NASTY RUMOURS

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Punkrock kicks from Switzerland

Die 2014 gegründete Berner Band NASTY RUMOURS ist mir leider erst in diesem Jahr im Vorprogramm von UK SUBS in Köln aufgefallen. Und das „leider“ muss ich hier eigentlich großschreiben, denn die vier schossen ein wahres Feuerwerk an Punkrock- und Powerpop-Perlen ab. Grund genug, die Band näher vorzustellen. Das Interview führen wir nach der Tour mit Sänger Juli. Weiterhin dabei sind Jamous (gt), Flo (bs) und Danny (dr).

Was war der Anlass, die Band zu gründen?

Na ja, wir hatten gerade nichts Besseres zu tun. Bei Jamous war mit TIGHT FINKS Schluss, ich dachte mir, den kralle ich mir für ein neues Projekt. Dani hatte dieselbe Idee und da zwei Schlagzeuger ein bisschen übertrieben gewesen wäre, habe ich eben den Gesang übernommen. Flo wurde dann auch noch gekidnappt für dieses spaßige Bandprojekt, das uns seit 2014 auf Trab hält.

„Get my kicks from ’76“ singt ihr im gleichnamigen Song auf eurem aktuellen Album „Bloody Hell, What A Pity!“ – obwohl ihr erst 1989 geboren seid. Warum spielt ihr diesen melodischen 76er-Sound? Was fasziniert euch so und wer sind eure persönlichen Faves?
Also 1989 wurde nur ich geboren, die anderen Herren sind etwas ältere Semester. Die könnten glatt meine Väter sein, das sind sie hinsichtlich der Punkrock-Sozialisation auch. „Get my kicks from ’76“ ist eine Ode an den Punk der ersten Stunde. Mich hauen diese Geniestreiche der Einfachheit einfach aus den Socken, die Kunst, aus wenigen Elementen eine musikalische Bombe zu basteln. Und das Geile daran ist, dass man hierfür keine Ausbildung an der Jazz-Schule benötigt. Weder heute noch damals. Favoriten aus der Zeit gibt es unzählige, hört euch doch mal wieder die „Live At The Vortex“-LP an.

„Zero talent and D.I.Y ... Safety pins and anarchy“ heißt es weiter. Wie wichtig ist euch DIY und betrachtet ihr euch als Anarchisten?
Meine Bandkumpels sind Anarchisten, ohne es zu wissen, wir sind definitiv eine linke Band. Mir ist das wichtig, auch wenn die Band nicht mehr durchweg ein DIY-Projekt ist ­– das Booking etwa machen wir nicht mehr selber.

„Bloody Hell, What A Pity!“ ist euer aktuelles Album, was ist anders gegenüber dem Vorgänger „Straight To Your Heart“?
Es ist vielleicht etwas punkiger und weniger powerpoppig. Wir haben in einem anderen Studio aufgenommen und ein paar Sachen anders gemacht, was hörbar ist. Ansonsten ist es dasselbe billige Rezept, haha.

Die LP ist bei Wanda Records bereits ausverkauft. Habt ihr damit gerechnet, dass es so viele Menschen gibt, die den 76er-Punkrock feiern?
Schon eine schöne Sache, wenn sich Leute für die eigene Musik interessieren. Für mich immer wieder überraschend, ich bin unser größter Kritiker/Hater, haha! Den lieben Monster von Wanda Records haben wir damals beim zweiten Single-Release einfach angeschrieben und er hatte zu unserer Freude Bock.

Jetzt aber mal zu eurer Tour mit UK SUBS. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?
Auf ihrer Tour 2020 haben wir vier Konzerte mit UK SUBS gespielt und wir haben uns echt gut verstanden. Der mögliche Tour-Support wurde da bereits bei einer Flasche Wein diskutiert und es war im Verlauf der nächsten Monate spruchreif. Wegen der Pandemie mussten wir uns aber alle noch etwas gedulden.

Wie habt ihr die Tour erlebt, was waren die Highlights?
Die Tour war der absolute Oberknaller, jeder Abend ein Highlight! Die Kombination der beiden Bands hat sehr gut funktioniert, musikalisch wie auch menschlich. Mit 21 Shows war es unsere längste Tour bisher, aber es war uns solch ein Fest, wir hätten gleich noch mal drei Wochen drangehängt. Für uns war es natürlich eine riesige Ehre, diese Legenden auf ihrer letzten Europatournee zu begleiten. Sind auch einfach liebe Menschen, die UK SUBS.

Gab es irgendwelche Probleme wegen eures Schweizer Akzents ...?
Wenn wir versuchen, Hochdeutsch zu sprechen, meinst du? Wir gehen damit auf der Bühne ja sehr selbstironisch um, das lädt zum Lachen ein und wir lachen mit. Man lacht ja nicht eine unbekannte Person aus, die mit breitem Schweizer Akzent im ICE von Berlin nach Basel mit einem Schaffner spricht, weil die Deutsche Bahn mal wieder alles verkackt hat. Das wäre was anderes.

Wenn ich ehrlich bin, kenne ich wahrscheinlich mehr alte Schweizer Punkbands als aktuelle ... Was kannst du uns über die Schweizer Punk-Szene erzählen?
Die Szene ist vergleichsweise klein, aber fein, und Punkrock gibt es in den verschiedensten Facetten, von kommerziellen Clubs bis coolen Underground-Spots und Squats. Es gib auch immer wieder coole Bands, von Hardcore bis Garage-Punk. Zum Beispiel GRÜZE PACK, RAVAGE FIX, ESCALATOR HATERS oder S.G.A.T.V.

Apropos alte Schweizer Bands. Ihr covert ja „No desire“ von JACK & THE RIPPERS aus Genf. Der Song ist auch schon von 1979. Was war der Grund?
Ich kann mich erinnern, dass du in Köln bei diesem Cover ordentlich rumgehopst bist im Publikum. Ich sollte also dir die Frage stellen. Es ist einfach ein geiler Klassiker, der nicht in Vergessenheit geraten darf.

Wie geht es jetzt nach der Tour für euch weiter?
Wir kehren wieder zurück in die kleineren Schuppen, wo wir hingehören. Im März sind waren wir mit DEECRACKS in der Schweiz und im April sind wir mit CYANIDE PILLS in Deutschland unterwegs. Auch für den weiteren Verlauf des Jahres ist noch einiges geplant.