JFA, oder auch „Jodie Foster‘s Army“, wurden 1981 in Phoenix, Arizona von den 21-Jährigen Don Redondo (Gitarre) und Michael Cornelius (Bass) sowie den beiden 14-Jährigen Mike Sversvold (Drums) und Brian Brannon (Gesang) gegründet. Mehr noch als ihr Interesse am kalifornischen Punkrock und frühem US-Hardcore, verband die Jungs ihr Hang zum knochenbrecherischen Skateboarden. Mit der schon 1981 erschienenen „Blatant Localism“-EP und der LP „Valley Of The Yakes“ von 1983 veröffentlichten JFA zwei Klassiker des so genannten Skaterock – schnell runtergerotzter Punkrock, dessen Texte sich zum großen Teil eben um das Fahren auf einem Rollbrett drehen.
Diese beiden Platten wurden vor ein paar Monaten zusammen mit einigen raren Songs und Livetracks von Alternative Tentacles unter dem Namen „We Know You Suck“ als vierter Teil im Rahmen ihrer Skatepunk-Reihe – nach den Platten von FREE BEER, LOS OLVIDADOS und den DRUNK INJUNS – auf CD wiederveröffentlicht. Ein guter Anlass also, um Sänger Brian Brannon, der zusammen mit Originalgitarrist Don Redondo und dem neuen Bassisten Bruce Taylor sowie ständig wechselnden Schlagzeugern trotz etwas ruhigerer Phasen seit 23 Jahren mit JFA – die in diesem Zeitraum auch immer wieder Platten veröffentlicht haben – aktiv ist, per Email ein paar Fragen zu schicken.
Was den Bandnamen anbelangt: John Warnock Hinckley versuchte 1981 den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan zu töten, um die Schauspielerin Jodie Foster zu beeindrucken, die er schon länger mit „Liebesbriefen“ bedachte und der er den geplanten Mord widmete. „Ich tue es nur für dich“, stand in seinem letzten Brief, den er aber nie abschickte. Ende Dezember 2003 durfte Hinckley übrigens die psychatrische Klinik, in der er 22 Jahre verbrachte, zum ersten Mal alleine verlassen. Eventuell kommt ja jetzt auch in JFA wieder etwas mehr Bewegung ...
Ihr habt 1981 mit JFA angefangen. Was bringt einen 14-jährigen dazu, in einer Punkrock-Band zu singen?
„Ich bin erst als letzter zu der Band gestoßen, der Kern waren Don und Michael. Sie spielten vorher schon in anderen Bands – Dan war bei THE DEEZ und Michael bei den JUNIOR CHEMISTS –, und sie waren Skater. Sie beschlossen, eine ‚All-Skater-Band‘ zu gründen. Ich habe Michael eines Nachts im ‚Hate House‘ getroffen, nachdem ich mich aus dem Haus geschlichen hatte. Wir sind schon vorher einmal zusammen auf einer Rampe gefahren, für die ich den größten Teil des Holzes geklaut hatte, und er fragte mich, ob ich schreien könne. Ich brüllte ihm so heftig, wie ich konnte, ins Ohr und gehörte ab da zur Band.“
Warst du ein Skateboarder, der Punkrock entdeckte oder war es umgekehrt?
„Ich bin schon, seit ich fünf Jahre alt war, die Straßen auf meinem Bauch runtergerutscht. Punkrock kam später, aber beides ging Hand in Hand.“
Was hat eure Musik beeinflusst? Wie war die damalige Szene in Phoenix?
„Die frühe südkalifornische Punkszene hatte einen großen Einfluss auf unsere Musik. Ganz besonders auf Don, der aus Huntington Beach kommt. Bands wie TSOL, THE FLYBOYS, THE GERMS, die Prä-Rollins-BLACK FLAG, CHINA WHITE, THE ADOLESCENTS und die CIRCLE JERKS waren sehr wichtig für uns. Die Szene in Phoenix war sehr breit gefächert. Es gab ‚Artsy-Punkbands‘, Bands im 70er-Punk-Stil, komische Freak-Bands, Rockabilly-Bands, und es gab die MEAT PUPPETS, die sich jeder Kategorisierung widersetzten. Aber alle hielten zusammen – es war eine sehr gute Szene.“
Gab es „Skate-Idole“ für euch?
„I like anyone who goes fast and hangs on. Und es kann nicht schaden, ein wenig Stil zu besitzen. Skate-Einflüsse waren für mich Duane Peters, Steve und Micke Alba, Steve Olson, Tony Alva, Jay Adams und Tom Inouye.“
JFA werden immer nur als legendäre Band der frühen 80er gesehen. Dabei habt ihr nie wirklich aufgehört zu spielen.
„Als wir Ende der 80er Pelado Records verließen, haben wir auch unseren Manager Tony Victor verloren. Er hat unsere Touren gebucht, uns bei den Aufnahmen geholfen, und es war eigentlich sein Verdienst, dass unser Name bekannter wurde. Und auch wenn wir danach weiter tourten und aufnahmen, fehlte einfach jemand, der uns promotete und die Menschen auf dem neuesten Stand hielt. So wurde es meine Aufgabe, Shows zu buchen und das Geld einzutreiben, aber ich bin ein zu netter Junge, und wie sagt man so schön: ‚Nice guys finish last‘. Es ist also alles etwas eingeschlafen.“
Was findet ihr so faszinierend an Hinckley, dass ihr seine Jodie Foster-Obsession für euren Bandnamen benutzt habt? Gab es Reaktionen von Jodie Foster oder ihren Anwälten?
„Don hatte einen Song über diesen Vorfall geschrieben. Wir hießen ursprünglich THE BREAKERS, und als wir erfuhren, dass es in Kalifornien bereits eine Band mit diesem Namen gab, übernahmen wir unseren Bandnamen einfach aus diesem Song. Ärger wegen des Namens gab es nie. Der Radiomoderator Rodney Bingenheimer von ‚Rodney on the ROQ‘ hat Jodie mal ein Exemplar unserer ersten Platte gegeben, und sie fand es wohl ‚niedlich‘.“
Ihr hattet eine Menge Besetzungswechsel. Gerade Schlagzeuger scheinen es nicht lange bei JFA auszuhalten. Wer ist von der Originalbesetzung noch dabei?
„Don und ich sind von Anfang an dabei. Aber es stimmt, wir haben definitiv ein Problem mit Schlagzeugern. They keep blowing up ...“
Um ehrlich zu sein: Wir sind nie wirklich Skateboard gefahren. Was ist das faszinierende an diesem Phänomen „Skateboarding“?
„Just the freedom to roll anywhere you want and express yourself in motion.“
Skatest du noch? Immerhin heilen die Knochen ja schlechter, je älter man wird.
„Natürlich. Momentan werden überall in Kalifornien neue Skateparks gebaut, und da ist es wirklich hart, nicht zu fahren.“
Punkrock und Hardcore sind doch wohl die einzigen Musikstile, die wirklich zum Skaten passen. Viele jüngere Skater hören aber lieber Hip-Hop oder fürchterlichen NewMetal. Kannst du das nachvollziehen?
„Hip-Hop passt mehr zum ‚Streetskating‘. NewMetal verstehe ich nicht.“
Punkrock wie auch Skateboarden haben mehrere, teils erfolgreiche, Versuche der Kommerzialisierung erfahren. Kann Skaten wirklich viele Menschen erreichen und zum Mainstream werden, so wie es Teile des Punkrocks waren und immer noch sind?
„Skateboarden, genau wie Punkrock, kann natürlich so bastardisiert werden, dass es zum großen kommerziellen Erfolg wird. Bei beiden ist es in gewisser Weise auch geschehen, aber die wahre Form ist zu tief, als dass es jemals für einen Massenmarkt ausgebeutet werden könnte.“
Du hast jahrelang für das Skate-Magazin „Thrasher“ geschrieben. Hast du immer noch damit zu tun?
„Ich bin zwar vor sechs oder sieben Jahren nach Huntington Beach gezogen, stehe aber immer noch mit dem ‚Thrasher‘-Herausgeber Ed Riggins in Verbindung. Mitte bis Ende der 80er habe ich regelmäßig Artikel im ‚Thrasher‘ geschrieben. Über Poolskating in Hinterhöfen oder riesige Wüsten-Pipes, in denen gefahren wurde. Von 1990 bis 1995 habe ich sogar Vollzeit beim ‚Thrasher‘ als Art Director und Musikredakteur gearbeitet. Ich hatte dort eine wirklich schöne Zeit.“
Ihr habt mit JFA auch Surfsongs wie „Walk, don‘t run“ und „Baja“ gepielt. Hast du damals das Skateboard auch mal gegen ein Surfbrett getauscht?
„Nicht als ich noch in Arizona lebte. Also musste ich mich damit begnügen, auf dem Skateboard im Surf-Stil zu fahren. Als ich dann beim ‚Thrasher‘ in San Francisco gearbeitet habe, habe ich Surfen am Ocean Beach gelernt, einem der heimtückischsten Surfplätze der Welt. Es ist dort kalt, es gibt Haie, große Wellen, starke Strömungen und Felsen, was aber hilft, den Menschenansturm dort gering zu halten. Don war damals derjenige, der vorschlug, Surfsongs zu spielen. Er kommt, wie gesagt, aus Huntington Beach und hat sein ganzes Leben gesurft.“
Du bist vor einer Weile als Journalist der US Navy Reserve beigetreten. Was für ein Job ist das?
„Es ist ein großartiger Job. Einmal im Monat fahre ich für ein Wochenende nach San Diego, um in den dortigen Parks zu skaten, und zwei Wochen im Jahr kann ich Dienst an jedem Ort der Erde machen, an dem ich will. Mein Job ist es, Fotos und Videos von Navyschiffen und -matrosen zu machen, und darüber zu schreiben. Ich bin nach dem 11. September 2001 eingetreten, und habe es bisher nicht bereut.“
Wie kam es zu dem Release von „You Know We Suck“, und wie sieht es mit der Erhältlichkeit eurer anderen Veröffentlichungen aus?
„Wir sind unzählige Male gefragt worden, ob wir nicht das alte Zeug neu veröffentlichen wollen, aber wir wollten es nicht auf irgendeinem komischen und kurzlebigen Label machen, oder von irgendwem abgezockt werden. Als dann Alternative Tentacles wegen einer Veröffentlichung auf uns zukamen, waren wir sehr froh. Wir werden jetzt sehen, wie es läuft, und dann eventuell den anderen Kram auch neu rausbringen.“
Was hast du mit der Website skaterock.com zu tun?
„Ich arbeite dort als Redakteur mit. Michael Cornelius, unser Originalbassist, hat die Seite ins Leben gerufen und hält sie auch am Laufen. Er hat das wirklich toll gemacht, man findet dort eine Menge Informationen über Bands und Skateboarding.“
Was können wir von JFA in Zukunft erwarten?
„Wir beheben gerade ein paar Probleme in unserer Rhythmusabteilung. Sobald wir uns darum gekümmert haben, werden wir sicherlich mit neuer Musik aufwarten können. Bis dahin sollte man sich unsere fünf Songs auf ‚Concrete Waves‘ auf Disaster Records, dem Label von Duane Peters, anhören. Es ist das Beste, was wir je gemacht haben. Ansonsten möchte ich allen Menschen danken, die uns über die Jahre unterstützt haben. Das bedeutet uns eine Menge. Wir haben eine lange und wilde Fahrt hinter uns, würden sie aber gegen nichts auf der Welt eintauschen.“
Brian, danke für das Interview.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Joachim Hiller & André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #35 II 1999 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #93 Dezember 2010/Januar 2011 und Joachim Hiller