OAKEN

Foto

Totalitarismus

2010 wurde Viktor Orbán zu Ungarns Ministerpräsident gewählt. Seitdem hat sich vieles im Land geändert, manche sprechen gar von einer Gleichschaltung der öffentlich-rechtlichen Medien. Nun kommt eine junge Hardcore-Band aus Budapest daher und veröffentlicht ein Album namens „King Beast“, das sich in jedem Song mit einem anderen totalitären Herrscher der Vergangenheit auseinandersetzt. Grund genug, der Sache mit Zoltan, Gabor und Daniel mal genauer auf den Grund zu gehen.

In Deutschland kennt euch die geneigte Hörerschaft schon von einigen hervorragenden Split-Platten, nun kommt euer erstes richtiges Album raus. Stellt euch bitte vor.


OAKEN wurde 2012 gegründet, wir kennen uns alle aus der ungarischen Szene. Vorrangig ging es uns darum, etwas anderes zu machen als das, was wir jeweils mit unseren vorherigen Bands gemacht hatten. Zu Beginn gab es in der Besetzung einige Veränderungen, allerdings war uns immer klar, dass wir monumentale Musik mit einer düsteren Atmosphäre machen wollen. Wir haben bis jetzt eine Split-CD mit WOLF SHAPED CLOUDS veröffentlicht sowie eine 12“ mit LOCKTENDER, COMA REGALIA und WOUNDED KNEE und eine Split-LP mit MARNOST. In den letzten Jahren haben wir auch einige kleinere Touren gemacht.

„King Beast“ ist also euer erstes Album nach den Split-Releases mit Bands aus unterschiedlichen Genres. Das Album klingt etwas aufgeräumter als die früheren Songs, als hättet ihr ihnen einfach mehr Zeit zur Entwicklung eingeräumt. Wie laufen die kreativen Prozesse innerhalb der Band beim Songwriting ab?

Wir haben das Album komplett im Proberaum geschrieben, alle Bandmitglieder waren somit bei dessen Entstehung ständig anwesend und in den Prozess integriert. Allerdings ist es so, dass jeder von uns zuvor für sich alleine Ideen ausgearbeitet hat, die er dann in den Proberaum mitgebracht und den anderen vorgestellt hat. Die Arbeit an dem ganzen Material war recht anstrengend, denn es bedeutete auch eine intensive Auseinandersetzung mit den Ideen aller Bandmitglieder, aber letztendlich ist etwas dabei herausgekommen, das wirklich ein großes Ganzes ist. Sicherlich war es für uns alle die bislang härteste kreative Erfahrung, aber jetzt sind wir ziemlich stolz auf das Album. Wir alle sind richtige Musikjunkies, hören die unterschiedlichsten Sachen von Metal bis Folk, allerdings war es nicht unser Ziel, alle möglichen Einflüsse im Album unterzubringen. Wichtig war uns eher, unterschiedliche Stimmungen einzufangen und diese in die einzelnen Songs einzubinden.

Okay, wie beim Blick auf die Texte ziemlich schnell deutlich wird, setzt ihr euch in jedem Song mit einem anderen Despoten auseinander, wie etwa Pol Pot oder Idi Amin. Was steckt hinter diesem Konzept?

Diese Idee kam uns bereits auf einer Tour vor zwei Jahren. Jeder Song ist von einer historischen Persönlichkeit inspiriert. Die einzelnen Geschichten werden allerdings von uns dazu benutzt, um Auslöser des Bösen ausmachen zu können, es soll keine direkte Kritik sein; Gier nach Macht und Rücksichtslosigkeit sind eben Kräfte, für die diese Menschen berüchtigt geworden sind.

Welche Parallelen lassen sich zur heutigen politischen Situation ziehen, gerade bei euch in Ungarn, wo Viktor Orbán in den letzten Jahren die Menschenrechte doch arg strapaziert hat?

Das Album konzentriert sich ganz klar auf aktuelle Machthaber, Jedoch stellen wir sie motivisch über die Gräuel der Vergangenheit dar. Allerdings hat „King Beast“ einen universellen Anspruch und uns gefällt die Idee nicht, dass wir uns zum Beispiel direkt auf Orbán beziehen könnten.

Um noch mal ein wenig bei dieser Sache zu bleiben – Ungarn wehrt sich sehr gegen Flüchtlinge, wesentlich vehementer als viele andere Staaten in Europa. Wie ist die Stimmung in Ungarn, welchen Einfluss hat sie auf eure Musik?

Die Regierung nutzt die Stimmung im Lande, um ihre Macht zu demonstrieren, letztendlich steckt aber auch dahinter nicht mehr als reine Habgier. Schon längst hat die Regierung jegliche Glaubwürdigkeit verspielt, spätestens seit sie einige gravierende Verfassungsänderungen durchgesetzt hat, die notwendig waren, um Propaganda gegen unterschiedliche Gruppierungen machen zu können. Positiv ist aber zu erwähnen, dass die meisten Leute den Flüchtlingen gegenüber doch sehr offen sind und sie ihre Meinung nicht im Handeln der Regierung repräsentiert sehen.

In Deutschland ist nicht allzu viel bekannt über die ungarische Punk/Hardcore-Szene.

Derzeit ist die Situation richtig gut! Es gibt jede Menge Leute, die sehr aktiv sind, in Bands spielen und Konzerte organisieren. Es gibt auch eine Reihe von Clubs, in denen Shows stattfinden, allerdings existiert leider kein Raum, der ausschließlich mit der Szene assoziert wäre. Daher bräuchte man schon eine Räumlichkeit, um mehr bewegen zu können, eben auch Dinge, die über die Musik hinausgehen.

Wie seid ihr mit dem deutschen Label Alerta Antifascista in Kontakt gekommen?

Bevor es OAKEN überhaupt gab, haben wir bei Timo von Alerta Antifascista schon Platten bestellt und waren ihm bei Touren seiner Bands in Ungarn behilflich. Vor zwei Jahren haben wir ihn in Berlin wiedergetroffen und beschlossen, mit seiner Hilfe ein Album herauszubringen. Es ist grandios, welches Vertrauen und welche Unterstützung uns durch sein Label gegeben wird.