OLD MAN SKATING ASSOCIATION

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100% Skateboarder For Life

„Skateboarding is Punk Rock“ – diesen Satz hat jeder schon mal gehört. Leider scheint es so, dass er inzwischen für viele nur noch zu einer leeren Parole verkommen ist. Einer, der dafür lebt und dafür sorgt, dass genau das nicht passiert, ist Peter „Dietsches“ Diepes. Er ist 40 Jahre alt, fährt bereits seit 1976 Skateboard und kommt einfach nicht davon los. Später gründete er die internationale „Old Men Skateboard Association“. Da ich wissen wollte, was hinter der ganzen „Organisation“ steckt, besuchte ich ihn in seiner Düsseldorfer Wohnung.

Peter, du hast ja die OMSA gegründet. Worum handelt es sich dabei genau?


„Die OMSA ist ein weltweites Team von alten Säcken, die halt immer noch Skateboard fahren. Ganz wichtig ist, dass sie auf dem Brett immer noch richtig aufs Gas geben, z.B. in Pools fahren, und nicht einfach nur so mit ihrem Longboard durch die Gegend cruisen. Sie sollten natürlich auch noch dem Punkrock verfallen sein.“

Wann und wieso hast du OMSA gegründet?

„Die OMSA habe ich 1987 gegründet. Die Idee gab es damals schon in Venice, Kalifornien. Jim Muir von Dogtown Skateboards hat die damals in den USA gegründet, aber er hat nie wirklich was draus gemacht. Da waren immer nur die Leute aus Venice involviert, und ich habe dann seine Idee adaptiert und ein weltweites Ding draus gemacht. Die Jungs aus Venice sind natürlich alle bei mir aufgenommen worden. Über Jahre ist das dann immer mehr gewachsen, und jetzt gibt es weltweit 60 Mitglieder. Ich wollte und will das Team immer klein halten und viel mehr werden wohl auch nicht mehr dazu kommen. Underground halt.“

Welche bekannteren Namen sind denn in dem OMSA-Team?

„Die bekanntesten sind natürlich Jim Muir, der Gründer von Dogtown Skateboards, Tony Alva, Jay Adams, Steve Olson, Duane Peters und Wes Humpston, der früher die ganzen Grafiken für Dogtown gemacht hat. Also hauptsächlich Skateboard-Legenden, zu denen ich früher auch immer aufgeschaut habe.“

Warum nicht Titus Dittman?

„Mit Titus ist das so eine Sache. Ich habe Respekt vor Titus, da er Skateboardfahren in Deutschland auf ein gewisses Level gebracht hat. Entgegen aller Behauptungen war er aber nicht vom Anfang an dabei - von den Leuten aus Münster hat man hier erst Anfang der 80er etwas gehört. Die Sache ist aber auch die: Titus ist einfach kein Punk und passt nicht in die Gruppe.“

Was sind die Voraussetzungen, um Mitglied zu werden?

„Also, man muss mindestens 30 Jahre alt sein und auch schon mindestens 20 Jahre ohne Pause skaten. Früher gab es halt nicht so viele Leute, aber heute ist es ganz normal, dass Leute schon so lange auf den Brettern stehen. Deswegen haben wir die Regeln noch etwas geändert. Man darf auch einfach nicht danach fragen, ob man aufgenommen wird, hehe. Die Leute suche ich mir halt selbst aus. Als Duane Peters vor Jahren das erste Mal mit den US BOMBS auf Tour kam, habe ich ihn das erste Mal getroffen und ihm von der OMSA erzählt. Er war sofort begeistert und wollte auch unbedingt mitmachen. Das Problem bei den Aufnahmeregeln ist aber auch, dass ich unheimlich vielen Leuten damit vor den Kopf stoße – das mache ich bestimmt nicht gerne. Es gibt schon viele Leute, die da von ihrem Style her reinpassen würden und sich auch damit identifizieren würden, aber dadurch, dass das alles klein gehalten werden soll, ist es halt schwierig.“

Hast du jemals probiert, mit Skateboarden finanziell Erfolg zu haben?

„Nicht wirklich. 1998 haben wir angefangen, die ‚Skateboarding ist Punk Rock‘-Shirts zu machen, und dann kam jedes Jahr ein neues Design raus. Vom ‚Skatepunk‘-Shirt gab es mal 250 Stück, aber ich habe es entweder nicht gerafft, damit richtig Geld zu machen, oder ich wollte es einfach nicht. Ab jetzt ist Skaten ja offiziell wieder Punkrock, aber absolut kacke. Wenn ich zu einem ganz bestimmten Laden in Düsseldorf gehe und in das Schaufenster gucke, muss ich kotzen. Auf der einen Seite der ganze Punk-Revival-Kram wie T-Shirts und Snowboards mit Pushead-Design, auf der anderen Seite der trendy Hip Hop-, Disco-, Scheiß-mich-tot-Style. Ich werde die ‚Duane Peters for President‘-Shirts dort garantiert nicht verkaufen. Ich könnte da bestimmt gut Geld machen, aber ich will mich nicht selbst verkaufen.“

Würdest du gerne mal mit dem OMSA-Team touren und ein paar Demos fahren?

„Um heutzutage eine Demotour zu fahren, können wir, glaube ich, zu wenig. Ein weltweites Treffen fände ich mal angebracht. Sich einfach mal mit den ganzen Jungs treffen, wäre der Hammer. Das einzige Mal, dass es so was Ähnliches gab, war vor Jahren beim Old School-Skate-Jam in Kalifornien. Das war ein Treffen von alten, amerikanischen Skateboard-Legenden. Da war ich dann auch eingeladen, und zumindest die Leute vom amerikanischen OMSA-Team waren alle da. Seine ganzen Helden zu treffen, zu denen man schon immer aufgeschaut hat, und wegen denen man seit 1977 die Skateboardmagazine gekauft hat ... Tony Alva war immer mein Held und ich habe immer gehofft, den mal zu treffen. Er war dann auch total natürlich und locker. Bevor der Jam dann angefangen hat, bin ich dann mit ihm und Tony Hawk eine Poolsession gefahren. Ich war echt extrem nervös und habe wegen meines leeren Magens fast ‘nen Kreislaufzusammenbruch bekommen, hehe. Das ist so, als ob all deine Lieblingsbands auf einem Festival auftreten würden.“

Warum ist deiner Meinung nach Skateboarding überhaupt Punkrock?

„Ich habe mir schon lange überlegt, wie man das erklären soll, aber ich glaube, das geht gar nicht. Man weiß das einfach. Man merkt es, wenn man fährt. Ich kann mich überhaupt nicht damit anfreunden, dass Leute zu Hip-Hop Skateboard fahren können und das dann noch mit zugedröhntem Schädel. Letzteres ist ja inzwischen auch eine traurige Tatsache. Skaten ist immer High Energy und dazu gehört halt die passende Musik. In den 80ern gingen Skateboarding und Punkrock immer Hand in Hand. Damals konnte man Leute noch daran als Skater identifizieren, weil sie Vans getragen haben. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“

Welche Bands waren denn deine ständigen Begleiter beim Rollen?

„Die Band, die mich auf jeden Fall von Anfang an begleitet hat, war DEVO. Das war in den 80ern die Hausband des Skateboardings. Ansonsten waren das auch die ganzen Sachen, die im Ratinger Hof liefen wie z.B. STIFF LITTLE FINGERS, 999, BUZZCOCKS, SEX PISTOLS usw. Das ist halt meine Generation und damit bin ich aufgewachsen. 1987/88 kam dann der ganze California-Kram wie YOUTH BRIGADE, BLACK FLAG, TSOL und CHANNEL 3 dazu. Unsere ersten Punkscheiben, die Sachen, die wir halt aus Magazinen kannten, haben wir damals noch bei Krauses altem Plattenladen ‚Pure Freude‘ in Düsseldorf gekauft, der macht ja inzwischen Hitsville Records ...“

Erzähl mal was über das OMSA-Zine. Worum geht‘s da genau?

„Der Hauptbestandteil ist natürlich das Team. Da gibt es dann Interviews mit den Mitgliedern, aber auch nur mit Leuten wie Duane Peters, Tony Alva und den ganzen Dogtown-Leuten. Das Heft kommt aber auch nur alle vier bis fünf Jahre heraus. Wenn ich Lust habe und auch das ganze Material zusammen kriege, gibt‘s halt eins. Davon werden dann so viele nach Japan verkauft, dass ich die Druckkosten ganz schnell wieder raus habe, hehe.“

Stehen die Japaner denn so extrem auf die ganze OMSA-Sache?

„Ja, total. Japan ist ja irgendwie verrückt nach allem. Damals, als die ‚Skateboarding is Punk Rock‘-Shirts rauskamen, hatte ich die Adresse von einem japanischen Skateshop bekommen, da habe ich denn eine ganz schlechte Kopie von dem Shirt hingeschickt und ganz naiv gefragt, ob sie nicht Bock hätten, das in Japan zu vertreiben. Ich habe dann direkt eine Bestellung von 100 T-Shirts bekommen. Das war dann richtig viel Geld, da ich ja das Dreifache bekommen habe. Seitdem werden da ständig T-Shirts bestellt. Skateboarding geht da auch total voll ab, und mit Satoshi Ono haben wir sogar einen Teamfahrer dort.“

Wie verträgt sich denn deiner Meinung nach Skaten und Saufen?

„Wenn ich ein Bier trinke, ist das auf jeden Fall super. Die Airs werden höher, die Grinds werden länger und man fährt generell viel aggressiver. Zwei gehen vielleicht auch noch, aber darüber hinaus geht für mich sonst nichts. Auf Dauer verträgt sich der Alk halt nicht mit dem Gleichgewichtssinn. Wenn du dir Besoffene anschaust, die gerade aus der Kneipe kommen, siehst du ja, wie die torkeln. Wie soll man da denn noch anständig skaten? Ich verstehe es auch nicht, wie man bekifft Skateboard fahren kann. Dadurch wird man total lahm, obwohl man eigentlich aggro sein sollte.“

Warst du denn mal gesponsort und hast als Profi ordentlich Geld verdient?

„Nein, so gut war ich halt nie, aber ich denke, jeder träumt davon. Geld verdienen kann man aber erst seit ein paar Jahren damit, seitdem Leute wie Tony Hawk fette Werbeverträge bekommen haben. Der ist ja echt die Chef-Nutte im Skateboardbusiness. Der verkauft sich echt an alles, was Geld bringt. Ich fahre ab und zu halt Contests mit, eher so Oldschool-Kram, da ich, trotz langer Zeit auf dem Brett, nie so richtig gut war. Letztens bin ich in einem Team mit zwei anderen sogar Erster geworden, aber das lag auch daran, dass ein Gruppenmitgleid echt total super war. Da habe ich das erste Mal Geld verdient und zwar 160 Euro, hehe.“

Findest du, dass die Skateszene zu krass kommerzialisiert wird?

„Da gab es ja erst letztens eine Diskussion zum Thema ‚Skateboarding zwischen Hardcore und Kommerz‘. Es ist eine schwierige Sache. Ich probiere teilweise auch, mein Geld damit zu verdienen, auch wenn ich mich jetzt nicht verkaufe. Es geht wirklich darum, ob man sich selber verkauft oder nicht. Ich würde z.B. nie ein Sponsoring von irgendwelchen Schokoriegeln annehmen. Die größte Hure der Industrie ist nun mal Tony Hawk, auch wenn der eine Familie mit drei Kindern am Arsch hat. Ich las letztens sein Buch ‚Zwischen Boardslides und Burnout‘, und das ist ein beschissenes Yuppiebuch. Das ist eine Art Tourtagebuch mit seinen ‚besten‘ Storys, und er schreibt die ganze Zeit nur davon, welcher Sponsor ihn wohin eingeladen hat, und in welchem Fünf-Sterne-Hotel er gewohnt hat. Zwischendurch schreibt er auch über ein paar Demos, aber danach macht er wieder Werbung für sein Laptop. Das ist absolut zum Kotzen. Ich meine, es gibt nichts Besseres, als mit dem Geld zu verdienen, was man liebt. Ich baue z.B. zur Zeit auch eine Skatehalle in Solingen. Das Projekt wird von der Stadt und durch Spenden finanziert. Ich bin da jetzt temporär angestellt, und wenn das Projekt fertig ist, bin ich erst mal arbeitslos. Ich hoffe, dass ich dann erst mal so schnell wie möglich wieder nach Kalifornien komme. Ich bin halt irgendwie nicht fürs arbeiten geboren, hehe.“

Wie ist das eigentlich so in deinem Alter mit Unfällen und generellen skatebedingten Beschwerden? Schon Verschleißerscheinungen?

„Ich sag nur: Ischias, Arthrose und Knieprobleme. Das sind bei mir so unumgängliche Probleme, vor allem wenn man noch probiert, der Held auf dem Brett zu sein und nicht begreift, dass der Körper nicht so mitmacht wie vor 20 Jahren. Die Schmerzen merkt man aber auch immer erst hinterher, denn beim Fahren selber ist die Euphorie zu groß. Die Schmerzen gehören aber auch einfach dazu. Ich glaube, Skater sind auch alle irgendwie Masochisten und mögen es halt auch gerne, wenn sie mal auf die Fresse fliegen, hehe. Ich glaube, das Schlimmste, was mir jetzt in 26 Jahren passiert ist, war vor vier Jahren ein Bänderriss im Knie. Da konnte ich erst mal drei Monate nicht mehr fahren, und es war mitten im Sommer. Ich musste auf Krücken erst mal wieder laufen lernen und beim Skaten kam es mir vor, als müsste ich wieder ganz von vorn anfangen. Andere hätten in so einer Situation bestimmt schon aufgehört, aber ich habe sogar noch neue Tricks gelernt. Ich bin zwar 40 Jahre alt, fühle mich aber nicht so und lebe auch nicht so. Es ist einfach nur eine Zahl für mich.“