NOTHINGTON

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Noch einmal mit viel Gefühl

Wer auf hymnenhaften Punkrock steht, kommt an NOTHINGTON einfach nicht vorbei. Das erste Album „All In“ von 2007 und den Nachfolger „Roads, Bridges And Ruins“ von 2009 schätze ich sehr, denn wirklich jeder Song auf der Platte ist ein echter Superhit. Das 2012 erschienene Album „Borrowed Time“ zeigt die Band vielseitiger, ohne aber ihre Trademarks zu vernachlässigen. Das Gespür der Band, vor allem geprägt durch die beiden Songwriter Chris und Jay, persönliche Themen in kräftige Lieder mit zahllosen Hooklines zu verpacken, trifft den Nerv vieler Musikhörer und so ist es auch kein Wunder, dass NOTHINGTON über die Jahre eine große und vor allem treue Fangemeinde aufbauen konnten. Auf „Borrowed Time“ folgten noch zwei Split-7“s, eine mit PAPER ARMS und eine mit den fantastischen DOWNTOWN STRUTS, sowie 2013 die B-Seiten-Sammlung „Lost Along The Way“. Anlässlich des neuen Albums „In The End“ sprachen wir mit Sänger und Gitarrist Chris.

Chris, nach einer längeren Pause erscheint endlich eure neue Platte. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

Es ist schön, dass die Leute sie endlich hören können. Wir haben wirklich intensiv daran gearbeitet und sind nun auf die Reaktionen gespannt. Nun ja, das Leben ist passiert. Wir mussten ein Menge aufholen, weil wir so viel auf Tour waren. Unser Zuhause, unsere Familien, Freunde, berufliche Entscheidungen, das haben wir alles irgendwie schleifen lassen. Eine lange Zeit habe ich mich zu Hause nicht richtig stabil gefühlt. Doch jetzt sind wir alle wieder startklar und wollen endlich wieder raus und leidenschaftlich Musik machen.

Es ist sicherlich komisch, ein quasi fertiges Album für längere Zeit einfach rumliegen zu haben. Habt ihr noch irgendetwas daran gemacht, als klar war, dass es veröffentlicht wird?

Wir haben jedenfalls nichts neu aufgenommen, wenn du das meinst. Wir waren soweit mit dem Ergebnis zufrieden, doch innerhalb des letzten Jahres haben wir noch einige Sachen hinzugefügt. Zum Beispiel hatte ich hier und da noch ein paar Ideen für den Backing-Gesang und für die Leadgitarre. Solche Dinge haben wir dann noch in den Mix integriert und ich bin froh, dass diese Details nun noch zu hören sind.

Sind nur neue Songs auf „In The End“ zu hören?

Ja, sie wurden zwar über die letzten Jahre geschrieben, aber sie brauchten eben ihre Zeit, bis sie endlich so waren, wie sie jetzt sind. Für mich sind es mit die besten Songs, die wir je geschrieben haben, eben weil wir uns die Zeit dafür genommen haben.

Die Band hat auch mal wieder ein neues Line-up ...

Ryan spielt seit sechs oder sieben Jahren Bass für uns auf Tour und er kam in die Band, kurz nachdem „Borrowed Time“ rauskam. Außerdem hatten wir ja bei jedem Album bisher einen anderen Bassisten, es ist also nichts wirklich Neues. Und Luke, unser neuer Drummer, und ich kennen uns schon lange. Wir sind zusammen aufgewachsen und er hat 2010 schon mal bei NOTHINGTON gespielt, als wir auf Tour waren. Er war dann zu den COBRA SKULLS gegangen.

Gab es durch das geänderte Line-up neue Einflüsse?

Luke hat einen umwerfenden Schlagzeugstil, von dem eine Menge auf der Platte zu hören ist. Er ist einer meiner Lieblings-Punkrockschlagzeuger und es ist toll, mit ihm im Studio und live spielen zu können. Allerdings schreiben Jay und ich alle Songs, von daher ist „In The End“ immer noch eine klar erkennbare NOTHINGTON-Platte.

Eine Punkrock-Band hat meistens einen klar abgesteckten Rahmen, was das Songwriting anbelangt, und je mehr Alben man macht, desto schwieriger wird es, neue Songstrukturen oder Akkord-Sequenzen zu entwickeln, ohne dass man sich zu sehr wiederholt. Wo holt ihr eure Inspirationen her?

Ich für meinen Teil habe sie durch meine persönlichen Erfahrungen und vom Leben selbst. Wenn ich einen Song schreibe, denke ich nicht großartig an Akkorde, sondern daran, wie ich es hinkriegen kann, dass der Song wie das Gefühl klingt, das ich in dem Moment habe. Aber höre ich mir auch viel Musik an, alte wie neue Bands, und die beeinflussen mich natürlich auch.

„In The End“ klingt ausgearbeiteter als „Borrowed Time“, oder was denkst du?

Ja, wir haben viel Zeit in die Lieder gesteckt und ich denke, die Leute werden das hören. Und diese Fülle an Details hatten wir bei unseren vorherigen Platte nicht. Dinge wie Gitarrentexturen und ganz leichten Hintergrundgesang, ein dezentes Piano oder eine Akustikgitarre. So etwas macht einen gravierenden Unterschied im Gesamteindruck aus. Du kannst es zum Beispiel mit den Platten von AGAINST ME! vergleichen, bei denen sind die alten Alben auch anders produziert als die neueren. Bei uns ist es nicht ganz so offensichtlich, aber ähnlich.

Hat „In The End“ ein übergreifendes Thema?

Jeder Song steht wie immer für sich allein. Für mich ist das eine ehrliche Art und Weise, ein Album zu schreiben. Ein Lied nach dem anderen machen mit den Gefühlen, die einen gerade in diesem Moment inspirieren.

Wie schreibt ihr eure Songs? Bringen du oder Jay schon fertige Lieder mit oder tüftelt ihr gemeinsam an Ideen?

Wir machen beides. Manchmal bringe ich einen komplett fertigen Song mit und manchmal habe wir einfach Ideen, die wir dann nach und nach ausarbeiten.

Auf eurer Split-7“ mit den DOWNTOWN STRUTS habt ihr „Territorial pissings“ von NIRVANA gecovert. Wie kam es dazu?

Das war einer meiner Lieblingssongs von NIRVANA, als ich ein Teenager war. Es ist keiner ihrer Hits, aber für mich ist das einer der punkigsten Song, die je geschrieben wurden. Ich mag ihn einfach.

Die Veröffentlichung von „In The End“ fällt mit dem zehnten Geburtstag eures ersten Albums zusammen. Gibt es besondere Erinnerungen aus all den Jahren?

Klar, es gibt eine Menge herausragender Momente. Ein Besonderer, an den ich mich erinnern kann, war beispielsweise, als wir 2010 unsere erste Tour in Deutschland machten. Es war mit die schönste Zeit in meinem Leben. Wir flogen über den Ozean und die Leute kannten unsere Lieder, obwohl wir noch nie dort waren. Das war der reine Wahnsinn, zu sehen, wie groß die Reichweite von Musik sein und wo sie dich selbst hinbringen kann.

Aber ihr könnt vermutlich nicht von der Band leben. Wie anstrengend ist es, Familie, Arbeit und Musik unter einen Hut zu bekommen?

Manchmal ist es sehr schwierig, all diese Dinge in Balance zu halten. Das war ja auch der Grund, warum wir uns die Auszeit genommen haben, nachdem wir so viele Jahre der Musik wegen auf Tour waren.

Mit Donald Trump habt ihr einen neuen Präsidenten. Wie wird euch das als Band oder privat beeinflussen?

Wir werden noch sehen, inwieweit uns das direkt betreffen wird. Mich persönlich hat sein Wahlsieg dazu angeregt, etwas zu machen, das unser Land auf eine Art verändert, wie ich es mir wünsche. Ich arbeite aktuell an einem Wohltätigkeitsprojekt, das „For The Cause“ heißt. Alle Einnahmen sollen direkt an Organisationen gehen, welche die Rechte von Frauen, Umweltschutz und Bürgerrechte unterstützen. Ich organisiere das selbst mit der Hilfe von ein paar tollen Leuten und anderen Bands aus der Punk-Szene. Ich will mir die Zustände hier nicht länger einfach nur ansehen. Die Website wird hoffentlich im Januar 2017 online gehen, so dass wir wirklich etwas bewirken können und das für gute Zwecke.

Kannst du dir vorstellen, einen politischen Song zu schreiben?

Klar, ich kann mir das sehr wohl vorstellen. Vor NOTHINGTON habe ich in politischen Bands gespielt und ich würde auch gerne mal so einen Song mit NOTHINGTON machen, aber es hat sich bis jetzt einfach noch nicht ergeben.

Mit dem Release von „In The End“ tourt ihr durch Europa, bevor ihr damit in den Staaten unterwegs seid. Hat das einen bestimmten Grund?

In Europa läuft es für viele Bands generell besser und die Leute fassen meiner Ansicht nach neue Musik schneller auf. In den USA brauchen die Leute einfach ein bisschen länger, um eine Platte richtig zu verstehen. Deshalb macht es keinen Sinn, hier zu touren, bevor die Platte nicht ein oder zwei Monate raus ist.

Durch eure ausgiebige Tourerfahrung hattet ihr vermutlich auch die Gelegenheit, verschiedenste Biersorten zu testen. Welche waren die besten?

Ich bin kein Bierexperte, aber ich mag helles Bier. Meistens trinke ich Pabst und Anchor Steam. Aber ich wäre froh, wenn die Leute mir ein paar Empfehlungen geben könnten, wenn sie uns treffen!