MAN THE CHANGE

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Gut Ding will Weile haben

Während andere Hardcore-Bands versuchen, ihrem Demo so schnell es geht ein Album hinterherzuschicken, nahmen sich MAN THE CHANGE hierfür mehr als eineinhalb Jahre Zeit, ein weiteres für die Vinylversion. Wer mit solcher Leidenschaft für D.I.Y. und die eigene Musik ans Werk geht, kann sich so etwas allerdings erlauben, schließlich spricht das Ergebnis für sich. Sowohl live als auch aus der Anlage funktioniert der intensive Newschool-Hardcore im Neunziger-Jahre-Gewand auf „Forgiver“ wunderbar. Gitarrist Michael beantwortete meine Fragen.

Wer seid ihr, was macht ihr und wieso der Name MAN THE CHANGE?

Wir sind fünf Musiker, die gerne Krach machen und dabei den Inhalt, die Szene, die Menschen, die Gefühle, den Aufschrei und D.I.Y. nicht aus den Augen verlieren wollen. „Man the change“ ist der Name eines HOT WATER MUSIC-Songs und frei übersetzt einfach ein schöner Ausspruch: „Bemanne den Wechsel“. Das ist, was uns in den Sinn kommt, wenn wir von den oben genannten Inhalten unseres Daseins auf musikalischer Ebene sprechen.

Euer erstes Album „Forgiver“ ist nun schon eine Weile fertig. Jetzt mit etwas Abstand betrachtet, wie zufrieden seid ihr und wie ist die Resonanz?

„Forgiver“ kam am 01.01.10 raus und wir sind nach wie vor wirklich sehr zufrieden damit. Klar, würden wir ein paar Sachen ändern, aber das ist alles noch im Rahmen. Was den musikalischen und textlichen Inhalt, das Layout von Juan COMADRE, den Sound und das Gefühl betrifft, so würden wir „Forgiver“ mit ins Grab nehmen. Wir wollten auf keinen Fall eine Überproduktion. Das war uns wichtig. „Forgiver“ transportiert unseren Sound und uns im Allgemeinen perfekt und die Resonanz ist bisher durchweg positiv. Manche Reviews waren echt unglaublich und wir haben die erste Auflage von 200 Einheiten zu 95% ausschließlich auf Shows verkauft, was uns sehr freut, da „Forgiver“ in keinem einzigen Mailorder, sondern nur bei uns direkt oder über Deaf Cult Records zu bekommen ist.

„Forgiver“ erscheint endlich auch auf Vinyl. Warum hat’s so lange gedauert? Hat sich kein Label bereit erklärt, oder wolltet ihr das Album nicht dem erstbesten Label in die Hand drücken?

Da wir sehr viel selbst machen und gerade dann der Geldbeutel nicht so locker sitzt, war es für uns wichtig, zuerst einen Tonträger an den Start zu bringen, der von allen Hörern annehmbar und gleichzeitig von uns finanzierbar ist. Da schien uns CD geeigneter als Vinyl, gerade was die Kostenfrage betrifft. Mit der Zeit kamen aber immer mehr Vinylanfragen. Wir hatten diesen Wunsch zwar auch, aber man muss das Ganze auch realistisch sehen: Kleine deutsche Band, ohne Mailorder, Mini-Label etc. Da finanziert sich eine Auflage zwischen 100 und 500 LPs nicht so ohne weiteres. Wir hatten dann wahnsinniges Glück, dass Jan von Assault Records sich der ganzen Sache annahm. Mit ihm hatte ich immer wieder etwas Kontakt über die Jahre und ich meine zu wissen, dass er nur releaset, was er auch wirklich sowohl musikalisch als auch textlich supportet.

Das Layout für „Forgiver“ stammt von Juan von COMADRE. War es euch wichtig, dass jemand, der einen Bezug zu eurer Musik hat beziehungsweise etwas mit Punk/Hardcore anfangen kann, den Job macht?

Unser Gitarrist Thomas hat sowohl COMADRE als auch Juans Arbeiten über die Jahre verfolgt und das an uns herangetragen. Zwar haben wir zuvor andere Leute ausprobiert, aber keiner hat uns vom Hocker gehauen. Besonders freut uns, dass er für die LP noch ein alternatives Cover entwarf, was uns sehr wichtig war, da wir keine aufgeblasene Version des CD-Layouts wollten. Natürlich ist es auch wichtig, dass jemand mit Bezug zur Szene an unseren Arbeiten beteiligt ist.

Du sagtest bereits, dass D.I.Y. ein wichtiger Aspekt für euch sei.

Klar. Bei einer solchen Art von Musik ist dies auch enorm wichtig. Erstens aufgrund der bandinternen Finanzen und zweitens, um sich selbst zu verwirklichen und um den Leuten nicht nur sterile, gefühllose Einheitskost zu geben. Es kommt schon mal vor, dass ich aus Langeweile ein CD-Sleeve nähe, welches wir dann mit zur offiziellen CD geben. Wir lieben die Idee einer solchen individuellen Sache.

Im letzten Ox schreibt Kurt Ballou von CONVERGE, dass so was wie Straight Edge, Veganismus oder überhaupt politische Ideen in der Szene kaum noch Beachtung finden. Aussehen und Musik stünden mittlerweile höher im Kurs als eine bestimmte Message. Wie seht ihr das? Habt ihr gemeinsame Werte, die ihr vertretet oder eine Message? Ist so etwas nötig, um nicht in völliger Beliebigkeit zu verschwinden?

Nun, ich finde, dass dies nichts Neues ist. Menschen, Bands, Trends kommen und gehen. In jeder Szene. Das wiederholt sich. Heute ist die Musik durch das Netz zugänglicher als vor zehn Jahren. Dies bedeutet, dass sich viele Dinge noch schneller ändern und viele Trends wachsen und fallen, sobald ein neuer Hype getwittert wird. In unserem Fall ist es so, dass wir fünf wirklich unterschiedliche Typen sind. Das ist nicht immer einfach, das auf einen Nenner zu bringen, aber gerade das macht es am Ende aus. Lieder wie „Schade, dass Beton nicht brennt“ erheben mit nur einer Textzeile unseren politischen Anspruch, und sind außerdem eine Hommage an vergangene Zeiten und die Hausbesetzerszene. Ich denke zwar nicht, dass eine solche Message nötig ist, um sich aus der Masse hervorzuheben, da gerade über dem Szene-Tellerrand hinaus die meisten Leute erst die Musik, dann das Textblatt wahrnehmen. Aber wir haben ja auch an uns selbst den Anspruch, den Werten gerecht zu werden, welche unser Leben außerhalb und innerhalb dieser Szene ausmachen. Wir sind gleichermaßen daran interessiert, nicht nur Sound, sondern auch Message zu liefern. Und da wir drei Textschreiber in der Band sind, haben wir die Option, aus verschiedenen, persönlichen Schicksalen, Gedanken und Gefühlen berichten und wählen zu können.

Wie steht’s mit Mannheim? Die Szene scheint ja einigermaßen intakt zu sein, schließlich kamen und kommen ziemlich viele Bands aus der Gegend.

Wir sind ja nicht wirklich Mannheimer. Drei von uns leben hier, zwei davon sind zugezogen. Die anderen beiden sind näher an Karlsruhe dran. Darum haben wir zu Karlsruhe einen engeren Bezug als zu Mannheim. Aktuell gibt es aber sowohl in Mannheim wie auch in Karlsruhe immer noch Leute, die nicht müde werden, Krach zu machen, aktiv – KAISHAKUNIN, SAILING ON, ENDE/AUS, PLANKS – und passiv in Form von Shows. In Mannheim ist das JUZ mit seinen Leuten zu nennen, in Karlsruhe unter anderem die Mount Caldera- und New Noise-Booker. Wichtig ist, dass man immer das Ganze sieht. Egal, in welcher Stadt. Es sind nicht nur die Bands, sondern auch die helfenden Hände der Szene: Booker und ihre Helfer, Künstler, die Bilder, Videos, Flyer, Poster machen, Leute, die auf Shows gehen, Zines und Blogs, welche als Sprachrohr dienen.