LOVER!

Foto

Covering GUNS N’ROSES With A Lick Of Irony

Was haben die REATARDS, THE LOST SOUNDS, THE AMERICAN DEATH RAY und die KNAUGHTY KNIGHTS gemeinsam? In allen Bands spielte Rich Crook, der seit einiger Zeit als LOVER! den guten alten Punkrock mit viel Pop-Appeal verfeinert. Im Januar dieses Jahres haben Red Lounge Records mit „Let’s Play A Game“ eine weitere Single veröffentlicht und P.Trash haben mit „Worthless“ nachgelegt. Dazu kamen noch ein paar weitere Singles auf verschiedenen Labels raus. Die erste Vinylauflage von „Gathered In The Graveyard“ ist mittlerweile ausverkauft, die CD-Version zur Hälfte. Ende des Jahres veröffentlicht wiederum Red Lounge Records die nächste Full-Length. Ein Weile Luftschnappen und ins Wasser starren scheint der Kreativität von Rich Crook gut getan zu haben.

Rich, du veröffentlichst nicht nur am laufenden Band Platten, sondern arbeitest zwischendurch auch noch in „echten“ Jobs. Wie war es auf der Ölplattform?

Das ist nun schon ein paar Jahre her, aber wie bei jedem anderen Job auch gab es Vor- und Nachteile. Es ist eine sauschwere Arbeit gewesen und eine Menge schwitzender, dummer Typen kann dir sagen, was du zu tun und lassen hast. Und das auch noch mitten im Meer. Ohne bei der Armee gewesen zu sein: Ich denke, dort ist es ähnlich wie auf der Bohrinsel. Wage es ja nicht, eine andere Meinung zu haben und zu widersprechen! Und wenn man dann doch mal widerspricht, wird man ziemlich schnell aufs Festland geflogen und hat seinen Job verloren. Ich habe ein ums andere Mal die Fresse gehalten und versucht, mich von den anderen fern zu halten. Ich habe häufig den Boden geschrubbt und, wann immer möglich, den Haien und Meeresschildkröten im Wasser zugeschaut.

Offensichtlich sind Bohrinseln gute Inspirationsquellen für deine Musik, denn seit deiner Zeit dort gibt es stetige Veröffentlichungen, zuletzt unter dem Namen LOVER!.

Auf die Bohrinsel kam ich, weil ich hier in Memphis meinen Job verloren hatte. Ich war komplett blank und brauchte ganz schnell Geld. Mein Stiefvater kennt eine Menge Leute im Ölgeschäft und bot mir an, sich umzuhören. Also zog ich zurück nach Natchez, Mississippi, wo ich eigentlich herkomme, um auf einen Job im Golf von Mexiko zu warten. Während ich wartete, hatte ich eine Menge Zeit und ich fing an, Melodien zu erfinden, die langsam zu Songs wurden. Ich begann, die Ideen auf meinem 16-Spur-Aufnahmegerät aufzunehmen und richtige Songs daraus zu machen. Ich hatte gerade zwei Demos aufgenommen, als es mit dem Job auf der Bohrinsel losging. Dort bin ich dann richtig kreativ geworden. Während ich draußen auf dem Ozean war, bin ich fast explodiert vor lauter Songideen und der Bandname kam dann auch recht schnell: LOVER!. Als ich dann wieder an Land war, hatte ich genügend Material und Ideen, um mit dem Aufnehmen anzufangen.Warum bist du zurück nach Memphis gezogen?

Nun, ich bin lebe dort schon seit 1997. Damals war es in meinen Augen immer noch eine kleine charmante Stadt. Ich liebe Elvis und ich liebe Stax. In den letzten zehn Jahren habe ich diese beiden Geister für mich ziemlich romantisiert. Vielleicht habe ich versucht, diesen Tagtraum zu leben. Ich denke, dass jeder, der diesen Traum mit mir teilt, Memphis als magischen Ort empfinden wird, besonders wenn die Bäume im Frühling wieder anfangen auszuschlagen. Aber ich bin über diese Nostalgie hinweg und konzentriere mich wieder mehr auf die kreative Seite der Dinge. Was ich damit sagen will: Ein junger Musiker kann eine Menge Inspiration hier in Memphis finden, die ihn ändert und formt und Dinge ermöglicht, die er nicht für möglich gehalten hätte.

Kommen wir zu „Gathered In The Graveyard“. Hast du die Songs alle für das Album geschrieben oder sind auch ältere Stücke dabei?

Bis auf die Coverversionen sind alle Stücke neu und von mir für diese Platte geschrieben worden.

Gecovert hast du zum Beispiel „I got you“ von SPLIT ENZ. Wie kamst du auf den Song? Für die Jüngeren unter uns: SPLIT ENZ aus Neuseeland waren die Vorgängerband von CROWDED HOUSE, die während ihres Bestehens von 1971 bis 1984 recht unterschiedliche Musik machten.

1999 hat mir ein Freund ein Mixtape aufgenommen, und auf dem war „I got you“. Ich hatte noch nie von den SPLIT ENZ gehört, mochte den Song aber sehr. Über die Jahre habe ich ihn mir immer wieder angehört und gedacht, dass er mir besser gefallen würde, wenn er mehr Power hätte. Das heißt aber nicht, dass ich was habe gegen die SPLIT ENZ-Version, die ist super!

Und „My Michelle“ von GUNS N’ROSES ...

Ähnlich wie beim SPLIT ENZ-Song dachte ich, dass man daraus einen netten Popsong machen könnte. Ich wollte die Metal-Elemente rausnehmen, den Axl Rose-Gesangsstil verändern und Slashs Solo abmildern. Ich muss zugeben, dass ich das komplette „Appetite For Destruction“-Album liebe. Es ist die einzige Scheibe von GUNS N’ ROSES, die ich mag. Wie gesagt, ich wollte nur mal meine Version eines Songs hören, den ich als Kind geliebt habe.

Du hast alle Instrumente auf „Gathered In The Graveyard“ selbst eingespielt. Wie sieht deine Live-Band im Moment aus?

Ja, ich habe alle Instrumente auf diesem und dem Album davor selbst eingespielt. Für die Live-Band versuche ich Musiker aufgrund ihrer Geschichte und ihrer Liebe zum Musikmachen auszusuchen. Manchmal war ich überzeugt, dass die Leute, die ich gefunden hatte, gut genug waren, um die Songs zu lernen – nur um am Ende enttäuscht zu werden. Seither bin ich sehr wählerisch, wer mit mir spielt. Das hat es auch schwierig gemacht, LOVER! voranzubringen.

„Gathered In The Graveyard“ wurde auf dem Karlsruher Label Red Lounge veröffentlicht. Wie kam der Kontakt mit Martin zustande?

Ich habe Martin häufig bei Gigs in Deutschland getroffen, und als ich eines Tages in den Goner-Laden in Memphis gehe, stand er da. Und als er mir sagte, dass er LOVER! klasse findet und dass er ein komplettes LOVER!-Album aufnehmen und rausbringen wolle, war ich natürlich hin und weg. Es war auch der ideale Zeitpunkt, weil mein altes Label Empty Records nichts mehr unternahm, um die vorherige LOVER!-Platte zu promoten. Andere Labels, die ich kontaktiert habe, haben sich nie bei mir gemeldet. Aber seit der Europatour und dem Release von „Gathered In The Graveyard“ signalisieren einige Labels ihr Interesse, mehr von LOVER! zu veröffentlichen. Das habe ich Red Lounge zu verdanken.