MOB & All The Madmen Records

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Manchmal kommen sie wieder ...

Bei der Musik und den Texten der englischen Anarchopunk-Band THE MOB gab es Mitte der Achtziger wirklich nichts zu lachen. Dennoch wurden sie innerhalb von wenigen Jahren extrem erfolgreich und mischten die britischen Independent-Charts gehörig auf. Ähnlich wie CRASS oder CONFLICT ermöglichten es auch THE MOB, kleinen, unbekannteren Bands auf ihrem Label All The Madmen Platten zu veröffentlichen. All The Madmen war zuerst ein Fanzine und wuchs ab den späten Siebzigern zum Label. 1983 lösten sich THE MOB auf dem Höhepunkt ihres Erfolges auf. All The Madmen machte trotzdem weiter als Label, mit innovativen Platten von BLYTH POWER, THATCHER ON ACID oder DAN. Damals kaufte ich wirklich jedes neue Release des Labels.

So wie BLOOD ON THE SADDLE und THE KNITTERS in den USA Pionierarbeit für das neue Genre „Cowpunk“ leisteten, hoben hier BLYTH POWER das Genre „Folkpunk“ auf ein völlig anderes Level. Musikalisch weit entfernt von den POGUES oder THE MEN THEY COULDN’T HANG, nahmen BLYTH POWER textlich alles aufs Korn, was britisch war, von den „Cromwell wars“ über die „Stop the city“-Demos der Achtziger bis zu ihrem Lieblingsthema: das Trainspotting. Englischer Humor eben, schwarz wie die Nacht.

1988 war dann leider auch für All The Madmen Schluss. Es fehlte wohl an Leuten, um die Geschäfte weiter zu führen, oder es gab – trotz der Originalität von Bands wie BLYTH POWER und THATCHER ON ACID – einfach keinen neuen Verkaufschlager in derselben Liga wie THE MOB. Umso größer war meine Freude, als ich auf dem Rebellion Festival 2012 am Merchandise-Stand der wiedervereinigten THE MOB erfuhr, dass All The Madmen nun als Kooperative wiederbelebt wurde. Auch der Gig von THE MOB ließ keine Wünsche offen. Voll auf den Punkt und grimmig wie eh und je haben die Songs nach all den Jahren nichts von der hypnotischen Kraft eingebüßt. Das Interview führte ich via Mail mit Mark, dem Sänger und Gitarristen bei THE MOB sowie Mitgründer von All The Madmen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, das Label wieder zu reanimieren? Schließlich leben wir in einer Zeit, in der Musik sich für viele auf etwas reduziert, das man sich umsonst aus dem Internet saugen kann.


Nun, einfach weil wir es können und wir diese Arbeit lieben. Ich mochte die Idee, während einer Rezession, in einer Dekade, in der Banken und andere Institutionen versagen, ein Geschäft zu starten, bei dem es eben nicht ums Geldverdienen geht. Sondern darum, etwas Sinnvolles mit Kumpels und Freunden zu unternehmen, inklusive derjenigen, die wir bisher noch nicht getroffen haben. Zum Nutzen aller und ohne zu wissen, wie es ausgehen wird. Alle haben Geld und Zeit in diese Idee investiert, ohne dass es einen wirklichen Masterplan gab, sie wollten einfach dabei sein. Und ja, ich weiß, dass die Leute das, was sie haben wollen, einfach umsonst runterladen können. Trotzdem hoffe ich, dass es auch einen Markt für die physischen Produkte gibt. Egal, ob Tonträger oder Bücher, ich selbst finde immer noch, dass es kein besseres Gefühl gibt, als das fertige Produkt in den Händen zu halten. Und wir haben reichlich Vorbestellungen für den Singles Club, die diese Hoffnung untermauern.

Wie waren die bisherigen Reaktionen darauf, das Label als Kooperative neu zu beleben?

Absolut fantastisch! Die Leute sind begeistert. Alle, denen wir von der Idee erzählten, beteiligten sich finanziell. Die Idee war so erfolgreich, dass wir vorübergehend aufhören mussten, Anteile daran zu verkaufen, weil wir von der Menge neuer Teilhaber überwältigt wurden – da waren es schon 130 Personen. Bei dem Relaunch-Gig im November 2012 fingen wir dann an, den nächsten Batzen an Aktien unter die Leute zu bringen.

Warum haben sich THE MOB 1983 aufgelöst? Angesichts des Erfolgs von „Let The Tribe Increase“ war das eine für Außenstehende unverständliche Entscheidung.

Ich war an einem Punkt in meinen Leben angekommen, wo ich etwas anderes tun wollte. Ich hatte keine Ideen für neue Songs und ich wollte nicht das, was wir bis dahin erreicht hatten, abwerten, indem ich neue Sachen veröffentlichte, nur weil ich musste. Ich verließ die Szene dann für ein Leben fernab von der Musikindustrie. Ich habe kaum etwas von dem Erfolg der Platte mitgekriegt. Ich lebte ein anderes Leben und habe mich um all das nicht groß gekümmert.

Und warum wurde All The Madmen fünf Jahre später ebenfalls eingestellt?

Die Frage müsstest du anderen stellen. Wie bereits gesagt, ich hatte zu dem Zeitpunkt nichts mehr mit dem Musikgeschäft zu tun.

THE MOB beim Rebellion Festival live zu sehen, hatte durchaus Elemente von einem „tribal gathering“. Was war der Grund dafür, dass ihr mit der Band wieder angefangen habt? Wer sind die Leute im jetzigen Line-up?

Die Idee für den Neuanfang kam von meiner Ex-Freundin. Sie plante einen Überraschungsgig für meinen fünfzigsten Geburtstag, wo alle möglichen Bands MOB-Coversongs in ihr jeweiliges Set einbauen sollten. Aber dann kam alles anders, sie musste mir von der Idee erzählen und ich dachte: Das würde ich gerne selber machen. Ich kontaktierte unseren Bassisten Curtis, mit dem ich immer in Verbindung geblieben war, wir probten ein paar Mal, und es lief super. Wir schafften es dann, Graham, unseren ersten Schlagzeuger, aufzuspüren. Und das ist das Line-up von heute: die drei ursprünglichen Mitglieder, die schon zusammen zur Schule gingen.

Deine Tochter hat ebenfalls angefangen, für All The Madmen zu arbeiten. Musst du dir manchmal auf die Zunge beißen, um sie ihre eigene Erfahrungen machen zu lassen, wenn es um die Labelarbeit geht?

Meine Tochter Tess hat zusammen mit Josh und Des bisher am meisten Arbeit in das Label gesteckt. Manchmal versuche ich, ihnen einen Rat zu geben, oder ich sage ihnen meine Meinung zu einem bestimmten Thema. Aber die meiste Zeit bin ich dankbar, dass ich ihnen das Ganze überlassen kann. Wir lernen alle dazu, während wir mit der Arbeit weitermachen, unter den ganzen Teilhabern und Teilhaberinnen gibt es sehr unterschiedliche Leute mit verschiedenen Fähigkeiten in diversen Bereichen. Ein erstes großes Arbeitstreffen steht noch aus, aber hoffentlich können wir danach anfangen, ein wenig von der Arbeitslast zu verteilen.

Was sind die weiteren Pläne für All The Madmen?

Es gibt eine Single und ein Album von KILL PRETTY aus Manchester, die ist gerade erschienen. Wir werden eine THE MOB-Single herausbringen mit den ersten neuen Songs seit 29 Jahren, das wird die zweite neue Veröffentlichung sein. Dann haben wir die aktuelle Single von THE ASTRONAUTS und ein Reissue von IT’S ALL DONE BY MIRRORS, die ursprünglich auf dem alten All The Madmen Label veröffentlicht wurde. Darüber hinaus warten wir auf Neues von HAGAR THE WOMB, und ich versuche, die anderen im Kollektiv davon zu überzeugen, ein Compilation-Album mit einigen von den Bands zu veröffentlichen, mit denen wir in den USA zusammenarbeiteten. Ich hoffe dass wir die Idee auch in den USA verkaufen können. Wenn jeder fünfzig Pfund in den Topf wirft, oder das Entsprechende in US-Dollar, können wir die vielleicht dort pressen und die Frachtkosten einsparen. Es gibt dort eine sehr gute D.I.Y.-Szene und wir würden gerne weiter mit ihnen arbeiten.