LÀ PAR FORCE/DANCING IN THE DARK

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Drehscheibe Regensburg

Die zurzeit mit BEAR VS SHARK durch Deutschland tourenden Regensburger Indie-Rocker LÀ PAR FORCE dürften Freunde feiner Töne schon länger kennen, deren Vorgängerband STATIC 84 sowieso. Jetzt wird auch das Band-eigene Label Dancing In The Dark Records mehr und mehr aktiv: Neben den eigenen Sachen und den fantastischen Noise-Rockern KITTY EMPIRE sind dort jetzt auch TAGTRAUM zu Hause. Zusätzlich erschien gerade der Benefiz-Sampler „There Is A Light That Never Goes Out“. Wir unterhielten uns mit den LÀ PAR FORCE-Mitgliedern und Labelmachern Oise Ronsberger und Stefan Grunwald per E-Mail über ihr neues Album, das Plattenmachen, und wie eine D.I.Y.-Sache plötzlich immer größer wird.

Ist Regensburg eine gute Stadt für Indiemusik?

Oise:
„Darüber lässt sich sicher streiten. Grundsätzlich passiert in Regensburg schon viel. Es gibt das Schinderwies-Label, tolle Bands und Künstler wie BEIGE GT, SCHILLINGER, JENNY LUND, THE EUROPEAN TRANSLATION OF oder SPRUCE, und auch das beliebte Pitti Platsch-Fanzine kommt von hier. Ebenso wie der Eldorado-Plattenladen, den ich mitbetreibe und noch zwei weitere sehr gute Second-Hand-Läden. Jedoch ist in Regensburg die Unterstützung für einheimische Bands sehr gering. Kleine Shows kann man kaum veranstalten, da es keinen Raum mit erschwinglicher Miete gibt. Auch kommen Leute dann nicht zu den kleinen Shows, sondern investieren ihr Geld lieber in große und momentan größtenteils deutschsprachige Bands, die in der Alten Mälzerei Halt machen. Aber ich habe das Gefühl, dass die Macher in Regensburg, also die Bands und Labels, aktiver, selbstbewusster und auch immer besser werden. Wenn nun auch die Konsumenten, die Konzertgänger und die lokalen Medien unterstützender und solidarischer werden würden, dann könnte aus Regensburg durchaus noch ein kleines Indie-Mekka werden. Aber es ist eine wunderschöne Stadt, und bei aller Kritik möchte ich nirgendwo anders leben.“

Neben eurer Band LÀ PAR FORCE betreibt ihr dort ja auch schon einige Jahre das Label Dancing In The Dark.

Stefan:
Das erste Lebenszeichen des Labels war damals die Veröffentlichung der 7“ von STATIC 84, wo Oise und ich gespielt haben. Das müsste 1997 gewesen sein. Oise hat damals mit angefangen, der mit dem Label aber noch keine ernsten Ziele verfolgte. Es ging erstmal darum, die eigene Band zu unterstützen, und später eine erste Plattform für die befreundeten KITTY EMPIRE zu bieten. Mit denen kamen dann drei Veröffentlichungen raus, inklusive einer Split mit THE CHERRYVILLE. Danach wurde es dann ein wenig still, bis es dann wieder um eine eigene Band ging: LÀ PAR FORCE. Wir haben einfach den schon vorhandenen Namen des Labels genommen und unsere erste Veröffentlichung rausgebracht. Zusammengefasst ging es bis dato um das aktive Mitgestalten einer Subkultur und die Unterstützung befreundeter Bands sowie die der eigenen. Wie Menschen so was halt oft anfangen ...“

Und jetzt?

Stefan:
„Das Ganze nimmt ernsthaftere Formen an. Wir haben dieses Jahr das Album von LÀ PAR FORCE veröffentlicht, und allein dieser Schritt war für uns schon sehr überlegt und bedeutet für das Label einiges, da die Band bisher sehr viel Zeit, Energie und Geld darin investiert hat. Was wir uns von anderen Firmen erwartet hätten, wollen wir uns selber erfüllen – mit den Mitteln und Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, versteht sich. Ansonsten haben wir bereits eine zusätzliche ernste Arbeit auf uns genommen, da die Band TAGTRAUM ihre nächsten Sachen über uns veröffentlichen wird. Das bedeutet eben auch eine gewisse Verantwortung, da es TAGTRAUM nun schon seit elf Jahren gibt und sie auch keine Rückschritte machen wollen. Mit LÀ PAR FORCE, TAGTRAUM und der Compilation haben wir dieses Jahr doch einige schöne Sachen am laufen. Und ich bin mir sicher, dass sich das Label noch weiter formen wird. Mal sehen, was da noch so kommt, und wo es hinführt. Wir planen aber jetzt schon für 2005. So darf man auch bereits verkünden, dass die Luxemburger Band PETROGRAD wohl ihr nächstes Album über uns machen wird.“

Wie hängt ihr mit TAGTRAUM zusammen?

Stefan:
„Die Zusammenarbeit mit TAGTRAUM freut uns sehr, da wir die Band schon eine Weile kennen. Ich kann mich erinnern, als Sänger und Gitarrist Matze vor Jahren in meinem Zimmer meiner Heimatstadt stand, meine Plattensammlung anschaute und wir uns über unsere Bands unterhielten. TAGTRAUM hatten damals ihr erstes Album draußen. Von da an waren wir immer mehr oder weniger im Kontakt, spielten zusammen und haben uns hin und wieder getroffen. Intensiver wurde das in der letzten Zeit wieder. LÀ PAR FORCE spielten einige Konzerte mit ihnen, und so ist es zu intensiven Gesprächen über Label und ihre Pläne gekommen. Bei TAGTRAUM hat sich die letzten Jahre einiges getan, das ist eine ganz andere Band geworden. “

Eure aktuellste Veröffentlichung ist ja der Benefiz-Sampler „There Is A Light That Never Goes Out“, auf dem sich neben TAGTRAUM auch Bands wie TOMTE oder MUFF POTTER Songs zum Thema Selbstmord covern.

Stefan:
„Die Idee entstand ursprünglich durch den damals sehr tragischen Tod des Musikers Elliott Smith. Wenn man die Geschichte kennt, tut einem das Herz sowieso weh. Jedenfalls gab es danach noch einen Fall im Bekanntenkreis und weitere Fälle in Regensburg, was der letzte Auslöser war, sich dieses Themas anzunehmen. Sonst nimmt man es eigentlich gar nicht richtig wahr, es ist einfach weit weg. Viele Menschen befinden sich aber psychisch in einer sehr schlechten Verfassung und haben sehr konkrete Gedanken, sich das Leben zu nehmen, was einige früher oder später dann auch tun. Es ist also bestimmt nicht falsch, dies etwas zu verdeutlichen, wobei wir uns hier trotzdem zurückhalten und nicht zu plakativ damit umgehen möchten. Damit das Ganze noch mehr Sinn macht, geht ein fester Verkaufserlös an eine Regensburger Einrichtung, die diese Menschen berät. Und da ein Erlös nur Sinn macht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Verkauf läuft, haben wir bei Bands angefragt die sich bereits schon einen gewissen Status erspielt haben. So sind wir froh, TOMTE, THE ROBOCOP KRAUS und MUFF POTTER mit dabei zu haben, genauso wie TAGTRAUM, THE EUROPEAN TRANSLATION OF sowie eben unsere eigene Band LÀ PAR FORCE.“

Stichwort LÀ PAR FORCE: Euer kürzlich erschienenes Album „Fallen Leaves“ wurde von Chad Istvan von BOYSETSFIRE produziert. Wie kam es denn dazu?

Oise:
„Ich habe lange Zeit als Roadie für BOYSETSFIRE gearbeitet, wir habe viel erlebt und durchgemacht. Speziell mit Chad verbindet mich seither eine sehr enge Freundschaft, die wir so gut wie möglich pflegen, soweit das unsere Aktivitäten und eine Distanz von mehreren tausend Kilometern zulassen. Unsere alte Band STATIC 84 war schon als Support von BOYSETSFIRE unterwegs, und ich habe mal bei einer Europatour Bass für die Band gespielt. 2002 haben sie dann freundlicherweise LÀ PAR FORCE mit auf Europatour genommen, uns zum ersten Mal die Chance gegeben, vor einem größeren Publikum zu spielen. Chad hat dabei auch öfters angesprochen, dass er gerne unser Album produzieren würde, und wir haben ihn dann beim Wort genommen. Die Zusammenarbeit mit ihm war dann großartig, ich kann ihn nicht genug loben. Ohne dafür nur einen Cent zu sehen, hat er für uns seine rare Freizeit, Geld und Geduld geopfert. Das ist etwas, was ich ihm nie vergessen werde. Chad war mittags der Erste im Studio und morgens um vier der Letzte, der nach Hause ging. Bis tief in die Nacht hat er wie ein Besessener an Gitarrenspuren, Gesängen und alternativen Mixen gearbeitet. Er war von der Vorproduktion, beim Aufnehmen bis hin zum Mixen der Lieder jederzeit voll konzentriert dabei. Ich glaube nicht, dass man das bei nur einem dieser überbezahlten Produzenten-Legenden finden würde.“

Ihr seid ja zu dritt, aber auf eurem Album spielen Istvan und andere Musiker mit ...

Oise:
„Wir haben im Studio wirklich vor nichts halt gemacht – Cello, Piano, gedoppelte Gitarren, Orgel, Bariton- und Lap Steel-Gitarren. Denn Studio und live sind einfach zwei paar Stiefel! Live treten wir momentan ja als klassisches Trio auf, und dadurch sind die Lieder minimaler, direkter, transparenter. Was ich auch sehr angenehm finde.“

Wird es live da nicht schwierig, den Standard des Albums zu halten?

Oise:
„Wenn ich zum Konzert einer Band gehe, habe ich persönlich kein Interesse daran, deren Studioaufnahmen 1:1 zu hören. Dann könnte ich gleich zuhause bleiben, und müsste mich nicht einem verrauchten Raum mit schwitzenden Menschen und überteuerten Getränkepreisen aussetzen. Statt dessen schätze ich Live-Bands, die variieren, die vor allem die Ausstrahlung und Energie freisetzen, die eine Platte einfach nicht reproduzieren kann. Wir sind aber gerade dabei, bis Anfang 2005 ein zusätzliches Bandmitglied einzuführen, um die Dichte und Komplexität des Albums dann halbwegs auf die Bühne zu bringen.“

Ungewöhnlich finde ich, dass ihr euren Liedern im Booklet Zitate von Musikern, Dichtern und Schriftstellern vorangestellt habt.

Oise:
„Chad meinte während der Aufnahmen, dass er die Texte sehr mag, die jedoch ohne eine Erklärung wohl zu düster, zu kryptisch und wohl auch nicht allzu leicht zugänglich wären, und man den Leuten vielleicht etwas Orientierungshilfe geben sollte. Die klassischen ‚Punkrock-Linernotes‘, die nichts der Phantasie überlassen, und dem Ganzen jede Möglichkeit für eigene Interpretation nehmen, kamen aber nicht in Frage. Deswegen haben wir jetzt jedes Lied mit einem Zitat versehen, das jedoch die Texte nicht erklärt, sondern nur eine ungefähre Richtung vorgibt. Ich denke, so gibt man den Leuten eine ganz gute Vorstellung davon, was uns bewegt, inspiriert, und was vielleicht Anstöße zu den Liedern waren, ohne zu viel vorweg zu nehmen. Denn unsere Texte haben meistens verschiedene Ebenen – eine sehr persönliche, aber auch eine politische. Dadurch ist viel Raum für Interpretation und eigene Vorstellungen, die der Hörer dann hoffentlich selber füllt. Es ist übrigens das erste mal, dass ich mit den Texten zufrieden genug war, um sie abzudrucken. Ich hoffe wirklich, die Leute merken, dass hinter den Texten und den Zitaten viel Arbeit und viel Mühe stecken. Dass wir keine dieser Bands sind, die einfach belangloses Zeug singen, nur um eine Hookline in ein Lied einbauen zu können.“