In ihrer Heimat füllen sie bereits riesige Hallen, jetzt wollen sie Deutschland erobern. Anlässlich der kommenden Tour von LES CAMÉLÉONS bringen wir euch ein Interview mit den acht Jungs aus Nantes. Diese Band mischt schon seit 1995 und dem Erscheinen ihrer ersten Platte „Viva La Fiesta“ konstant in der Oberliga der Live-Acts mit. Als Headliner locken sie tausende Fans auf Festivals, so schickten sie vor drei Jahren auf dem Lott-Festival beispielsweise über 8.000 begeisterte Menschen tanzen. Und im Frankreich nahen Nordrhein-Westfalen sind bei ihren Auftritten die Clubs immer genauso rappelvoll. Aber auch für Ska-Fans aus dem Rest der Republik ist diese Band ein echter Geheimtip.
Mit ihrer temporeichen Mischung aus Ska-Punk und südamerikanischen Rhythmen begeisterten sie schon auf drei Touren ihre deutsche Fangemeinde. Auf ihrem letzten, 2009 erschienenen Studioalbum „Ya Basta!!!!!“ bleiben LES CAMÉLÉONS ihrer Linie weiterhin treu, und treten damit – nicht nur stilistisch – in die Fußstapfen von MANO NEGRA. In französischer und spanischer Sprache singen die Jungs über Rassismus, Gewalt und Ungerechtigkeit. Dabei lassen sie aber auch den Spaßfaktor nicht außer Acht, schließlich war es doch genau das, was sie bei ihrer Bandgründung 1991 wollten: Spaß haben und selbst die Musik machen, die sie lieben.
Wären LES CAMÉLÉONS ein Film, wie würde er aussehen und welchem Genre würdet ihr ihn zuordnen?
Es würde aussehen wie der französische Film „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss“. Vom Genre her wäre es ein Märchen mit etwas Humor, Tränen, Sex und viel Glück.
Es gibt euch als Band schon fast 20 Jahre. Welche konkreten Entwicklungen habt ihr im Laufe eurer Bandgeschichte beobachtet?
Vor allem eine Entwicklung in der Bandbelegschaft! Kleiner Scherz. Wir haben eine Entwicklung in den musikalischen Trends, in den musikalischen Stilen gesehen, und auch mit dem Auftauchen der CD vor 20 Jahren und dann dem Anfang des Internets und des mp3-Formats.
Nach einem Jahr kommt ihr endlich wieder auf Deutschlandtour. Was habt ihr in dem Jahr so alles getrieben?
Das ist richtig, ein ganzes Jahr ohne Gig in Deutschland – nicht wirklich zu unserem Vergnügen, sondern wegen unserer Aktivitäten in Frankreich und der Veröffentlichung unseres achten Albums „Ya Basta!!!!!“. Aber wir können es kaum erwarten, wieder in das Land des Biers und der Bratwürste zu kommen.
Wie blickt ihr auf 2010 zurück– ein gutes oder schlechtes Jahr?
Es war ein gemischtes Jahr: Wir sind mit unserem neuen Album sehr zufrieden, es ist ein Vergnügen, die Songs live zu spielen. Wir sind aber ein bisschen enttäuscht, dass es so wenig Medienresonanz darauf gegeben hat. Wir dachten auch, dass es 2010 mehr Gigs geben würde. Die Wirtschaftskrise und die „Kälteempfindlichkeit“ einiger Veranstalter sind mit Grund für die Enttäuschung.
Welche Nachrichten oder Themen haben euch ganz allgemein bewegt?
Die Wirtschaftskrise in Europa und vor allem in Frankreich, wie ich schon gesagt habe. Und sie betrifft ja auch uns. Für uns ist Musik eine Leidenschaft und nichts, um damit reich zu werden. Tatsächlich leben wir von unserer Hände Arbeit, verdienen aber ganz bestimmt kein Vermögen. Diese Scheißkrise trifft eher die Leute, die wie wir für einen niedrigen Lohn arbeiten, nicht die Wohlhabenden. Das Erdbeben in Haiti hat uns ebenfalls entsetzlich berührt. Schließlich und nicht ganz so dramatisch: was uns echt betrübt hat, war der Zusammenbruch der französischen Fußballmannschaft bei der WM in Südafrika.
Ist es noch zu früh oder können wir uns vielleicht auch schon auf ein neues Album freuen?
Es ist ein bisschen früh, wir haben aber schon vier neue Lieder aufgenommen!
Was war das Highlight in eurer bisherigen Bandgeschichte?
Ohne zu zögern, das waren die Jahre 2002 bis 2005. Es war die Zeit, als wir auf den größten Festivals in Frankreich und Belgien gespielt haben: in Bobital, in Carhaix beim „Les Vieilles Charrues“, in Dour, „Fête de l’Humanité“ in Paris, auf dem „Le Printemps de Bourges“. Großartig war außerdem unsere Tour in Québec im Jahr 2000.
Mal ganz offen gefragt: Habt ihr Probleme mit dem Älterwerden? Das ist nicht wirklich etwas, wovon man träumt, oder?
Um ehrlich zu sein, ja, ist es beängstigend, Leute, die man liebt, altern zu sehen. Aber wir haben ja keine Wahl. In musikalischer Hinsicht solltet ihr unser Publikum fragen, ob wir jetzt alt wirken. Es ist aber nicht wirklich der Eindruck, den wir auf der Bühne rüberbringen , glaube und hoffe ich!
Habt ihr für unsere Leser ein paar musikalische Empfehlungen?
SPOOK AND THE GUAY mit „Ocho Rios“, CELTAS CORTOS mit „Gente Impresentable“ und von SANTA MACAIRO ORKESTAR alles!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #94 Februar/März 2011 und Max Schilling