Die Kalifornier LIONHEART holen in diesem Jahr mit ihrem neuen Album „Into The Valley Of Death“ wieder zu einem gewaltigen Rundumschlag aus. Sänger Rob Watson nimmt sich ausführlich Zeit, um über den für ihn sehr persönlichen Albumtitel, seine Freundschaft zu Jesse Barnett von STICK TO YOUR GUNS oder seine Leidenschaft für Rocky Balboa zu sprechen. Was der Mann ohne Starallüren sonst noch alles so von sich gibt, erfahrt ihr hier.
Rob, warum habt ihr eurem neuen Album den Titel „Into The Valley Of Death“ gegeben?
Dieses Album ist wirklich persönlich und ich habe mich entschieden, über psychische Gesundheitsprobleme zu schreiben. „Valley Of Death“ beschreibt den Weg, den jemand bei der Behandlung von psychischen Problemen zurücklegen muss. Ich habe mein ganzes Leben lang mit Depressionen und bipolaren Störungen zu tun gehabt. Wenn ich auf diese Erfahrung zurückblicke, habe ich das Gefühl, als hätte „Valley Of Death“ erfasst, wie ich mich an den tiefsten Punkten meiner eigenen Reise fühlte. Ich denke, für die meisten Menschen, die mit solchen Problemen zu kämpfen haben, ist es eine Reise voller Gipfel und Täler, ähnlich wie bei mir. Sie haben gute Tage, schlechte Tage, gute Monate, schlechte Monate und manchmal gute und schlechte Jahre. Dieses Album konzentriert sich vor allem auf die Täler, durch die ich gehen musste. Das war manchmal ganz schön hart.
Apropos hart. Mir scheint, als hätten die Songs noch eine Spur mehr Heavyness als bei den vorherigen Werken.
Ja, du hast recht. Wir haben das Tuning tatsächlich geändert und für dieses Album vor allem die Gitarren auf B gesetzt. Sonst haben wir immer in C gespielt. Anfangs wollten nur etwas ausprobieren, fanden aber diesen brutaleren Sound einfach passender. Dieses Album ist dadurch definitiv dunkler und viel schwerer als „Welcome To The West Coast“. Die Texte sind ja viel persönlicher und ich denke, die brachialere Musik spiegelt eine Menge dieses Schmerzes wider.
Welches sind deine Lieblingstracks auf dem neuen Album und warum?
Ich würde sagen, dass es ein Gleichstand zwischen drei Tracks ist: „Rock bottom“, „When I get out“ und „Stories from the gutter“. Alle drei Tracks sind extremst persönlich und erzählen sehr anschauliche Geschichten über Abschnitte meines Lebens, die mich wirklich geprägt haben. „Rock bottom“ konzentriert sich auf Probleme mit der psychischen Gesundheit. „When I get out“ ist ein Song über eine schwierige Phase, als ich jünger war und Probleme mit dem Elternhaus, der Schule und all so was hatte. „Stories from the gutter“ handelt davon, mit nichts aufzuwachsen und von den Menschen, die um dich als Kind kämpfen, damit du ein möglichst gutes Leben hast.
Bei „Rock bottom“ singt doch Jesse Barnett von STICK TO YOUR GUNS mit ...
Ja, Jesse ist ein guter Freund von mir und er arbeitet auch mit mir zusammen, um LIONHEART im Tagesgeschäft zu unterstützen. Er ist fast unser Manager. Früher habe ich alles, was an Anfragen an die Band reinkam, ganz alleine beantwortet. Aber ich habe ja auch noch einen richtigen Job, ich leite ein Unternehmen, das Patienten über digitale Plattformen mit hochqualifizierten Therapeuten, Psychiatern und digitalen Tools verbindet. Wir wachsen rasant und ich habe dort viel zu tun, so dass manchmal für LIONHEART die nötige Zeit fehlt, um ehrlich zu sein. Jesse ist dann immer eine große Hilfe, um das LHHC-Haus in Ordnung zu halten.
Was hat es mit der Zusammenarbeit mit dem Rapper Mr. Jet Black auf sich, der bei „Before I wake“ mitsingt?
Jet ist nicht nur ein enger Freund, sondern jemand, zu dem ich aufschaue, ich bin jedes Mal aufs Neue stolz, ihn zu kennen. Er hat mich sehr beeinflusst und mir geholfen, LIONHEART am Laufen zu halten. Vor allem früher, als die meisten Leute mit dem Finger auf uns zeigten und uns wegen unseres Stils auslachten, gab es viele Momente, in denen ich dachte, ich will keine Musik mehr machen. Ich war mir nicht sicher, ob diese Mischung aus Hardcore und HipHop wirklich so gelungen ist. Dann war es oft Jet, der mich ermutigte, wieder ans Mikrofon zu gehen. Er hat übrigens auch bei den Aufnahmen für „Welcome To The West Coast“ mitgewirkt. Ich hätte dieses Album, ehrlich gesagt, nie ohne ihn gemacht. Kurzum, er hat schon hinter den Kulissen maßgeblich die Strippen in der Hand gehabt. Zudem ist er einer der härtesten Rapper in der Bay Area. Meine Lieblingssongs sind „For the F“, „Dope era“ und „Highway robbery“. Macht euch besser mit ihm vertraut in Deutschland, denn wir werden ihn bald auf Tour mitnehmen. Dann geht es richtig ab.
Meinst du in etwa so wie bei der Verfolgungsjagd à la „Mad Max“ in eurem Video zu „Burn“?
Ja, das war super, in den aufgemotzten Karren rumzufahren. „Burn“ wurde tatsächlich von „Mad Max“ beeinflusst, aber auch vom Video „California love“ von 2Pac. Ich habe immer gedacht, das ist ein so krankes Video, weil es völlig anders ist als alles, was Rapper damals rausbrachten. Wir sind mit „Burn“ genauso vorgegangen. Meiner Meinung nach veröffentlicht jede Band in unserem Genre immer die gleichen Videos mit Circle Pits, Stagedives oder harten Kerlen – uns übrigens eingeschlossen –, und so sagten wir, scheiß drauf, lass uns etwas Neues ausprobieren. Wir haben alle unsere Freunde dazu gebracht, mitzumachen und für uns in dem Clip herumzufahren. Kurzum, wir hatten viel Spaß. Das war wahrscheinlich das Lustigste, das wir je als Band gemacht haben.
Wir haben uns beide letztmalig auf dem Tell Bells Festival getroffen, wo ihr als Co-Headliner direkt vor SICK OF IT ALL aufgetreten seid. Trotz eures Bekanntheitsgrads hier in Europa benehmt ihr euch gar nicht wie Stars. Du bist fast die ganze Zeit auf dem Festivalgelände gewesen und hast unzählige Selfies mit Fans gemacht und alle Autogrammwünsche befriedigt. Ist gerade das etwas, das die Menschen hier in Europa an LIONHEART mögen?
Haha, mag schon sein, aber ich bin mir nicht sicher, da musst du die Fans selber fragen. Aber ich bin immer in der Menge oder beim Merch. Ich bin fast nie hinter der Bühne und hänge backstage ab. Mein Bruder und ich haben schon immer das mit dem Merch selbst organisiert. Wir bringen keinen Merch-Guy mit auf Tour, wir verkaufen alles immer selbst. Das ist genau die Nähe, die ich immer an Bands geliebt habe. Mit Fans und Freunden abzuhängen, ein bisschen zu trinken und ihre Geschichten zu hören, ist unschlagbar. Nichts ist vergleichbar damit, wenn jemand dir sagt, dass dein Lied sein Leben verändert oder dass ihn ein Text umgehauen hat. Natürlich mussten wir auch viel Kritik einstecken, denn einige Fans fanden unsere Auflösung und das schnelle Comeback nicht ganz so prickelnd. Aber auch das versuche ich jedem zu erklären. Auf Festivals laufe ich sowieso immer herum. Ich habe so viele tolle Leute beim Tells Bells getroffen, vor allem der Barbier war unschlagbar!
Rob, lass uns zu guter Letzt noch ein bisschen Ping-Pong spielen. Ich gebe dir zwei Begriffe zur Auswahl und du sagst einfach, was dir am besten gefällt. Los geht’s: Zur Zeit läuft hier „Rambo 5“ im Kino. Bist du eher Rambo- oder Rocky-Fan?
Definitiv Rocky. Rise of the underdog.
Die beiden Hardcore-Großmeister AGNOSTIC FRONT als auch CRO-MAGS haben vor kurzem neue Platten veröffentlicht. Wen präferierst du von beiden?
Auf jeden Fall AGNOSTIC FRONT. Großartige Band mit wahnsinniger Live-Power!
„Into The Valley Of Death“ kommt als CD wie auch LP raus. Was würdest du wählen?
Ich würde es auf Spotify hören. Sonst bin ich eher ein Fan von LPs, habe aber einfach keine Zeit, Platten aufzulegen. Somit: Stream it, baby!
Eben hast du Stagediving und Circle Pits erwähnt. Was machst du lieber?
Ich bin lieber im Pit, beim Diven verletzte ich mich immer.
Du hast erzählt, dass du gerne mit den Fans einen trinkst. Lieber Bier oder Schnaps?
Schnaps ist geiler! Von Bier wird man schnell satt und träge. Ich bin eher der Shots-Typ. Jägermeister ist großartig.
Zum Abschluss möchte ich dich nach drei Dingen fragen, die du mit Deutschland in Verbindung bringst.
Ganz einfach: Kebap, Kebap und Kebap. Das ist der absolute Oberhit hier. Ich könnte mich den ganzen Tag davon ernähren.
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