NOTHINGTON

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Bye bye, Geheimtip!

Ja, der Hype kann endlich weiter gehen: NOTHINGTON, meine Lieblinge von 2010 sind noch heiß und dieser Tage gleich omnipräsent: Single, Tour, neues Album und das noch als Geheimtip! Auch wenn die Rillentiefe der genialen „Roads, Bridges And Ruins“-LP so langsam in kritische Bereiche kommt, dreht dieses kleine Meisterwerk fleißig seine Runden auf dem Player. Was in der Zwischenzeit von den Mitstreitern so kam, konnte mich kaum in diesem Maße begeistern und so hieß es warten, bis es endlich in dicken Lettern zu lesen war: „... time to get a movin’!“ In diesem Herbst ist es also soweit. Das Quartett macht natürlich alles richtig und Ausreden jedweder Art, dass neue Tunes nicht mehr kicken können, braucht ihr euch gar nicht erst ausdenken. Mächtig angefixt von der gelungenen Single „More Than Obvious“, die neben zwei neuen Tracks, bereits bekannte Nummern in purer, semiakustischer Form bringt, und voller Vorfreude auf das neue Album „Borrowed Time“, schickte ich Chris (Gitarre, Gesang) einige Fragen.

Deutschland scheint für euch generell ein sehr guter Ort zum Touren zu sein, oder?

Es ist immer absolut großartig, in Deutschland zu touren. Die Veranstalter sind fast immer respektvoll und zuvorkommend. Das kennen wir von zu Hause fast überhaupt nicht. In den Staaten pflegen Promoter und Veranstalter oft keinen vernünftigen Umgang mit kleineren Bands. Die deutschen Fans sind auch absolut klasse und unterstützen uns sehr. Aus diesen Gründen gibt es bei euch einige unserer absoluten Lieblingsstädte für Auftritte, weltweit!

Wie fühlt es sich eigentlich an, tausende Kilometer von zu Hause entfernt zu sein und doch den gleichen „Scheiß“ zu spielen?

Für uns fühlt sich großartig an, weit weg von zu Hause zu sein und den ganzen Weg über den Teich auf sich zu nehmen, um schließlich für die Leute zu spielen, die es richtig zu schätzen wissen, dass wir für sie da sind. Und nur für sie! Wir sind schon richtig zappelig und können es kaum erwarten, endlich wieder auf die Bühne zu kommen.

Bands aus Übersee fühlen sich oftmals interessanter an, was es natürlich für die hiesigen umso schwerer macht, überhaupt wahrgenommen zu werden. Welche Bands habt ihr auf euren bisherigen Touren entdeckt, die es durchaus verdient hätten, mal in den Staaten zu spielen?

Ich würde liebend gerne irgendwann mal ALL ABOARD! oder die DRIFTWOOD FAIRYTALES in den Staaten sehen, aber ich denke, das amerikanische Publikum ist weniger offen beziehungsweise interessiert daran, Bands aus Übersee zu sehen. Die Amerikaner sind allgemein viel zu verwöhnt mit so vielen großartigen, tourenden Bands, dass sie einer Band, von der sie noch nie vorher etwas gehört haben, nicht wirklich viel Aufmerksamkeit schenken. Die allermeisten Tonträger europäischer Bands werden hier nicht vertrieben, so dass die Nachfrage nach Bands aus Deutschland entsprechend gering ist. Es ist sehr bedauerlich, dass das Publikum hier dadurch eine Menge großartige Bands verpasst.

Welche sonstigen Unterschiede bezüglich der Punk-Indie-Szene habt ihr auf euren Touren durch Europa feststellen können? Weniger kommerziell, mehr authentisch – oder überall derselbe Scheiß?

Ich denke, Musik aus Europa ist in vielen Belangen sehr gut. Das ist auch sicher nicht der Grund, warum es die Bands so schwer haben, zu uns zu kommen. Es liegt wohl eher am Publikum, das regelrecht überschüttet wird. Niemand könnte es je schaffen, alle Bands da draußen zu hören, selbst wenn er wollte. Bands brauchen in den Staaten massive Unterstützung durch Labels und entsprechende Promoarbeit, um überhaupt in den Focus des amerikanischen Publikums zu kommen. Für eine Band aus Deutschland, die eben kein starkes Label im Rücken hat, um ihre Musik ordentlich zu pushen, wird es ganz, ganz schwer, Aufmerksamkeit zu bekommen. In Europa gehen die Leute allgemein mehr zu Shows, um Bands für sich selbst zu entdecken. Das ist großartig – für das Publikum und für die Bands.

Bevorzugt ihr es, alleine als Headliner zu touren mit wechselnden lokalen Support-Acts oder lieber in einem Paket zusammen mit befreundeten Bands? Ich denke hier vor allem an die lange Zeit on the road ...

Wir sind immer gerne mit anderen, befreundeten Bands unterwegs, wenn wir es können. In einer Gruppe von Freunden lässt es sich einfach besser reisen. Man kann sich auch besser unterstützen, vor allem beim Tragen der Technik, haha. Außerdem ist das auch ein Stück Heimat. Ob Headliner oder mal Support in einem „fremden“ Tour-Paket, wir mögen beides. Ich denke, alles hat da seine Vorteile.

Das neue Album heißt „Borrowed Time“. Wo liegen die Unterschiede zu „Roads, Bridges And Ruins“, gibt es Überraschungen?

Das Album wird sich von unseren beiden Vorgängern definitiv abheben, aber ich denke Leute, denen die alten Sachen gefallen haben, werden es sicher auch gut finden. Der charakteristische Sound ist natürlich noch da. Als Band sind wir aber gewachsen, haben uns beim Songschreiben entwickelt. Jay und ich arbeiteten sehr eng miteinander, wir wechseln uns zum Beispiel beim Gesang jetzt viel mehr ab. Einige Songs klingen wie von unserem Debüt, während andere wiederum eher wie die von „Roads, Bridges And Ruins“ klingen. Generell haben wir uns bei allen Songs mehr Gedanken um Aufbau und Struktur gemacht. Für viele wird sie melodischer klingen, vor allem wenn sie die älteren Sachen mögen. Ich denke aber, das ist einfach das Ergebnis, wenn man versucht, möglichst kreativ zu sein und jeden Song so gut wie möglich zu machen. Ich hoffe, die Hörer werden es genauso mögen wie ich, aber egal, was kommt: ich bin mächtig stolz auf das, was wir machen!

Auf „More Than Obvious“ habt ihr es ja schon bewiesen, dass eure Songs auch pur und ohne Albumgerüst funktionieren. Nur „Tired hearts“ scheint, als ob ihr nicht recht wusstet, wie ihr den Song unterbringt ...

„Tired hearts“ ist ein Song, der ursprünglich für „Roads, Bridges And Ruins“ gedacht war. Damals fanden wir das Stück aber noch nicht gut genug. Also haben wir den Text und die Melodie neu geschrieben und ich dachte eigentlich, dass sich das Stück sehr gut auf der Single macht, aber wer weiß, haha!

Werdet ihr nach dieser Europatour wieder ins Rock’n’Roll-Hamsterrad zurückkehren oder versuchen, einige Zeit der Musik fernzubleiben, und einfach mal abhängen?

Nach dieser Europatour werden wir ganze vier Tage zu Hause sein und Zeit haben, uns zu ordnen, dann geht’s direkt wieder auf Tour! Zwei Monate quer durch die Staaten und Kanada. Danach allerdings, denke ich, werden wir eine echte Pause nötig haben – und dann kommen wir vielleicht wieder zurück nach Europa. Vielleicht, wir werden sehen ...