Als letztes Jahr mit "All The Best Songs" ein Best-Of-Album von NO USE FOR A NAME erschien, fragte sich manch einer, was es mit der Zukunft der Band auf sich haben würde. Sollte es nach dem Aus von GOOD RIDDANCE etwa ein weiterer Abschied einer der großen Fat Wreck-Bands sein? Oder hatte Sänger Tony Sly etwa keine neuen Ideen mehr? Seit "Making Friends" aus dem Jahr 1997 lief jedes NUFAN-Album auf Heavy Rotation in meiner Anlage (die Vorgänger konnten mich irgendwie erst später überzeugen), und es war komisch, daran zu denken, dass es bald keine neuen Alben mehr geben könnte. Aber zum Glück folgte stattdessen die Ankündigung, die Band sei wieder im Studio. Es gab also noch Hoffnung auf Nachschub. Und mit dem jüngsten Werk, das dieser Tage veröffentlicht wird, beweisen NUFAN, dass es nicht immer zutrifft, dass eine Band dann altes Material zusammenstellt und wieder auflegt, wenn ihr nichts mehr einfällt. Ganz im Gegenteil. Mit "The Feel Good Record Of The Year" zeigen die Kalifornier, dass sie sogar noch sehr viele Ideen haben, die immer noch so frisch klingen wie einst "Making Friends". Mittlerweile seit 20 Jahren unterwegs, hat Tony Sly das Tourleben noch immer nicht satt. Stattdessen spricht er sehr gut gelaunt und entspannt am Telefon über die aktuelle Tour, das neue Album, und den wohl schönsten Beruf der Welt, den er nicht aufgeben will: den des Musikers.
Als letztes Jahr eure Best Of-CD veröffentlicht wurde, haben einige Leute schon gedacht, das wäre eine leise Ankündigung des bevorstehenden Endes von NO USE FOR A NAME. Jetzt steht die Veröffentlichung eures neuen Albums an, das gar nicht so danach klingt, als wolltet ihr aufhören. Habt ihr eure Meinung geändert?
Nein, da gab es nichts zu ändern. Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, die Band zu den Akten zu legen. Es macht so großen Spaß, in dieser Band zu sein, ich könnte mir einfach nichts anderes vorstellen. Es stimmt zwar, dass Best Of-Alben irgendwie nach dem Ende klingen, oder danach, dass man unbedingt etwas veröffentlichen muss, einem aber keine drei guten Songs eingefallen sind. Daher verstehe ich auch, dass der Eindruck entstehen konnte, wir wären irgendwo dazwischen. Aber dem war nicht so. In unserem Fall war das ein in dieser Hinsicht absolut untypischer Rückblick auf die letzten 20 Jahre.
Seit eurem letzten Studioalbum sind drei Jahre vergangen ...
Ist es wirklich schon so lange her? Eigentlich war das nicht so geplant, das ist mir auch ein etwas zu langer Abstand. Das lag wohl an diesem kleinen Rückblick, der hat einiges durcheinander gebracht und das neue Album hinausgezögert.
Das klingt jetzt aber nicht so, als hättest du "All The Best Songs" veröffentlichen wollen? Bereust du es?
Nein, das wollte ich auch nicht. Aber ich bereue überhaupt nicht, dass wir die Platte herausgebracht haben. Es war sehr interessant, selbst mal auf die letzten 20 Jahre zu schauen und darauf, was diese Band alles gemacht hat und wo wir überall waren. Das hat sehr gut getan und mir gezeigt, wie sehr ich es genieße, in dieser Band zu sein und das zu machen, was ich mache.
Wie lange wirst du das noch machen wollen? Kannst du dir vorstellen, abseits von NUFAN in größerem Stil Musik zu veröffentlichen, wie es etwa Joey Cape von LAGWAGON macht?
Am liebsten würde ich sagen, bis ich sterbe. Aber ich denke es ist realistischer davon auszugehen, dass wir so lange zusammen spielen werden, wie es uns Spaß macht und solange wir noch auf der Bühne stehen können. Wobei ich jetzt nicht weiß, ob ich in einigen Jahrzehnten aussehen möchte wie Mick Jagger. Und natürlich hängt es auch davon ab, wie lange uns die Leute noch sehen möchten. Was deine zweite Frage betrifft, weiß ich das nicht so genau. Joey und ich haben ja ein Akustikalbum veröffentlicht, auf dem jeder Songs seiner Band gespielt hat. Das war schon interessant. Andererseits habe ich nicht das Gefühl, bei dieser Band irgendwie eingeengt zu sein, so dass ich dringend etwas anderes nebenher machen muss, für das es bei NUFAN keinen Platz gibt. Nimm das neue Album als Beispiel, da sind mit "Sleeping between trucks" oder "Ontario" sehr ruhige Lieder drauf, die nur von einer Gitarre und Klavier getragen werden. Solange ich nicht das Gefühl habe, dass ich mich selbst zu sehr einenge mit der Band, werde ich wohl keine Solosachen machen.
Denkst du, das neue Album wird das Wohlfühlalbum des Jahres, zu dem man sich so gemütlich auf eine grüne Wiese legen kann, so wie es das Cover andeutet?
Haha, nein, ich fürchte, der Titel ist da doch etwas sarkastischer gemeint. Obwohl wir als Band ja überhaupt nicht bekannt sind für Sarkasmus, haha. "The Feel Good Record Of The Year" ist eigentlich ein etwas aggressiveres Album, wenn auch nicht so düster wie das Letzte.
"Keep Them Confused" klang für NUFAN wirklich ungewöhnlich düster, während ihr mit den neuen Aufnahmen wieder an ältere Alben anknüpft. "Biggest lie" etwa könnte ja problemlos von "Making Friends" sein.
Stimmt, dieses Lied klingt wirklich danach, andere wiederum hätten auch auf "Hard Rock Bottom" sein können. Ich habe dieses Mal versucht, ein vielseitigeres Album zusammenzustellen, das verschiedene Aspekte von NUFAN enthält. Da ist von jedem unserer bisherigen Alben etwas mit dabei. Es gibt also die schnelleren Songs, dann die Midtempo-Nummern, und schließlich auch die schon angesprochenen langsamen Lieder. Nachdem "Keep Them Confused" fertig war, war ich nicht wirklich zufrieden damit, wie es ausgefallen ist. Einige Songs klangen mir einfach zu deprimierend. Es war ein sehr politisches Album, das in mancher Hinsicht mit der Zeit gegangen ist und zum Ausdruck gebracht hat, wie ich, wie wir alle uns hinsichtlich der Politik des mittlerweile endlich scheidenden Präsidenten gefühlt haben. Andererseits haben auch die neuen Songs politische Elemente, ohne dass alles so düster klingt. Vielleicht war ich seinerzeit einfach etwas erschöpft und nicht bei bester Laune, als ich am Material gearbeitet habe. Ich erinnere mich noch gut, dass alles etwas schleppend verlaufen ist, ich oftmals Schreibblockaden hatte und bis zuletzt einzelne Songs nicht wirklich fertig gestellt habe. Diesmal war es ganz anders. Im Vorfeld sind sehr viele neue Songs entstanden, ich glaube, da wäre Material für über zehn Stunden Musik, das es nicht auf das Album geschafft hat.
Inwieweit war Bill Stevenson, mit dem ihr zum ersten Mal zusammengearbeitet habt, dafür mit verantwortlich?
Die Arbeit mit Bill war eine sehr gute Erfahrung und hat dem Album sehr gut getan. Ich glaube nicht, dass er dafür verantwortlich ist, dass die Songs weniger düster klingen als beim letzten Mal, aber den Sound an sich haben wir ihm zu verdanken. Nachdem ich das letzte RISE AGAINST-Album gehört habe und vom Klang richtig begeistert war, habe ich mir gesagt, dass wir unbedingt unsere neue Platte mit Bill einspielen müssen. Gleichzeitig war es keine so einfache Entscheidung. Ryan Greene, der bisher unsere Alben produziert hat, ist ein Freund, und ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir zusammen gemacht haben. Daher hatte ich da ein etwas schlechtes Gewissen, ihm plötzlich zu sagen, dass wir jetzt mit jemand anderem aufnehmen wollten. Aber ich hatte das Gefühl, dass wir mit Ryan irgendwie stagnieren würden - eben deshalb, weil wir ein so eingespieltes Team waren. Wenn man so lange zusammenarbeitet, erreicht man irgendwann den Punkt, an dem alles nach Routine klingt und neue Aspekte nicht mehr einfließen. Als ich also die beiden Standpunkte gegeneinander abgewogen habe, habe ich erkannt, dass persönliche Freundschaft eine Sache ist, das Beste für die Band in diesem Fall aber etwas anderes. Also haben wir uns dafür entschieden, in Fort Collins, Colorado mit Bill aufzunehmen. Und das war die richtige Entscheidung. "Feel Good Record ..." klingt sehr frisch, wir sind sehr glücklich darüber, wie es ausgefallen ist. Gleichzeitig bin ich immer noch mit Ryan befreundet, er ist da Profi genug, um das trennen zu können. Und Bill ist nun mal eine Legende. Als Jugendlicher habe ich ihn bei BLACK FLAG bewundert, und jetzt hatte ich die Chance, mit ihm zusammenzuarbeiten. Man merkt sofort, dass der Mann irrsinnig viel Erfahrung hat. Dadurch weiß er wohl auch, was für eine Band am besten ist, manchmal sogar besser als die Band selbst, haha. Nein, das war nur ein Scherz, die Arbeit mit ihm war sehr angenehm, auch wenn er besonders von mir als Sänger mehr gefordert hat, als ich bislang machen musste. Man merkt ihm an, dass er sich ohne weiteres in eine Band hineinversetzen kann.
Wie war es, zum ersten Mal außerhalb der Bay Area, im kalten Colorado aufzunehmen?
Das hat uns ebenfalls sehr gut getan, aus dem einfachen Grund, dass wir dort keine Ablenkung hatten. Wir sind hin und haben uns auf die Arbeit konzentriert. In der Bay Area dagegen leben wir, da haben wir so viele Freunde, dass man jeden Abend irgendwo was macht, oft was trinken geht. In Colorado dagegen sind wir in dem Monat, den wir dort waren, ein einziges Mal in eine Bar gegangen. Okay, in Fort Collins gibt es auch nur eine einzige Bar, ansonsten kann man da nicht viel machen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so wenig getrunken habe.
NO USE FOR A NAME gibt es mittlerweile 20 Jahre. Kannst du dich immer noch motivieren, wieder mal für Wochen und Monate in einem Bus zu leben und um die Welt zu touren?
Ja, das fällt mir leicht. Eben weil ich die Möglichkeit habe, den schönsten Beruf der Welt auszuüben und damit um die ganze Welt reisen kann. Ich verdiene mein Geld damit, dass ich nach Europa komme, mit Freunden Spaß habe, was trinke und unsere Musik spiele. Was will man mehr? Die einzige Kehrseite ist, dass man die Familie immer wieder für diese Zeit nicht sieht. Wir sind alle Väter, die von ihren Kindern hören, dass sie uns vermissen. Da wünscht man sich manchmal doch, seine Kinder aufwachsen sehen zu können. Andererseits tut es ihnen vielleicht auch gut, dass wir nicht ständig daheim herumsitzen. Alles in allem läuft es darauf hinaus, dass ich diesen Job noch lange machen möchte.
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