscheidend ist, was man spielt, sondern vor allem wie man es spielt beziehungsweise präsentiert. Unsere musikalischen Vorbilder waren ganz klar Bands wie RAMONES, MISFITS und LILLINGTONS.

Hast du jemals allein für dich geübt oder immer nur mit Band?

Seit es PASCOW gibt, habe ich ungefähr 90% der Zeit ein gutes Stück entfernt von Gimbweiler gelebt, wo sich unser Proberaum und Hauptquartier befindet. Zu Beginn vier Jahre in Baden-Württemberg und seit einigen Jahren wohne ich in Trier. Eine Fahrt zum Proberaum kostet mich heute also eine knappe Stunde mit dem Auto, one way. Mehr als einmal die Woche proben wir meistens nicht mit der Band. Von daher habe ich auch immer alleine für mich gespielt oder geübt. Anfangs mit einem Übungspad, später beteiligte ich mich an einem Proberaum und hatte dort ein altes Schlagzeug stehen. Seit drei Jahren benutze ich ein elektronisches Kompakt-Set, Roland HD-1, das neben unserem Bett im Schlafzimmer steht. Das Set besitzt einen praktischen Aux-Eingang und so kann ich dann zu Songs vom Band oder dem Computer spielen oder einfach so trommeln. Wobei das Proben mit der Band nach wie vor wesentlich mehr Spaß macht. Die Maschine stichelt halt nicht so schön wie meine Kollegen und umgekehrt.

Apropos „die Kollegen sticheln so schön ...“, wie würdest du den Unterschied zwischen Live-Shows und Studioaufnahmen beschreiben?

Meiner Meinung nach liegt der Unterschied darin, dass man bei einem Konzert – neben einer überzeugenden musikalischen Leistung – das Publikum vor allem durch die eigene Energie mitreißen sollte. Ich finde Schlagzeuger, die live zwar ein perfektes Set spielen, aber dabei dreinschauen, als würden sie sich nebenbei „Verbotene Liebe“ auf einem Bildschirm anschauen, nicht besonders spannend. Nach meinem Verständnis kann man vom Publikum nur so viel erwarten, wie man selbst bereit ist zu geben. Und wenn am Ende beide Seiten verschwitzt, k.o. und glücklich sind, ist es doch perfekt! Im Studio ist der Balanceakt zwischen Tempo und Energie der Knackpunkt. Ich spiele unsere Songs nie mit Klick ein, das bedeutet ich muss penibel auf das Tempo achten, ohne gleichzeitig die Intensität aus den Augen zu verlieren. Denn auch auf Band hört man, wenn das Schlagzeug lustlos eingespielt wurde. In beiden Fällen ist es mir wichtig, von meinen Mitstreitern ein ehrliches Feedback zu bekommen. Denn wir kennen uns ja lange genug, um zu verstehen, dass es meist kein inhaltsloses Nörgeln ist, sondern es darum geht, besser zu werden und als Band zu wachsen.

Gab es irgendwelche Drummer oder einzelne Platten, von denen du dir Tricks abgeschaut hast?

Es gibt schon Drummer, deren Spiel mich sehr beeindruckt. Ich finde zum Beispiel, dass Bobby Schayer bei BAD RELIGION sehr gute Arbeit am Schlagzeug geleistet hat. Er hat einfach den Sound der Band geprägt. Am E-Drum spiele ich gerne zu „Back in black“ von AC/DC, weil die Drums schön mit Druck geradeaus sind, perfekt zum Sound der Band passen und ohne Schnörkel die Platte zum „Grooven“ bringen. Und für AC/DC gilt nun mal ohne Zweifel: „guilty of beeing tight“. Dabei geht es allerdings weniger darum, sich konkrete Tricks abzukupfern, sondern sich inspirieren zu lassen, um die eigene Technik und sein Timing weiter zu entwickeln, zu verbessern. Aber es gibt einfach so viele gute Drummer, die ihren eigenen Stil besitzen, ohne dabei im Bandgefüge allzu aufdringlich zu wirken. Namedropping? Bitteschön: Bill Stevenson, der spielt bei DESCENDENTS zum Beispiel, Derek Grant von ALKALINE TRIO, Tommy Ramone, Vom Ritchie bei DIE TOTEN HOSEN, SPITTIN’ VICARS und und und.

Übst du auch bestimmte Tricks und Techniken oder interessiert dich nur der Song als solcher?

Bestimmte Techniken übe ich weniger. Ich würde mich auch nicht als besonders guten Techniker bezeichnen. Meist erlerne ich neue Sachen, wenn wir an neuem Songmaterial arbeiten. Wenn ich dann etwas spielen möchte und es nicht hinbekomme, setze ich mich so lange hin, bis es klappt oder ich einsehen muss, dass es aktuell eine Nummer zu hoch für mich ist und was anderes spiele. Da ich jedoch sehr ehrgeizig bin, fuchst mich das dann gewaltig. Aber ansonsten bin ich, ehrlich gesagt, kein wahnsinnig gutes Vorbild, was das regelmäßige Üben angeht.

Schleppst du auf Tour immer dein eigenes Schlagzeug mit dir herum oder ist es dir im Grunde egal, auf was für einem Set du trommelst?

Am liebsten spiele ich auf meinem Set. Das klingt so, wie ich es will, und es ist auf mich abgestimmt. Das ist aber kein Muss. Sprich: wenn was Vernünftiges vor Ort ist, nutze ich das auch gerne. Da lege ich auch keinen Wert auf bestimmte Marken oder Ähnliches. Ich spiele ja selbst seit einigen Jahren ein einfaches Standard-Set.

Wie viele Sets hast du schon durchprobiert und auf welchem Set spielst du heute?

Bisher waren es drei Sets. Zu Beginn ein gebrauchtes McCoy oder so, dann ein Secondhand-Sonor Force 3000, das ich auch heute noch als Ersatz benutze. Seit den Aufnahmen zu „Geschichten, die einer schrieb ...“, das war 2004, spiele ich ein und dasselbe Pearl ELX-Set.

Schreibst du deine eigenen Songs oder wie groß ist dein Einfluss auf das Songwriting von PASCOW?

Komplett eigene Songs schreibe ich nicht, aber so mancher Text von mir ist schon auf unseren Alben gelandet. Alex und ich überarbeiten meist gegenseitig unsere literarischen Ergüsse, und wenn beide es gut finden, kommt es zum Einsatz. Ansonsten bringe ich meine Ideen beim Proben oder im Studio schon regelmäßig ein. Da sind eigentlich alle in der Band „allürenfrei“. Wenn es gut klingt, ist es letztlich ja auch egal, von wem es kommt! Und manchmal entsteht aus meinen Initiativen sogar ein Song, aktuelles Beispiel: „Ich bin dann mal durch“.