Es lösen sich immer mehr gute Bands auf, gerade Bands der harten und schnellen Sorte wie HIGHSCORE, SURF NAZIS MUST DIE, M.O.T.U. und FORCE OF CHANGE hinterlassen riesige Löcher in der deutschen Hardcore-Szene. Zum Glück tauchen auch immer wieder Bands auf, die einen in Erstaunen versetzen, dass hier doch noch Bands spielen, die über Arschtritt und Attitüde verfügen. THE ITALIAN STALLION ist so eine Band. Vor kurzem erschien ihre Debüt-7“ auf dem Musikzimmer-Label von Junge von EA 80 und die Resonanz war bisher stets positiv. Ich traf mich mit Sänger Kohlen und Gitarrist Rix in Moers bei ihrer gemeinsamen Show mit BONES BRIGADE, SHORT FUSE und DOWN TO NOTHING, während ihr Drummer Makke dafür sorgte, dass Bands und Besucher mit leckerem veganen Essen verpflegt wurden.
Ihr kommt ja aus Wegberg, einem kleinen Kaff hinter Mönchengladbach, dennoch habt ihr dort eine relativ aktive Szene. Wie kommt das?
Kohlen: „In Wegberg ging das vor vier bis fünf Jahren los. Ich habe damals mit ein paar Kumpeln die Band CAUGHT MY BREATH gegründet, bei denen auch unser jetziger Gittarist Christian dabei war. Wir dachten damals, dass wir das einzige Punkrock-Ding in Wegberg wären, aber als wir dann die ersten Konzerte dort spielten, kamen schon jede Menge Kids, die unsere Texte kannten und es ging sogar richtig zur Sache. Es kamen immer mehr kleinere Bands dazu, wie z. B. AGAINST YOUR SOCIETY, mit denen wir viel zusammen spielen, DE NIRO, BETWEEN THE DEMONS und andere. Da hat sich halt Einiges getan und man fährt auch mit immer richtig vielen Leuten zu Konzerten, die außerhalb sind. Wir haben in Wegberg noch das katholische Jugendheim ‚Katho‘, in dem wir ab und zu mal Shows organisieren können, und das ist bei Hardcore- und Punkrock-Shows schon immer gut gefüllt.“
Eure Texte sind ja immer mit einem gewissen Augenzwinkern zu sehen. Inwiefern nehmt ihr Hardcore und Punkrock denn ernst?
Kohlen: „Unsere Texte sollten von vorneherein keine typischen Hardcore-Texte werden. Da ich die meistens schreibe, habe ich auch keinen Bock, da großartig Klischees reinzuhauen, deswegen habe ich sogar viele Texte auf Deutsch geschrieben. Ich kann mich so einfach besser ausdrücken als mit irgendwelcher ‚Proud of my pride‘-Scheiße. Das Ganze wollte ich dann halt auch ein bisschen witzig gestalten, da Hardcore auch keine zu ernste Sache sein soll. Man möchte mit seinen Texten ja Leute erreichen, und das muss man nicht unbedingt mit irgendwelchen großen Reden oder Texten, die keine Sau versteht. Lieber kleine Parolen, als Philosophie-Gequatsche und ‚Tough guy‘-Scheiße.“
Ihr habt ja einen ziemlich anti-homophoben Background, seid aber selber nicht schwul. Wie kommt das denn, dass ihr euren Standpunkt bei Konzerten immer direkt klar macht?
Kohlen: „Wir fanden das von Anfang an wichtig, weil Hardcore heutzutage für viele einfach heißt, keinen Spaß zu haben, in der Moshpit der Coolste zu sein und darauf zu achten ein ‚echter‘ Mann zu sein. Diese Tatsachen und gerade die Homophobie finden wir total scheiße. Es gibt so viele Straight-Egde-Bands, die Toleranz predigen und erwarten, dass man gegenüber ihrem Leben tolerant sein soll, aber dann Schwule scheiße finden. Wenn es schon eine vereinte Szene geben soll, dann auch mit schwulen Leuten.“
Rix: „Wer Schwule scheiße findet, ist nicht besser als ein Nazi!“
Ihr habt ja bisher nur diverse Demos und eine 7“ draußen und trotzdem seid ihr ja in kurzer Zeit relativ erfolgreich geworden. Ihr kriegt überall gute Kritiken und spielt inzwischen viele Shows mit Bands, die ihr selber total liebt. Wie kommt ihr darauf klar?
Rix: „Dass wir mit den ganzen Bands jetzt spielen, ist für uns natürlich megageil. Das fing damit an, dass wir zwei Shows mit R.A.M.B.O. zusammen hatten. Als da die erste Anfrage kam, dachten wir uns: ‚Wir haben es geschafft. Jetzt können wir uns auflösen!‘ Dass wir jetzt auch noch mit BONES BRIGADE spielen, hätten wir niemals gedacht. Klar, finden wir selber die Sachen gut, die wir spielen, sonst würden wir sie ja nicht machen, aber wir dachten halt, dass uns viel mehr Leute kacke finden, da wir ja auch nicht so einen hohen Anspruch haben. Wie das jetzt alles kommt, wissen wir selber nicht so genau. Wir haben bis jetzt auch noch kein einziges schlechtes Review gelesen, was uns auch sehr wundert. Von mir auch könnte es denn totalen Verriss geben, solange wir nicht als Durchschnitt angesehen werden.“
Früher wart ihr ja lokal dafür bekannt, ziemlich schlechte Musiker zu sein, aber habt dies immer mit diversen Verkleidungen kaschiert. Was gab es da für Highlights und warum lasst ihr das heute bleiben?
Kohlen: „Die Band war damals schon gegründet, bevor wir überhaupt Musik geschrieben hatten, also wussten wir auch direkt, dass wir nur scheiße sein können. Daher dachten wir, etwas von unserem nicht vorhandenen musikalischen Talent ablenken zu müssen. Am lustigsten waren unsere Verkleidungen als afrikanische Eingeborene, mit Baströckchen, Afroperücken und schwarz angemalt. Ich wurde damals bei der Show auch an einem Stock gefesselt an Händen und Füßen reingetragen und in die Ecke geworfen. Die Geisha-Kostümierung war auch sehr gut, aber die legendäre Ghostbusters-Show zusammen mit HIGHSCORE und SKATEBOARD, mit fast in Originalgröße aus Pappe und Styropor nachgebautem Ekto 1, war richtig geil. Inzwischen können wir aber einigermaßen spielen und lassen es daher bleiben, haha. Zum Teil kommen die Shows aber auch einfach zu kurzfristig oder wir denken generell gar nicht mehr dran.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #61 August/September 2005 und Timbo Jones
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #101 April/Mai 2012 und Ute Borchardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Ute Borchardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #67 August/September 2006 und Tim Tilgner