Seit 2002 schon ist Dan Smith mit seinem Bandprojekt LISTENER unterwegs, bei dem ihn aktuell Kris Rochelle (dr) und Jon Terrey (gt) unterstützen. Ursprünglich war Hip-Hop die Ausgangsbasis, doch davon ist auf dem achten Album „Being Empty : Being Filled“ (Sounds of Subterrania) eigentlich nichts mehr zu spüren, höchstens zu erahnen, denn Smith (Gitarre, Gesang), in Kansas City, Missouri ansässig, hat seiner in Europa dauerpräsenten Band das Etikett „Talk Music“ verpasst.
Dan, ihr habt das Motto „Less rock, more talk“, und auf eurer Website bin ich auf die Aussage gestoßen: „Hi, we are a talk music band.“ Habt ihr diesen Begriff erfunden?
Tatsächlich ja. Es gab eine Zeit, als ich alleine unter dem Namen LISTENER auf Tour war und eine Art Indie-Hip Hop-Musik machte. Aber dann ich begann mit meinen Freunden zu touren und auf einmal waren wir die Band LISTENER. Wir haben die Shows zum Teil bei den gleichen Veranstaltern gebucht, und das Publikum kannte den Namen, doch wir wollten nicht als Hip Hop-Gruppe auftreten, aber es war auch nicht wirklich Rock oder Hardcore oder irgendetwas anderes. Also bat ich die Promoter, es als „Talk Music“-Show anzukündigen, und ich glaube, es hat funktioniert. Nicht dass man Musik in Genreschubladen einteilen müsste, aber es ist gut zu wissen, worauf man sich einlässt.
Warum ist dir lieber, deine Texte klar artikuliert vorzutragen, als ganz „normal“ zu singen oder auch zu schreien?
Es ist etwas, das ich schon als Kind gemacht hab. Mit elf habe ich angefangen, Hip Hop zu machen, und mich daran gewöhnt, mich den Vocals auf diese Weise zu nähern. Eine Art Poesie, ein ziemlich wortintensiver Schreib- und Vortragsstil. Ich ziehe das vor, weil es das ist, womit ich mich am wohlsten fühle. Zu singen liegt mir eigentlich gar nicht, aber wenn es bei einen Stück nicht anders geht, versuche ich es trotzdem.
Für mich hat diese Art des „Singens“ immer etwas von einer Spoken-Word-Performance, etwas, wo Gedichte vorgetragen werden.
Ich stimme da zu. Obwohl ich Poesie nicht so sehr mag, oder „Spoken Word“. Solche Genrebezeichnungen behindern meiner Meinung nach den künstlerischen Fortschritt. Es gibt sicherlich brillante Schriftsteller und Leute, die Wörter aneinanderreihen und damit auftreten, ohne sich stur nach Genreregeln zu richten, aber insgesamt ist das einfach nichts, was mich interessiert.
Hast du das „erfunden“ oder gibt es Künstler oder Bands, die dich beeinflusst haben? ENABLER zum Beispiel sind da gar nicht so weit weg ...
Ich habe das Aufsagen von Gedichten in einer Rockband nicht erfunden. Es gibt nicht viele so wie uns, aber da waren einige Bands, zu denen ich aufgeschaut und die ich gehört habe, während wir unsere Musik gemacht, die Welt bereist und Platten aufgenommen haben. Mir würden zwei Bands einfallen, die möglicherweise eng mit uns verwandt sind, und zwar MEWITHOUTYOU und LA DISPUTE. Da wären sicher noch mehr, aber die kenne ich jetzt nicht.
Was sind das für Geschichten, die du erzählst?
Auf dem neuen Album, „Being Empty : Being Filled“, geht es um das „Erfinden“. Wie es das Leben voranbringen und wie es seinen Schöpfer auszehren kann. Diese Idee durchfuhr mich und ich wollte versuchen, das auf einem Album einzufangen, den Triumph und den Herzschmerz, den es bedeutet, etwas zu erschaffen. Jedes Lied auf der Platte basiert auf einer Erfindung oder ihrem Erfinder, ich habe sie als Inspiration und Leitfaden für die Texte benutzt und aus dem, was ich über ihr Leben und ihre Schöpfungen herausgefunden habe, entstanden dann die Lieder.
Das Album ist gerade bei Sounds of Subterrania erschienen. Wie habt ihr Gregor kennen gelernt?
Wir kennen Gregor bestimmt schon fünf oder sechs Jahre. Wir haben ihn in Hamburg bei einer Show getroffen und er hat unsere letzten vier Platten hier in Europa rausgebracht. Wir haben mit anderen Labels gesprochen und überlegt, mit ihnen zu arbeiten, aber letzten Endes kümmern sich Gregor und SoS wirklich um ihre Bands und geben alles, um sicherzustellen, dass die Platte in den Ländern, in denen wir spielen, erhältlich und bekannt ist. Ihm bedeutet es genauso viel, unsere Musik zu veröffentlichen, wie uns und das ist wirklich das Beste, was man von seinem Plattenlabel erwarten kann.
Du spielst bis zu 150 Shows im Jahr – wie schaffst du das?
Die letzen 16 Jahre meines Lebens bin ich kreuz und quer herumgereist, habe Musik gemacht und die meiste Zeit auch davon gelebt. Und nur so ist es uns möglich, auf Tour zu sein, wenn es für unseren Lebensunterhalt reicht. Es gibt Jahre, gerade wenn wir eine neue Platte herausbringen, in denen wir noch mehr touren, aber wir haben festgestellt, dass ein oder zwei US-Touren pro Jahr, das Gleiche gilt für Europa, genau das Richtige für uns ist. Und dazu wollen wir gerne noch ein paar Orte besuchen, wo wir bisher noch nicht waren. Letzten Sommer waren wir in Russland und Israel, und wir versuchen jetzt, Australien und Japan in unseren Tourplan aufzunehmen. Ein „echter“ Job ist damit kaum vereinbar. Mir gefällt trotzdem der Sinn dahinter. Einige Jungs in der Band haben andere Bands, mit denen sie spielen oder Aufnahmen machen, oder suchen sich einen Job, wenn wir für ein paar Monate zu Hause sind. Was Freunde und Familie anbelangt, so muss man sich im Leben immer Zeit für die Menschen nehmen, die wichtig sind, und selbst dann kann es schwierig sein. Aber ich sehe meine Freunde in den USA und in Europa ein paar Mal jedes Jahr und versuche Zeit mit meiner Mutter und meiner Schwester zu verbringen, wann immer ich kann. Wir haben uns sogar einmal im Jahr getroffen, um gemeinsam zu verreisen. Das hat Spaß gemacht.
Das Artwork des Album stammt von Jesse Reno, was kannst du uns dazu erzählen?
Jesse ist ein Künstler aus Portland, Oregon und wir trafen ihn dort erstmals bei einer Show. Seine Arbeiten haben mich schlicht umgehauen, durch die Gefühle, die sie in mir hervorgerufen haben. Diese Mischung aus Farbe und Form erschloss mir einen Raum, meine eigene Geschichte über seine Bilder zu interpretieren. Als wir überlegten, was wir für ein Albumcover haben wollten, kam er uns in den Sinn und wir suchten dieses Bild aus. Es trägt den Titel „Wish from a mountain“. Irgendwie passt es zu dem Album. In der Hinsicht, dass du unsere Songs auf deine ganz eigene Weise verstehen kannst, basierend auf den Gefühlen, die es dir vermittelt und die in dir entstehen, wenn du es hörst. Du kannst dich sogar selbst darin wiederfinden, wenn du willst.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #136 Februar/März 2018 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #112 Februar/März 2014 und Anke Kalau