NOTHING MORE

Foto© by Cateyephotography / Karoline Schaefer

Kontrollverlust

Zwei Jahre sind seit ihrem letzten Album „Spirits“ vergangen und jetzt melden sich NOTHING MORE mit „Carnal“ zurück. Darauf hat die amerikanische Band sich wieder mehr auf ihre Wurzeln besonnen, wie Bassist Daniel Oliver erzählt.

Ihr habt im Juni euer neues Album rausgebracht. Und als ich für dieses Interview recherchiert habe, habe ich gelesen, dass ihr damit ein wenig zu euren Wurzeln zurückkehren wolltet. Was hat euch dazu bewogen und wie hat es sich angefühlt?

„Spirits“ war so komplex, kopflastig ... ich würde nicht sagen, dass es eine Prog-Platte war, aber es war einfach mehr so ein Konzept-Ding. Also, ja, dieses Mal wollten wir irgendwie wieder in die entgegengesetzte Richtung gehen und einfach etwas Einfacheres machen. Eben back to the roots, aber zugleich natürlich auch alles ein bisschen weiter treiben. Ich würde mal sagen, wir haben einen guten Job gemacht, indem wir den Einsatz von schweren Riffs und solchen Dingen erhöht haben, und es fühlte sich gut an, uns beim Songwriting zu entspannen und einfach die besten Stücke zu schreiben, die wir mit der reinsten Energie machen konnten. Kurz gesagt, wir sind begeistert davon.

Woher habt ihr die Anregungen für dieses Album, um euch wieder mehr mit euren Wurzeln verbunden zu fühlen? War es nur eure eigene Diskografie oder gab es andere Inspirationen, auf die ihr zurückgegriffen habt?
Ja, das ist eine gute Frage. Ich muss mal überlegen, was wir alles gehört haben, als wir diese Platte geschrieben haben ... Seltsamerweise war da viel LIMP BIZKIT dabei, was irgendwie lustig ist, weil das eine Band ist, die ich gehört habe, als ich vor einer Ewigkeit in diese Band eingestiegen bin, und dann ist diese Energie irgendwie zurückgekehrt. Aber ja, so was wie LIMP BIZKIT, JIMMY EAT WORLD, INCUBUS, das sind sozusagen unsere Stammbands, denke ich. Und ich beziehe mich wirklich gerne wieder auf LIMP BIZKIT, die haben einfach so eine tolle, treibende Headbanger-Energie. Und es gab definitiv Momente, in denen wir versucht haben, das anzuzapfen. Wie sind das Tempo und das Gefühl eines Songs beschaffen, zu dem 10.000 Leute auf und ab springen wollen? Denn das ist die Energie, die wir anstreben. Die Band war schon immer sehr gut darin, Taktarten und Songs zu ändern und diese komplexen rhythmischen und musiktheoretischen Dinge zu verstecken, weißt du, und wir haben nicht annähernd so viel davon gemacht wie in der Vergangenheit. Es sollte treibend bleiben.

Gab es bedeutende Veränderungen für euch als Band seit dem letzten Album?
Mann, die größte Veränderung ... So ziemlich jedes Album, das wir bisher veröffentlicht haben, haben wir selbstverantwortlich produziert. Wir haben die Songs geschrieben, alles fertig vorbereitet und sind dann in ein großes, professionelles Studio gegangen, um die Drums zu schneiden, und dann nahmen wir diese Dateien mit in unsere Heimstudios und stellten das Album selbst fertig. Wir haben vieles zusammen aufgenommen, aber auch vieles alleine eingespielt und die Dateien ausgetauscht. Bei diesem Album sind wir dagegen einen viel traditionelleren Weg gegangen, indem wir einen externen Produzenten angeheuert haben und ihm die Verantwortung für das gesamte Projekt überlassen haben, damit er uns auf dem richtigen Weg hält und uns sozusagen anleitet, was das Beste ist, sei es textlich oder kompositorisch oder klanglich, mit der Instrumentierung und so weiter. Und ich glaube, einige von uns waren deswegen etwas skeptisch, weil das unbekanntes Terrain war. Bis dahin hatten wir immer die volle Kontrolle über die Alben. Es war also eine große Sache, das in die Hände von jemand anderem zu legen. Aber wir haben mit Drew Fulk in L.A. gearbeitet und vom ersten Tag an fühlte er sich an wie ein fünftes Mitglied der Band. Ich hoffe also, dass wir von nun an jedes Album mit ihm machen können. Es war auf jeden Fall eine große Veränderung. Ich meine, ungefähr das Erste, was wir als Baby-Band gelernt haben und das uns wirklich weitergebracht hat, war die Erkenntnis, wie wichtig es ist, dass sich eine unvoreingenommene, außenstehende Partei deine Musik anhört, bevor du sie aufnimmst. Du selber bist einfach viel zu nah dran, um es so zu hören, wie es wirklich ist. Aber ich erinnere mich, als wir das zum ersten Mal gemacht haben, nannten wir es eine Vorproduktionssession. Es war mit diesem Songwriter, dem Leadsänger der Band SOUTH FM, Paco Estrada. Ich glaube, bei der Session gab es sogar Tränen. Er hat die Songs einfach zerrissen. Aber es ist diese ehrliche Reflexion, die einem hilft, sich zu verbessern und zu wachsen und wirklich zu verstehen, wie es ist, Musik für Leute zu machen, die sie hören sollen. Es ist die eine Sache, Musik für sich selbst zu machen, aber es ist etwas total anderes, es nicht nur für sich selbst zu machen, sondern für alle anderen. Es gilt einfach ein völlig anderes Regelwerk. Und Drew ist einer der Besten auf der Welt, wenn es darum geht, deine Ideen mit der Art und Weise, wie die Leute die Songs hören, zu verschmelzen, weil alles in deinem Kopf einen Sinn ergibt, weil du es dir ausgedacht hast, aber nicht unbedingt für alle anderen. Ja, es war eine sehr positive Sache.