JETZ

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Königin Mutters Prunkstücke

Wir schreiben das Jahr 1978. Im Reich der Königin mit dem geheimen Handtaschencode, genauer in Cheshunt, Hertfordshire veröffentlichen THE JETZ auf Rebel Records, einem Sublabel von EMI, die Single „Catch Me/Breaking It Down“. Ohne es zu wissen haben sie mit dem Titelsong eine Powerpop-Hymne für die Ewigkeit geschrieben, die Sammler Jahrzehnte später dazu veranlassen wird, astronomische Summen für diese 7“ zu bezahlen. Eine Single, die in ihrem Heimatland niemals veröffentlicht wird, dafür aber in Schweden, Holland, Deutschland und Belgien. Ein weiterer bis heute unerklärlicher Schachzug der Musikindustrie, der letztendlich den Anfang vom Ende für die Band einläutet – THE JETZ lösen sich 1979 auf. Genau 30 Jahre später fasst sich das Label Sing Sing Records ein Herz und veröffentlicht die Kult-Single wieder. Einem jungen Mann aus Berlin scheint dies nicht genug zu sein. Er nimmt Kontakt zu der Band auf und fragt nach unveröffentlichten Aufnahmen für eine etwaige LP auf seinem Label Queen Mum Records. Der wahrscheinlich größte Dienst, der der gierigen Powerpop-Gemeinde erwiesen werden konnte, nimmt Gestalt an. Nur wenige Monate später erscheint auf besagtem Label die „Anthology 1977-79“-LP von JETZ. Wo andere Labels der Sparte „KBD Punk & Powerpop“ zumeist nur noch an den Knochen der einst großen Vergangenheit nagen und verschimmelte Tonbänder der Menschheit anstatt der Mülltonne zumuten, bieten THE JETZ zwölf Songs, die ebenso zwölf Hymnen für die Ewigkeit entsprechen wie der grandiose Titelsong ihrer bis dahin einzigen Single. Liest man nun die Antworten von Den und Alex in diesem Interview, dann spürt man genau das selbe Herzblut und die selbe Leidenschaft, wie man es bei jeder Rille ihrer Platte hört.

Für die Leute, die euch noch nicht kennen sollten, gebt uns doch bitte einen kurzen Überblick über die Geschichte der JETZ.

Den: Alex und ich haben so um 1974 in einer Schulband angefangen und für etwa ein Jahr gelegentlich in der Aula der Schule gespielt, bis wir realisiert haben, dass sich das Ganze mit einem Bassisten vielleicht besser anhören würde. Trace Graham von der Nachbarschule ist dann bei uns eingestiegen und kurz danach Tony Skeggs als zweiter Leadgitarrist. Wir fingen dann an, mit einer Mischung aus Coverversionen und eigenen Songs in den Pubs und Clubs der Umgebung zu spielen. Ende 1976 wurde uns dann von Rebel Records, einem Unterlabel von EMI, ein Plattenvertrag angeboten.

Wie ihr in den Linernotes eurer von Queen Mum Records veröffentlichten LP „The Anthology 1977-79“ erwähnt, wart ihr von der B-Seite der „Catch Me“-7“ nie wirklich begeistert, da sie aufgenommen wurde, bevor es mit Punk losging, und sich eher nach QUEEN oder STATUS QUO anhört. Inwiefern hat das Aufkommen von Punk die Identität eurer Band und eure Musik verändert, was waren davor eure Einflüsse?

Alex:Punk hat uns auf einen anderen Weg gebracht als den, den wir vorher eingeschlagen hatten, und wir haben uns wieder mehr auf die rauhe und ursprüngliche Seite unserer Einflüsse konzentriert. Ich war davor durch Bands wie die BEATLES, THE WHO, QUEEN, David Bowie, ROXY MUSIC und SLADE beeinflusst.

Den: Punkrock hat alles verändert. Heutzutage vergisst man schnell, wie abgestanden und fade die Musikszene von 1975/76 war. In England waren die einzigen Bands, die Plattenverträge bekommen haben, Pop Acts wie die BAY CITY ROLLERS, SMOKIE und SHOWADDYWADDY. Für Kids wie uns waren Bands wie THIN LIZZY, QUEEN und STATUS QUO das einzig akzeptable Gesicht der Szene zu dieser Zeit, denn immerhin hatten diese wenigstens eine gewisse rauhe Energie in ihrer Musik. Die B-Seite von „Catch Me“ haben wir in diesem Klima geschrieben und aufgenommen, lange bevor irgendeiner von uns überhaupt eine Ahnung hatte, dass bald so etwas wie Punk passieren würde. Die Einflüsse unserer Band waren damals ziemlich breit gefächert. Tony und Trace waren eher die „Rock-Fans“ in unserer Band, THIN LIZZY, DEEP PURPLE, ALEX HARVEY BAND und solche Sachen. Meine eigenen Wurzeln lagen da eher in den Sechzigern, BEATLES, STONES, THE WHO, KINKS, SMALL FACES, all diese Leute.

Alex: Ich denke, damit stehen wir auch nicht alleine da, diesen Sixties-Einfluss kann man bei vielen der Punkbands finden, die damals entstanden sind. THE WHO und die KINKS sind ganz offensichtlich Favoriten von THE JAM gewesen und die STRANGLERS hatten dieses gewisse DOORS-Feeling in ihrem Keyboard-Sound. Es wird ja auch öfter mal gesagt, dass „Louie Louie“ von den KINGSMEN von 1964 vielleicht die erste Punk-Platte war.

Wo seht ihr denn dann die Gemeinsamkeiten zwischen den JETZ, die 1976 ihre erste Session in den Majestic Recording Studios in London aufgenommen haben, und den JETZ, nachdem Punk die Musikindustrie auf den Kopf gestellt hat?

Den: Auch schon vor 1976 waren wir alle immer auf der Suche nach einer besonderen Energie, einer bestimmten inneren Einstellung in unserer Musik, was ganz offensichtlich auch unsere Gemeinsamkeit war, die uns als THE JETZ zusammengebracht hat. Während andere Bands aus unserer Gegend zu dieser Zeit Funk, Prog-Rock oder Cabaret gespielt haben, prügelten wir uns durch „Substitute“ von THE WHO oder „Under my wheels“ von Alice Cooper, kurz gesagt wollten wir einfach Krach machen. Ich denke, dass wir schon vor Punk so eine Art praktizierende Punks waren. Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir damals zum ersten Mal auf DR. FEELGOOD aufmerksam geworden sind, wahrscheinlich durch Trace, und kurz darauf, Ende 1976, haben wir dann alle die SEX PISTOLS entdeckt.

Alex: Ich denke, uns war immer bewusst, dass wir anders waren als die typische Standard-Punkband damals. Egal, ob vor Punk oder danach, wir haben immer versucht, mit unseren Songs sowohl eine starke Melodie als auch die rauhe Energie des Punk abzuliefern.

Wie habt ihr damals diese Geburtsstunde des Punk in Großbritannien erlebt? Und wie waren die Reaktionen darauf in eurer Umgebung? Denn auch wenn Cheshunt, Hertfordshire nicht besonders weit weg ist von London, ist es doch sicher eine völlig andere Welt.

Alex: Für alle von uns war es etwas völlig Neues, und es war lange überfällig, dass die Musikindustrie endlich mal einen Tritt in den Arsch bekommen hat. Dass wir mehr als erfreut waren, unseren Teil dazu beitragen zu können, dürfte selbstverständlich sein. Aus Hertfordshire zu kommen, einer Art Vorort, wie du sagst, brachte natürlich mit sich, dass man relativ behütet aufgewachsen ist und so in mancher Hinsicht natürlich nicht diese Wut im Bauch hatte, die uns dazu getrieben hätte, über Anarchie zu singen. Was wir aber ganz sicher hatten, war der Enthusiasmus und die Energie, einen ganz eigenen Sound spielen zu wollen, der uns von den anderen unterscheidet. Wir wussten, dass wir eine Band waren, die dazu imstande war, diese Energie rüberzubringen, und jetzt war der Zeitpunkt für uns gekommen, das zu beweisen.

Den: Wie Alex schon gesagt hat, Cheshunt in Hertfordshire war sicher nicht das kulturelle Zentrum des Universums. Jeder, wirklich absolut jeder trug Schlaghosen und sah aus wie ein Vollidiot, du hattest damals überhaupt keine andere Wahl. Niemand trug gerade geschnittene Jeans, weil niemand sie verkaufte. Wenn du wirklich versuchen wolltest, ein Rebell oder irgendwie anders zu sein, dann war deine einzige Möglichkeit, Hosen mit einem größeren Schlag als bei den anderen Typen zu kaufen, womit du dann nur wieder wie ein noch größerer Vollidiot ausgesehen hast. Ende 1976 hörten wir dann „New rose“ von THE DAMNED und natürlich etwas später SEX PISTOLS’ „Anarchy in the U.K.“. Um ganz ehrlich zu sein, Trace war wahrscheinlich der Einzige in der Band, der sich dort sofort zugehörig fühlte. Er war immer der „Schlüssel-Punk“ in der Band. Während wir am Rande des Beckens standen und unsere Zehen ins Wasser hielten, ist er einfach kopfüber reingesprungen. Während der Monate, die dann noch folgen sollten, entdeckten aber auch alle anderen neue Bands, die sie begeistern konnten. Dann endlich, Anfang 1977, waren wir die ersten in unserer Stadt, die Röhrenjeans trugen. Ich kann mich noch genau an die verstörten Blicke der Schlaghosen-Fanatiker erinnern – Punk kam nur sehr sehr langsam in Hertfordshire an.

Welche Bands waren es, die euch am meisten begeistert haben? Eurem Look und Sound nach zu schließen, wart ihr sicher nicht die Art Typen, die versucht haben, die SEX PISTOLS nachzuäffen. Denkt ihr, dass Punk anfangs eher für ein allgemeines Klima der Veränderung stand als für einen bestimmten Stil?

Alex: Definitiv, sicher waren wir zwar begeistert von der neuen Energie und den neuen Ideen, aber was das musikalische angeht, konnte uns der „hard core“-Punk nicht wirklich überzeugen. Meine Favoriten? Ich würde sagen ELVIS COSTELLO & THE ATTRACTIONS, THE JAM, STRANGLERS, IAN DURY & THE BLOCKHEADS und bis zu einem gewissen Punkt THE CLASH.

Den: Ich füge dem noch die UNDERTONES und EDDIE & THE HOT RODS hinzu. „Do anything you wanna do“ war zu dieser Zeit einer der absoluten Überhits für mich. Andere Bands, die wir gut fanden, waren vor allem auch die, die durch die Tür kamen, nachdem Punk sie geöffnet hatte. THE PRETENDERS, FLAMIN’ GROOVIES, THE MOTORS, Bands, die halt einfach mehr dieses „Retro-Feeling“ in ihrer Musik hatten. Das Musik-Business hat da irgendwann das Label „Powerpop“ drauf geklebt, was dann auch die Kategorie war, in der wir uns später wiedergefunden haben.

Alex: Dieses Klima gab uns die Richtung vor, obwohl wir uns selbst dann außerhalb der Punk-Sache wiederfanden. Ich denke auch, dass Powerpop unseren Stil besser beschreibt.

Den: Als Punk um die Ecke kam, war es plötzlich das Ding, um das gesamte Rock-Establishment als „boring old farts“ und völlig nutzlos hinzustellen. Warf Johnny Rotten nicht Glen Matlock deshalb aus der Band, weil der zugegeben hatte, dass er die BEATLES gut findet? Haha, dann hätte er uns sicher alle rausgeworfen. Mit diesem Schwachsinn hatten wir einfach nichts am Hut, denn obwohl wir die Pop- und Rock-Szene 1976 sicher genauso gehasst haben wie Johnny Rotten, waren wir trotzdem noch begeistert von der Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Wir liebten die Ausstrahlung, die Punk mit sich brachte, wie er alles erschütterte, aber das selbe galt halt auch für Melodien und musikalisches Können. Die meisten von uns sind total auf die SEX PISTOLS abgefahren und wir waren alle der Meinung, dass ihre Platten großartig sind, die meisten anderen Punkbands der ersten Generation konnten uns aber nicht wirklich begeistern – jedenfalls nicht in dem Maße wie die anderen neuen Bands, von denen wir eben gesprochen haben. Vielleicht war es einfach schwierig für uns, sich für Bands zu begeistern oder von ihnen beeindruckt zu sein, die noch weniger Akkorde spielen konnten als wir. Keine Ahnung.

1978 wurde dann endlich auch eure Single veröffentlicht, durch ein Sublabel von EMI, seltsamerweise aber zuerst in Schweden, Deutschland, Holland und Belgien und natürlich mit der ungewollten B-Seite. Habt ihr irgendwann einmal den Grund für diese seltsame Veröffentlichungsstrategie erfahren?

Alex: Ja, die Wichser waren zu knapp bei Kasse, um sich weitere Studiozeit leisten zu können, also packten sie ein altes, beschissenes Demo auf die B-Seite. Vielleicht waren sie ja neben ihrer Funktion als Plattenbosse noch zusätzlich heimliche Glam-Rock-Fans? Warum die Single niemals in Großbritannien veröffentlicht wurde, das haben wir nie erfahren. Wahrscheinlich mochten sie die B-Seite nicht.

Den: Wie gesagt, wir haben nie herausgefunden, warum das so gelaufen ist. Nach dem Fiasko mit der B-Seite, und als wir erfuhren, dass die Single niemals in Großbritannien erscheinen würde, war die Laune bei uns allen ohnehin schon am Tiefpunkt. Damals war es für uns auch kein besonderer Trost, dass die Single anderenorts veröffentlicht wurde. In den Zeiten vor dem Internet hatten wir so natürlich überhaupt keine Möglichkeit nachzuvollziehen, ob die Platte irgendwo in diesen Ländern gespielt wird oder sie überhaupt jemand kauft. Von der Plattenfirma haben wir darüber auch nie irgendwelche Informationen bekommen, von Geld gar nicht erst zu sprechen. Irgendwie hätte uns das aber auch nicht besonders gekümmert, denn das Einzige, was uns interessierte, war Erfolg in unserem eigenen Land zu haben.

Kurz nach Veröffentlichung der Single habt ihr euch aufgemacht zu einer Tour durch Dänemark – nicht gerade alltäglich für ein paar Jungs aus den ländlichen Vororten des Königreiches. Welche „seltsamen“ Dinge habt ihr während dieser Tour erlebt, die euch sonst sicher nicht passiert wären?

Alex: Wir waren alle noch ziemlich naiv und wurden in ein Hotel mit Prostituierten gesteckt, die nebenbei noch Marihuana verkauften, um über die Runden zu kommen. Das hat uns natürlich erst mal die Augen geöffnet, war aber auch „Real Rock’n’Roll“, wenn man so will. Wir sind aber auch nicht wirklich Eingeborene aus Deliverence, die in Inzucht leben, sondern sind ja im 15-Meilen-Radius von London aufgewachsen. Du hast aber trotzdem Recht, dass es für uns schwierig war, damit zurechtzukommen. Wir haben sogar gefragt, ob wir nicht in ein anderes Hotel ziehen könnten. Es war einfach zu viel auf einmal.

Den: Wir haben alle fantastische Erinnerungen an diese zwei Touren durch Dänemark. Wir sind jeden Tag zu einem anderen Gig gefahren, in kleine schneebedeckte Orte, die aussahen wie gemalt. Es war schweinekalt und wundert mich bis heute, wie unser Van es überhaupt bis dahin und wieder zurück geschafft hat. Die Konzerte waren eine Mischung aus allem, was man sich vorstellen kann, also Sporthallen, Schulen und Jugendclubs.

Alex: Da die Dänen englische Bands anscheinend grundsätzlich liebten, war es nicht besonders schwer, das Publikum auf unsere Seite zu bekommen. Nur einmal, als wir in einer Nervenheilanstalt spielten, wusste ich nicht genau, ob sie uns gut fanden oder nicht, aber wir kamen immerhin wieder lebend raus.

Als ihr von diesem Trip zurückgekehrt seid und gesehen habt, dass eure Single dort nicht veröffentlicht wurde, war das rückblickend der Anfang vom Ende für eure Band oder gab es noch andere Gründe, sich 1979 nach einer letzten Tour, die euch wieder nach Dänemark geführt hat, aufzulösen?

Alex: Es war auf jeden Fall eine riesige Enttäuschung, dass unsere Single zu Hause niemals erscheinen würde. Wir machten dann zwar noch für eine Weile weiter, aber die Musikszene veränderte sich ständig neu, und wir alle hatten das Gefühl, irgendwie anders weiterkommen zu müssen. Die einen widmeten sich anderen Sachen und die anderen hatten endgültig die Schnauze voll und entschlossen sich, da es an der Zeit wäre, einen ordentlichen Job zu suchen, sich in die altbekannte Tretmühle zu begeben.

Was waren diese anderen Sachen?

Den: Ungefähr 1980 gründeten Tony, Andy und ich die PENCILS, eine Band mit deutlich mehr Sixties-Einflüssen. Wir veröffentlichten drei Singles auf dem englischen Label Next Records – endlich also doch noch ein U.K.-Release – und nahmen ein Album in Frankfurt auf.

Zurück in die Gegenwart, in der – 30 Jahre nach Auflösung der Band – Sing Sing Records aus New York auf euch zukam, um die „Catch Me“-7“ wiederzuveröffentlichen. War das auch das erste Mal, dass ihr gehört habt, dass eure einzige Veröffentlichung inzwischen ein hochgesuchtes Sammlerstück ist, für das mehrere hundert Euro gezahlt werden?

Den: Alex hat mir damals die eBay-Links geschickt mit der Bemerkung: „Hast du das schon gesehen? 300 Dollar für eine Originalpressung von „Catch Me“. Wir waren wirklich erstaunt und überrascht. Kurz danach erhielt ich dann den Anruf von Sing Sing Records aus den USA, die die Single wiederveröffentlichen wollten. Ich weiß noch, dass ich geantwortet hatte, das sei zwar cool, aber ob man die B-Seite ändern könnte. Haha, ich werde wohl nie damit klarkommen.

Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr von diesem nachträglichen „Ruhm“ und eurer Popularität erfahren habt, und wie sehr wünscht man sich, man hätte eine Wagenladung Singles im Keller verstaut?

Den: Es ist für uns alle schön, dass die Band endlich Beachtung findet. Das rechtfertigt auch die ganze harte Arbeit, die wir über die Jahre in die Band gesteckt haben. Natürlich ärgern wir uns, dass wir damals 1978 nicht ein paar Boxen der Original-7“ eingelagert haben, aber ich habe, glaube ich, damals sowieso nur drei Exemplare von EMI bekommen, haha. Tony hat seine damals verschenkt und ein Jahr oder zwei später rief er mich an, ob er sich eine von mir borgen könnte. Es war ein heißer Sommer und er hat sie auf dem Rücksitz seines Autos liegen lassen, als ich sie das nächste Mal sah, war sie komplett verformt.

Alex: Es tut gut zu sehen, dass die Scheibe nach all den Jahren eine Art Kult-Klassiker geworden ist. Ich hatte eine Wagenladung davon und habe jede einzelne verkauft, darum besitze ich auch dieses Haus in Spanien, haha.

Hättet ihr zu diesem Zeitpunkt erwartet, dass die ganze Geschichte bald noch größer wird, und wie überrascht wart ihr, als sich Kidnap von Queen Mum Records wegen unveröffentlichter Songs für eine LP bei euch gemeldet hat?

Den: Ich hatte gedacht, dass mit dem Rerelease von „Catch me“ durch Sing Sing Records das letzte Kapitel der JETZ-Story beendet ist. Als sich dann Kidnap mit seiner Idee für einige Reunion-Konzerte meldete, war das für mich eine totale Überraschung und ich musste erst einmal lachen. Immerhin waren 32 Jahre ins Land gegangen, seit wir das letzte Mal zusammengespielt hatten. Auch wenn wir uns immer mal wieder sehen, sind die Tage der JETZ lange her und weit weg. Trotz allem wurde ich von Kidnaps Enthusiasmus angesteckt und dann dauerte es auch nicht mehr lange, bis mir klar wurde, dass er zum einen absolut aufrichtig ist und zum anderen tatsächlich in der Lage, das auch wirklich auf die Beine zu stellen. Damit aus dem Ganzen etwas werden konnte, brauchte es aber noch die Zustimmung vier weiterer Ex-JETZ-Mitglieder, aber sie hielten es auch für eine gute Idee. Kidnap fragte dann, ob wir außer den Songs auf der 7“ noch weitere Songs aus der selben Zeit hätten und wie du ja weißt, führte das zu der Anthology-LP, die vor kurzem von Queen Mum Records veröffentlicht wurde.

Nachdem euch klar wurde, dass aus den Plänen langsam Ernst wird, welche Erwartungen hattet ihr an die Platte und wie zufrieden seid ihr mit dem Ergebnis?

Alex: Es war wichtig, dass alle in der Band völlig hinter der Idee stehen und dass ihnen klar war, dass sie die Songs neu lernen und wieder und wieder üben müssen, damit die beiden Konzerte in Deutschland so gut wie nur irgendwie möglich werden. Ansonsten wären wir nicht auf die Idee eingegangen und hätten alles so gelassen, wie es war. Aber dass die Songs gut genug sind, um sie zu veröffentlichen, wusste ich ja sowieso und ich bin äußerst zufrieden mit der fertigen Platte.

Den: Wir wussten immer, dass wir einige gute Songs haben, weshalb es für uns auch so enttäuschend war, als die Band sich auflöste und es sicher schien, dass diese Aufnahmen für alle Zeit ungehört bleiben. Als Kidnap vorschlug, das unveröffentlichte Material rauszubringen, war ich von der Idee ziemlich angetan. Meine einzige Angst bestand darin, dass die alten Kassetten in meinem Keller vielleicht so viel Staub angesammelt hätten, dass man sie nicht mehr abspielen könnte. Zum Glück waren sie aber okay, und als ich sie gereinigt und die Tracks remastert hatte, war ich mir sicher, dass es Leute geben wird, die an dem Album verdammt viel Spaß haben werden.

Wenn sich Kidnap nicht bei euch gemeldet hätte, denkt ihr, dass ihr diese Songs jemals veröffentlicht hättet?

Den: 32 Jahre sind vergangen und in dieser Zeit hat niemals jemand nach diesen unveröffentlichten Aufnahmen gefragt. Nein, ich denke nicht, dass das Album ohne die Energie und den Enthusiasmus von Kidnap jemals erschienen wäre. Für mich fühlt sich das fantastisch an und dafür bin ich ihm sehr dankbar.