KÜKEN

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Eher ein prekäres Hobby

Dieses Trio ist keine junge, noch unerfahrene, gerade geschlüpfte Band, wie der Name es vielleicht vermuten lässt. KÜKEN sind die Brüder Christian und Phillip Paul und Drummer Knut Beukert. Erfahrene Musiker, die sich dem perfekten Speed des 77er-Punkrock und dem Garage-Rock’n’Roll verschrieben haben. Ihr Sound mit dem zweistimmigen Gesang und keinen lange Pausen klingt mal dreckig-rotzig und dann wieder nach Powerpop. Es ist unmöglich, ihre Songs zu hören, ohne sich dabei zu bewegen. Die Musik fördert die Unruhe.

Phillip, woher kommt der für eine Rockband doch ungewöhnliche Name?

Wir wollten keinen englischen Namen à la THE ... haben. Aber es sollte etwas mit einem Umlaut drin sein, das kommt im Ausland immer so gut an. Und ein „K“ war wichtig, damit man es so schön punkig umdrehen kann. Das waren die Vorgaben und auf einmal kam Knut an mit KÜKEN. Und Christian hat dann mit MS Paint schnell das Logo gemacht, da ein Gig anstand. Wir dachten damals, es ist ja nur für ’ne kurze Zeit. Kuken, also ohne die Ü-Pünktchen, heißt auf Schwedisch übrigens Penis. Das sorgt dort regelmäßig für allgemeine Erheiterung. Uns war das zu Beginn nicht klar.

Wann war denn der Beginn, wann habt ihr euch gegründet?
Ende 2013. Unseren ersten Gig hatten wir im Gun Club auf Sankt Pauli. Das war im Januar 2014.

Habt ihr vorher auch schon in anderen Bands gespielt?
Ja, wir Brüder waren bei THE KIDNAPPERS. Mit der Band waren wir in Köln gute zehn Jahre aktiv und haben drei LPs gemacht. Knut war als Drummer in so vielen Bands, zum Beispiel bei MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER, RANDY’S RIPCORD und AMMUNATION. Er hat viel Hardcore gespielt, das kommt uns jetzt zugute.

Ihr seid ja gefühlt meist als Vorband unterwegs. Wollt ihr dieses Image nicht mal loswerden? Warum hat sich, mal provokativ gefragt, da nichts weiterentwickelt?
Das ist eine gute Frage. Es mag den Anschein erwecken und bei Gigs in Hamburg ist es vielleicht auch der Fall. Wir sind gut mit den Jungs von Wild Wax Shows befreundet, die in Hamburg sehr viele Konzerte und das Get Lost Festival organisieren. Es ist dann in der Regel recht bequem, ein paar Support-Slots abzugreifen. Bei vielen dieser Gigs gibt es diese strikte Trennung zwischen Vor- und Hauptband auch gar nicht. Als erste Band hat man da oft mehr Zuhörer. Außerhalb von Hamburg ist das auch in vielen Fällen anders und wir sehen uns nicht als Vorband. Es sind dann regelmäßig Abende dabei, an denen alle Bands auf Augenhöhe sind und man sich kurzfristig über die Reihenfolge abstimmt. Außerdem hat es durchaus auch Vorteile, vorneweg zu spielen, anstatt erst um ein Uhr nachts auf die Bühne zu gehen. Ist eher praktisch, dann kann man früher an die Bar. Wir könnten uns aber ebenso gut vorstellen, mal mit einer bekannten Musikgruppe im Vorprogramm auf eine Tour zu gehen. Grundsätzlich verstehen wir die Band aber als ein Hobby. Wir sind alle berufstätig und realistisch genug, um einzusehen, dass das Ganze nicht mehr allzu groß werden wird. Dafür ist die Musik auch zu speziell. Obwohl es weltweit Leute gibt, die daran interessiert sind, ist es am Ende des Tages doch eine Nische, in der wir uns bewegen. Durch die Band haben wir aber schon jede Menge witzige Leute kennengelernt und sind ganz gut rumgekommen. Man lernt als Band viele Orte eben ganz anders kennen als etwa Touristen. Das macht Spaß.

Wie sind bisher die Reaktionen auf eure dritte, wie immer namenlose LP? Live sind eure Songs sehr ähnlich, aber auf der neuen Scheibe klingt es auch mal nach Powerpop.
Ja, wir haben schon positive Rückmeldungen bekommen. Die Platte klingt rockiger und auch unterschiedlicher als unsere bisherigen Releases. Ein poppiges Stück ist auch dabei. Dieser Part war in der vorherigen Band ausgeprägter.

Eure LP ist ja ein DIY-Produkt. Wie kam es dazu?
Mein Bruder und ich haben einen Tontechnik-Background und haben alles bei uns im Proberaum selbst produziert. Unseren direkten Techno-Nachbarn mussten wir mal kurz für eine Woche ausladen, um in Ruhe aufzunehmen zu können. Die Basic Tracks kamen live aufs Band, wurden dann mit Overdubs versehen und das Ganze anschließend gemischt. Gemastert wurde in Berlin bei einem guten Kumpel. Es ist schwierig, unsere Live-Energie auf Platte rüberzubringen, darum erschien es uns so am besten.

Mit welchen Auflagen kalkuliert ihr bei den LPs?
Die Labels starten immer mit 500 Stück und dann gibt es gegebenenfalls eine Nachpressung. KÜKEN haben schon auf Bachelor Records aus Österreich, Drunken Sailor aus England und dem bandeigenen Label Wild Wax veröffentlicht. Unsere neue Platte ist jetzt auf Alien Snatch! aus Berlin erschienen und läuft schon sehr gut.

Was habt ihr noch für Ziele in der näheren Zukunft?
Wir wollen Ende Oktober, Anfang November eine kleine Tour machen und vorher im Sommer ein paar Festivalauftritte absolvieren. Mal sehen, ob wir dieses Jahr die Seuche loswerden, dass es bisher meistens geregnet hat. Außerdem arbeiten wir bereits an ein paar neuen Songs. Vielleicht schaffen wir es, 2024 noch mal eine Single rauszubringen.

Ihr seid eigentlich so gut, warum zündet ihr nicht die nächste Stufe? Ihr seid doch ein perfekt eingespieltes Trio.
Wir sperren uns da nicht, aber man sollte das auch ganz nüchtern betrachten. Den riesengroßen Response gibt es nicht. Wie bereits erwähnt, sehen wir das eher als Hobby und haben auch kein Management im Hintergrund. Das Wichtigste für uns war und ist, eine gute Zeit zu haben und ein bisschen herumzukommen. Und wenn es am Ende die Kosten deckt, sind wir zufrieden. Das geht wohl den meisten Bands in unserer Szene so. Seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten, ist fast unmöglich. In der Musikszene verhält es sich wie beim Rest der Gesellschaft, die Schere geht immer weiter auseinander. Es gibt eine Handvoll deutscher Rockbands, die sehr gut davon leben können. Und dann gibt es Bands, die auch richtig gut sind, die auch viel touren und Platten rausbringen, wo es aber höchstens für eine prekäre Existenz reicht. Heute braucht man als Band außer Glück vielleicht einen TikTok-Hit, um durchzustarten. Das Handwerk ist nicht mehr so entscheidend. Außerdem ist unser Eindruck, dass das breite Interesse seitens der Jugend fehlt beziehungsweise eher beim HipHop oder elektronischer und Techno-Musik liegt. Vielleicht klingt es jetzt etwas übertrieben, aber manchmal hat man das Gefühl, dass man mit dem Publikum altert.