Instrumentale Klänge aus Finnland sind nichts ungewöhnliches, so stammen neben AAVIKKO, THE HYPNOMEN oder den sagenumwobenen LAIKA & THE COSMONAUTS auch THE MUTANTS aus dieser dünnbesiedelten Gegend. Die Band aus Helsinki/Kouvola konnte schon seit einigen Jahren mit verschiedensten Singles auf sich aufmerksam machen und hat inzwischen mit „Voodoo Blues“ ein erstes Album am Start. Don Hesus, seines Zeichens Schlagzeuger des Sechsers, beantwortete mir mit dem unterschwelligen, trockenen Humor eines Finnen meine Fragen. Ihr erstes richtiges Album „Voodoo Blues“ wurde Ende letzten Jahres von Spinefarm bzw. dem Sublabel Ranch auf den Markt gebracht.
Was für ein Gefühl ist es, auf demselben Label wie viele der finnischen Metal-Größen zu sein?
„Ranch ist eines der vier Sublabel von Spinefarm, und Spinefarm ist ein Teil der Universal Music Company. Und obwohl das Label dafür bekannt ist, Metal-Platten zu veröffentlichen, wird genauso auch viel Zeug aus den Bereichen finnischer Pop oder Hip-Hop veröffentlicht. Wir beschweren uns nicht darüber, auf demselben Label wie Metal-Bands zu sein, seitdem der Erfolg von NIGHTWISH auch irgendwie unsere Platten mitbezahlt. Ranch ist als Sublabel gedacht, das sich auf englischsprachige Rock‘n‘Roll-Bands wie FLAMING SIDEBURNS oder THEE ULTRA BIMBOOS konzentriert, plus einiger härterer Bands wie MANNHAI und HEAVEN AND HELL – und uns natürlich.“
Was steckt hinter dem Begriff Afro-Garage-Rock? Womit fühlt ihr euch mehr verbunden - Surf, Garage, R‘n‘R?
„Afro-Garage-Mambo-Musik bitte, um exakt zu sein. Aber was das ist, da bin ich mir selbst nicht sicher. Seit wir so viele verschiedene Stile miteinander mischen, von Garage bis Funk und von R‘n‘R bis zu irgendwelchen Heavy-Einflüssen, haben wir diese Beschreibung für uns selbst geschaffen. Man muss es ja irgendwie benennen, oder? So weit hat es auch ganz gut funktioniert, da jeder den Begriff nutzt, wenn über uns gesprochen wird. Surf my ass, wir sind mehr mit THE STOOGES, Jimmy Castor, James Brown oder BLACK SABBATH verbunden. Rhythmus ist das Wichtigste, denn die Girls im Publikum können tanzen. Und wohin die Girls gehen, dahin werden die Boys folgen.“
Das Intro eures Titelsongs kommt mir verdammt bekannt vor. Mögt ihr IRON MAIDEN?
„Einige von uns tun das. Da sind einige versteckte Teile von anderen Songs auf dem Album, aber wir wollen dem Hörer das Vergnügen nicht verderben, diese Sachen zu entdecken. Da ist sogar ein Teil, den wir mehr durch einen Unfall mit auf der Platte haben. Wir hatten nicht bemerkt, dass ein Gitarrenriff von jemand anderem stammt, bis uns ein Freund darauf hinwies. Ich nehme an, das sagt auch einiges über uns aus ...“
Bestand von Anfang an die Idee, eine Band zu gründen, die nur rein instrumental agiert?
„Am Anfang war die Idee, einfach was anderes zu machen. Außerdem scheint es auch so zu sein, dass Sänger immer die sind, die am meisten jammern. Frag nicht, warum. Vielleicht ist es deren Persönlichkeit, oder etwas, was ein Frontmann in der Band einfach zu tun hat. Der Sänger nimmt scheinbar immer die Führungsrolle in der Band ein. Wenn das passiert, wollen sie keine physische Arbeit mehr verrichten. Während alle anderen das Equipment hin- und herbewegen, verbringen sie ihre Zeit damit, sich darüber zu beschweren, dass der Rotwein nicht die richtige Temperatur hat, und alles andere auch total beschissen ist.“
Wie viele Singles gibt‘s mittlerweile schon von euch? Es gab doch auch mal eine Compilation von Singles, die von euch veröffentlicht wurde.
„Bisher sind sieben Singles erschienen, ‚Stampede Caravan‘, die letzte, auf Black Juju Records. Die ‚Deathrace 3000‘-Compilation haben wir nicht selbst herausgebracht, die kam auf Green Cookie Records aus Griechenland im Frühjahr 2002 raus. Es ist eine Zusammenstellung der ersten drei Singles plus fünf Extra-Tracks. Es ist einfach cool, Singles zu veröffentlichen, aber viele Leute haben nicht mal mehr einen Plattenspieler. Um die Band einen Schritt weiter zu bringen, brauchten wir auch eine CD, und die Typen von Green Cookie Records waren interessiert. Auch wenn es nur ein Schnellschuss war, passten die Songs ganz gut zusammen.“
Gibt es immer noch andere Bands im Umfeld von THE MUTANTS? Was passierte denn z.B. mit SWEETHEART, einer Band, die auch im deutschen Raum nicht gänzlich unbekannt sein dürfte?
„Nach zehn Jahren des Produzierens von abgefahrenem Noise beschloss ich, die Sache hinzuschmeißen und mich der Gang der MUTANTS anzuschließen, um fortan die ganze Nacht lang Mambo zu spielen. Und ich nehme an, das gilt genauso für Mr. Abnormals frühere Band ISEBEL‘S PAIN. Die waren in Deutschland noch bekannter als SWEETHEART. Wir hörten aus mehr oder weniger denselben Gründen auf. Unser Drummer Victor Stereo spielt in so vielen Bands Schlagzeug oder Posaune, dass wir das Zählen aufgegeben haben, aber er ist der einzig professionelle Musiker in der Band. Während der Rest von uns von einfachem Stardasein träumt, verbringt er die meiste Zeit damit, Musik an einem Konservatorium zu studieren.“
Welche Erwartungen habt ihr bezüglich einer Tour in Europa? Habt ihr bisher schon außerhalb Finnlands gespielt, mal abgesehen von diesem kleinen Festival-Gig in Dänemark?
„Wir haben auch schon in Estland und Schweden gespielt. Für mich ist es eigentlich egal, wo wir spielen, solange irgendwie eine Party draus wird. Ich denke, Rock‘n‘Roll-Fans sind überall gleich, und es spielt keine Rolle, wo du bist. Und da unsere Musik dafür bestimmt ist, andere zum Tanzen zu bringen, muss man unsere Songs nicht unbedingt vorher gehört haben. Free your mind and your ass will follow, as they say.“
Und was für ein Gefühl ist es, auf einem Festival wie Roskilde zu spielen? Wie war es möglich, dort hinzukommen?
„Lass uns einfach sagen, dass wir Freunde in hohen Positionen haben, und unser Ruf als Party-Band eilt uns auf der ganzen Welt voraus. Das Gefühl, dort zu spielen, war großartig. Es war das größte Publikum in unserer bisherigen Band-Geschichte. Scheinbar mochte man uns, denn wir bekamen aufgrund des Gigs jede Menge gute Reviews. Wie ich bereits sagte, ist das einer der Vorteile, wenn man eine Instrumental-Band ist. Gib dem Publikum einen groovigen und tanzbaren Beat und die, die es mögen, werden automatisch ihren Füßen folgen.“
Es gibt eine Menge bekannter Namen in Finnland im Bereich instrumentaler Musik. Wie populär sind bespielsweise Acts wie LAIKA & THE COSMONAUTS oder AAVIKKO?
„LAIKA & THE COSMONAUTS sind die bekannteste Instrumental-Band innerhalb und außerhalb Finnlands, aber sie waren schon seit Ende der 80er unterwegs. Ich weiß auch nicht, wie viele Scheiben AAVIKKO verkaufen, aber meine Annahme ist, dass sie mehr oder weniger einen Kult-Status genießen. Aber trotz allem ist instrumentale Musik nicht das heißeste Ding in den Pop-Charts. Die Tradition von finnischen ‚Twang‘-Bands geht weit zurück. In den 60ern waren Bands wie THE SOUNDS ein ganz schön großes Ding, speziell in Japan. Aber in der heutigen Zeit neigen die besten Bands eher zu psychedelisch-groovigen Klängen wie THE HYPNOMEN oder zu funkigen wie CALYPSO KING AND THE SOUL INVESTIGATORS, eine meiner Favoriten. Und natürlich muss man das NIEMINEN & LITMANEN DUO erwähnen, die vielleicht beste Instrumental-Band, die Finnland hervorgebracht hat.“
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