OBITS

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Rick the monosyllabic

Das Wörtchen „moody“ im Titel des zweiten OBITS-Album „Moody, Standard And Poor“ darf man wohl getrost wörtlich nehmen. Denn gutgelaunte und ausführliche Antworten von Rick Froberg schienen vor allem in den letzten Jahren Mangelware geworden zu sein, und auch für uns machte der notorisch wortkarge OBITS-Sänger und Gitarrist keine Ausnahme. Nach einem mehr oder weniger gescheiterten Interview-Versuch meldete er sich aber zuletzt doch noch etwas „gesprächiger“ zurück. Die Karriere des viele Jahre in San Diego beheimateten Musiker und Zeichners startete Mitte der Achtziger zunächst als Sänger der Post-Hardcore-Formationen PITCHFORK und DRIVE LIKE JEHU, in denen er zusammen mit seinem langjährigen Kumpel John „Speedo“ Reis spielte (später Frontmann der legendären ROCKET FROM THE CRYPT wurde), als beide noch Teenager waren. Mit den vom WIPERS-Gitarrensound beeinflussten HOT SNAKES gelang den beiden in den Jahren 1999 bis 2006 dann ein Sound, dessen Einfluss auf die Post-Punk-Welt durch ihre drei außergewöhnlich guten Alben wie auch die zwei DRIVE LIKE JEHU-Platten bis heute enorm hoch ist. Nach dem vorläufigen Split der HOT SNAKES 2006 gründete Speedo THE NIGHT MARCHERS, Rick die in Brooklyn, NYC ansässigen OBITS. Deren drittes Album „Bed & Bugs“ erschien jetzt wie gewohnt auf Sub Pop aus Seattle.

Habt ihr irgendwelche allergische Reaktionen von den verschiedenen Betten auf der letzten Touren bekommen? Der Titel der neuen Platte lässt es zumindest vermuten ...


Nein, ich glaube nicht. Bislang zumindest. Möglicherweise hat mich in Halifax aber irgendwas gebissen, habe ich das Gefühl. Das könnte aber auch eine Spinne gewesen sein. Oder unser Drummer Alexis.

In einem zurückliegenden Interview sprichst du darüber, wie unzufrieden du mit dem Mastering eurer ersten Platte bist, da es heutzutage so gemacht werden muss, um mit der intendierten Lautstärke digitaler Releases mithalten zu können, was die Soundqualität auf Vinyl jedoch drastisch mindert. Habt ihr dafür schon eine Lösung gefunden?

Nicht wirklich. Ich denke, die einzige Möglichkeit wäre, tatsächlich extra ein eigenes Mastering für jedes Format machen zu lassen. Sprich: einmal für digital, einmal für Vinyl und einmal für CD. Konsequenterweise müsste man das so handhaben. Hilfreich wäre außerdem, gelegentlich einen Typen parat zu haben, der sich auf das Mastern von Vinyl-Releases spezialisiert hat.

Wo wir schon über die digitale Welt sprechen: ich habe manchmal das Gefühl, eine Band kann heutzutage mit dem immensen Media-Coverage, vor allem über das Internet, nicht mehr wirklich so legendär werden, wie es die BEATLES, SEX PISTOLS oder NIRVANA wurden ... was denkst du?

Offensichtlich kann durch das Internet jeder auf die Schnelle all das über einen Künstler in Erfahrung bringen, was früher nur der krasseste Fan und Sammler geschafft hat. Heute lässt sich jeder ständig beschallen und liest Sachen nach ... oder könnte es zumindest, wenn er Bock darauf hat. Was Bands betrifft, gibt es fast keine Geheimnisse mehr. Es scheint also tatsächlich fast unmöglich geworden zu sein, in dieser Atmosphäre noch zu einer derartigen Legende zu werden. Es ist besser, sich über so etwas nicht den Kopf zu zerbrechen und einfach weiterhin das zu machen, was man eben tut.

J Mascis von DINOSAUR JR. meinte in einem Interview mal, seine Texte wären ihm so ziemlich egal, man müsse eben irgendwas singen. Du druckst deine Texte bei OBITS auch nicht im Booklet ab, und bringst sie teilweise erst auf den letzten Drücker an. Wie wichtig sind dir die Texte?

Eigentlich sind und waren sie mir immer sehr wichtig. Ich lasse sie darum nicht im Booklet abdrucken, weil sie in gesungener Form wahrgenommen werden sollen – ob sie nun wörtlich verstanden werden oder nicht. Wenn man sie buchstäblich versteht, ist das für mich okay, aber der Hörer wird den Kontext sowieso nicht verstehen. Das ist auch ziemlich egal. Ich habe sowieso das Gefühl, ich könnte, wie J Mascis, genauso über nichts Spezielles singen, und es würde dann auch so niemanden kümmern.

Deine Art zu singen beziehungsweise deine Stimme verändert sich auf der neuen Platte teilweise drastisch von Song zu Song, wie kam das?

Das hat diesmal eben auf diese Weise am besten funktioniert. Ich habe die Songs einen nach dem anderen aufgenommen und dabei versucht, jeden Song so zu behandeln, wie er sich am besten anfühlt, während ich im Auge behalten habe, auf was ich im Besonderen achten muss.

Schon auf der letzten Platte waren die Texte größtenteils eher pessimistisch, mit Zeilen wie „I’m so tired of my dreams“. Hat sich daran etwas geändert?

Ja, das kann gut sein, dass die eher pessimistisch angelegt waren und auch so rüberkommen. Ich habe mich zu der Zeit nicht besonders gut gefühlt. Auf der neuen Platte ist das ähnlich. Allerdings, eine bestimmte Zeile ist bei unseren Aufnahmen oft einfach nur ein Take. Das heißt, wenn es sich als passend herausstellt und gut oder gut genug für die Aufnahme ist, wird die Zeile eben als definitive Version genommen. Der Text hätte also letztlich auch ganz anders lauten können.

Wenn ich mir deine Bands mal so anschaue, begonnen bei PITCHFORK und DRIVE LIKE JEHU, dann HOT SNAKES und jetzt OBITS, bist du eigentlich schrittweise poppiger geworden. Ist es dir lieber, im Alter musikalisch verständlicher zu werden?

Nicht bewusst, nein. Ich verstehe in diesem Kontext auch nicht wirklich, was poppig bedeuten soll. Wenn du etwas glattere Musik mit Dur-Akkorden und weniger Dissonanzen meinst, dann finde ich, passt das Wort nicht so sehr zu uns. Wenn du damit aber meinst, dass wir populäre Musik machen, und so würde ich deine Frage auffassen, sprechen wir beide wohl über zwei verschiedene Bands.

Einige der OBITS-Mitglieder kommen aus dem D.C./Dischord-Umfeld, Sohrab war bei EDSEL, Alexis bei GIRLS VS BOYS und SOULSIDE. Welchen D.C.-Song würdet ihr gerne mal covern?

Bei HOT SNAKES haben wir damals schon den GOVERNMENT ISSUE-Song „Time to escape“ gecovert. Aber für OBITS? Hm, vielleicht „Famous last words“ von 9353.

Deine musikalische Karriere hat viel mit der eines gewissen John Reis, dem Frontmann von ROCKET FROM THE CRYPT, zu tun. Hast du noch den Moment in Erinnerung, als ihr euch das erste Mal getroffen habt? Wann habt ihr beschlossen, zusammen Musik zu machen?

Wir haben uns damals auf einer Hardcore-Show kennen gelernt, die hieß „Mariner’s Point Anarchy Picnic“, da hat auch seine damalige Band COITUS INTERRUPTUS gespielt. Ich weiß noch, dass da irgendwann die Bullen auftauchten und einige der Kids verprügelt haben. Wenig später gründete John dann PITCHFORK, ich war allerdings nicht von Anfang an eingeplant. Ich kam dazu, nachdem John meinte, er würde es bevorzugen, nicht derjenige sein zu müssen, der in dieser Band singt. Da ich der Einzige war, der ein bisschen Kohle für eine PA springen lassen wollte und Bock hatte, den Job des Sängers zu übernehmen, kam ich in die Band.

Du bist neben deiner Musik als Illustrator tätig. Ich nehme an, dein Job erlaubt dir die Flexibilität, so viel auf Tour zu gehen, wie ihr das mit OBITS macht?

Das stimmt! Es ist aber wiederum so, dass ich auf Tour unmöglich arbeiten kann, also ist es für mich eigentlich gar nicht so toll. Dazu kommt, dass ich mein eigener Chef bin und dieser Chef leider nicht der strengste ist.