Die Jungs von NOTHING IN COMMON kenne ich nun schon eine ganze Weile, eigentlich seitdem sie ihre ersten Schritte gemacht haben bzw. irgendwann ihr Demo bei mir ins Haus flatterte, was ich damals zum Anlass nahm, sie fürs Ox zu interviewen. Das liegt jetzt aber schon vier Jahre zurück, ein Zeitraum, in dem sich einiges getan hat. Neben zwei Longplayern und einer Single wurde ausgiebig getourt, und NOTHING IN COMMON wuchsen zu einer der besseren Bands ihres Genres heran, spielen eine frische und geschickte Mischung aus JAWBREAKER, DAG NASTY und frühen GET UP KIDS mit einem Hauch von Indierock. Ich traf mich mit Jörg und Lisse, die gerade von einer mehr als chaotischen Tour zurückgekehrt waren, zu einem kleinen Plausch beim Punkrockstammtisch im Kölner Underground.
Ihr scheint öfter hier zu sein, oder?
Lisse: „Wenn man zu Hause keine Möbel hat, ist es ein fantastischer Wohnzimmerersatz, findest du nicht?“
Stimmt. Ihr seid ja in der letzten Zeit richtig viel unterwegs gewesen. Waren alle Konzerte so gut besucht wie eure Releaseparty?
Jörg: „Zum größten Teil haben wir echt Glück gehabt, und die Tour ist viel besser gelaufen als die letzte, was allerdings nur für die Besucherzahlen gilt. Ansonsten hatten wir eher Pech. Die Tage waren übersäht von Pannen und Krankheitsbildern.“
Lisse: „Pannen im wahrsten Sinne des Wortes. Schon vor dem ersten Gig ist uns die Karre fast abgebrannt, und wir mussten das erste Mal den ADAC holen. Am zweiten Tag mussten wir sogar abgeschleppt werden. Das hat uns die komplette Tagesgage gekostet.“
Jörg: „Dafür hat man uns direkt vor die Tür des AJZ Talschock chauffiert, wo man uns schon sehnsüchtig erwartete. Quasi vom Abschleppen direkt auf die Bühne, aber sonst haben wir eigentlich eine Menge Spaß gehabt, vor allem mit Rene, unserem Tourbegleiter und Kindermädchen. Ohne ihn und Phillip, unseren Booker von Rilleralle Kosmos, hätten wir wohl früher oder später die Nerven verloren und uns gegenseitig umgebracht.“
Apropos umbringen. Hat sich euer Texter nicht inzwischen vor lauter Liebeskummer von einer Brücke gestürzt?
Lisse: „Wie du siehst, ich lebe noch (nimmt einen kräftigen Schluck aus der Flasche), und irgendwann hört man einfach auf, bestimmten Sachen hinterher zu trauern. Die Texte sind da eher wie ein Ventil, auch wenn das jetzt total abgegriffen klingt. Man schreibt sich seinen Kram von der Seele, obwohl es mir gerade dann sehr schwer fällt Texte zu schreiben, wenn mich etwas besonders beschäftigt.“
Warum ist Emo eigentlich so verdammt unpolitisch?
Lisse: „Emo geht mir eigentlich am Arsch vorbei, für mich ist das alles Punkrock!“
Jörg: „Ich denke, das liegt daran, dass wir halt alle klassische Mittelklassekids sind, die in Okal-Fertighäusern aufwuchsen, und es dort eigentlich keine ernsthaften Probleme gab. Vieles von dem politischen Kram kommt dann auch immer so ‚selbstdarstellermäßig‘ rüber.“
Lisse: „Wenn jemand unbedingt Politik braucht, um sich in seiner Szene darzustellen, dann soll er das tun, aber ich halte das eher wie die Jungs von ALL, ‚keep politics out of my music‘, aber wer weiß schon, was mich bei der nächsten Platte so beschäftigt.“
Du sprichst gerade die Szene an. Gibt es so etwas in eurem direkten Umfeld überhaupt noch?
Jörg: „Du meinst, früher war alles besser und so weiter? Nein, keine Ahnung, wir waren nie eine Szeneband. Gerade in Neuss, wo wir ja alle herkommen, gab es außer der Dorfkultur gar nichts in dieser Richtung. Davon hat man erst etwas mitbekommen, als man mal sich in der großen Stadt auf Konzerten rumgetrieben hat. Aber ein Netzwerk existiert auf jeden Fall, und wir profitieren natürlich auch davon. Es gibt auf jeden Fall noch eine Menge Leute, die Konzerte oder Fanzines mit Herzblut machen, und die D.I.Y.-Fahne hochhalten, und das wird auch so bleiben – hoffe ich.“
Gibt es denn zwischen all den Bands, mit denen ihr gespielt habt, so etwas wie eine Rivalität oder Konkurrenz?
Lisse: „Das ist von Fall zu Fall echt verschieden. Da kommt es schon mal vor, dass Bands unangenehm auffallen. Rivalität gibt es von unserer Seite eigentlich nicht, nur wenn mir die Leute vom ersten Moment an unsympathisch sind, dann muss ich nicht unbedingt mit denen reden. Du fragst das jetzt sicher, weil von der einen oder anderen Seite schon mal kam, dass wir uns irgendwie arrogant verhalten. Das ist aber nicht im geringsten so. Wir sind eher zurückhaltend. Ich will manchmal einfach meine Ruhe haben, und wenn mich dann einer nervt, bin ich kurz angebunden. Es gibt nichts Schlimmeres als Smalltalk und erzwungene Gespräche. Meistens verstehen wir uns aber ganz gut mit den Bands, und teilweise sind daraus auch richtige Freundschaften entstanden, wie z.B. mit FOR THE DAY, A MODEST PROPOSAL und D.H.“
Auf eurer Homepage findet man die Info, dass ihr in nächster Zeit auch im Ausland unterwegs sein werdet. Was ist sonst noch so geplant für 2004?
Lisse: „Ja, es geht nach Italien, Slowenien, Österreich, in die Schweiz und eventuell noch Tschechien. Endlich mal auch in den Süden. Sonne, Meer, Mailand wir kommen.“
Jörg: „Und Mitte des Jahres wollen wir dann eigentlich auch wieder ins Studio um Vorab-Aufnahmen zum nächsten Album zu machen, damit es nicht so schnell langweilig wird. The show must go on.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Guntram Pintgen