IRON REAGAN kommen aus Richmond, Virgina, und wenn ich den Namen Tony Foresta erwähne, dürfte bei thrashaffinen Musikfans alles klar sein: genau, der Herr shoutet sonst bei MUNICIPAL WASTE, und sein Bandkollege Phil Hall (Gitarre, auch CANNABIS CORPSE) ist ebenfalls mit von der Partie, Ryan Parrish (Drums) kennt man von DARKEST HOUR, und Mark Bronzino (Gitarre) und Rob Skotis (Bass) sind sonst bei MAMMOTH GRINDER. Eine Supergroup? Ein Spaßprojekt? Beides. IRON REAGAN sind auf jeden Fall oldschool as fuck, mit „Tyranny Of Will“ (Relapse) haben sie ein neues Album raus. Tony und Ryan beantworteten meine Fragen.
Tony, wie alt bist du? Und was sind deine ersten, prägenden Erinnerungen an Ronald Reagan?
Tony: Ich bin 39. Reagan bin ich das erste Mal durch das GENESIS-Musikvideo zu „Land of confusion“ begegnet. Davon bekomme ich immer noch Alpträume, haha.
Eine Zeitgenossin Ronald Reagans war Maggie Thatcher, genannt die „Eiserne Lady“. Seid ihr so auf IRON REAGAN gekommen? Oder habt ihr diesen Namen nur gewählt, weil er sich so ähnlich anhört wie IRON MAIDEN?
Tony: Der Bandname hat so viele Bedeutungen. Ich glaube, es ist der perfekte Name für den Musikstil, den wir spielen. Er ist bedrohlich, verwirrend und „in your face“. Genau wie die Musik, ha!
Was ist deine Lieblingsstory über Reagan? Mir gefällt besonders sein albernes „Wir beginnen mit der Bombardierung in fünf Minuten“ bei einer Mikrofonprobe. Aber die Gräber von SS-Soldaten im deutschen Bitburg zu besuchen – wovon der RAMONES-Song „Bonzo goes to Bitburg“ handelt –, ist natürlich auch erinnerungswürdig.
Tony: Wir hätten diesen Witz fast als Sample auf unserer Platte benutzt, haha!
Ryan: Ich erinnere mich noch an einen Reagan-Spruch, den er 1981, nach dem versuchten Attentat durch John Hickley Jr. in Washington D.C., gegenüber den Chirurgen im Operationssaal abließ, als er mit zwei Schusswunden eingeliefert wurde: „Ich hoffe, Sie sind alle Republikaner!“ Es gibt noch ein weiteres großartiges Zitat von Reagan. Nachdem er den Mordversuch überlebt hatte, sagte er zu seiner Frau Nancy: „Schatz, ich hab vergessen, mich zu ducken.“ Ein Klassiker.
Apropos Bitburg: Daher kommt das Bitburger-Bier. Was ist euer Lieblingsbier? Gibt es irgendwelche guten, kleinen Brauereien in Richmond?
Ryan: Es gibt wirklich fantastische kleine Brauereien in Richmond. Zwei, die mir sofort einfallen, sind die Hardywood Park Craft Brewery und die Legend Brewery. Hardywood hat ein großartiges Weißbier nach belgischer Brauart. Es heißt Hardywood Singel. Mein liebstes Legend-Bier müsste das Legend Lager sein. Ich bin eher ein Typ, der gerne Lager trinkt. Besonders geil ist es natürlich, zu Hause ein leckeres Bier aus einer Brauerei aus der unmittelbaren Umgebung zu trinken. Außerdem gibt es in Richmond noch das Mekong, das kürzlich zu Amerikas bester Bierbar gewählt wurde. An, der Typ der das Mekong betreibt, ist total besessen von Bier und es ist wirklich beeindruckend, was sie in dieser Bar für eine Auswahl an leckeren, gezapften Bieren haben. Es ist überwältigend. Ich bin da noch nie nüchtern rausgekommen und ich bin mir nicht sicher, ob das jemals jemand geschafft hat, mit dem ich da mal hingegangen bin. Deshalb nehmen wir immer ein Taxi!
Tony: Meine Lieblingsbrauerei ist Three Floyds in Munster, Indiana. Wir hatten das Vergnügen, dass wir mit IRON REAGAN auf ihrer alljährlichen Party namens „Dark Lord Day“ auftreten durften. Es hat einen riesigen Spaß gemacht. Wir, HIGH ON FIRE und EYEHATEGOD haben gespielt. Wir hatten den ganzen Tag über hervorragendes Bier und beste Laune. Ich war im Bier-Nerd-Himmel.
Zurück zu Reagan: Klassischer Thrash Metal war sehr politisch und geprägt von der Reagan-Ära. „Reaganomics sucks“ von D.R.I. fällt mir da ein. Warum sollte Musik politisch sein und nicht nur Unterhaltung?
Tony: Ich denke, es ist okay, wenn man als Band nicht politisch ist. Es kommt einfach nur darauf an, welche Message du mit deiner Musik rüberbringen willst. Es gibt so viele Themen, über die man singen kann. Für mich kommt es darauf an, dass es unterhaltsam und interessant ist.
Ryan: Uns bietet die Möglichkeit, unsere politischen Standpunkte oder Ansichten durch die Musik auszudrücken, ein Ventil. Aber auf der anderen Seite weckt das bei den Leuten auch ein Bewusstsein, das vorher vielleicht noch nicht unbedingt ausgeprägt war. Glücklicherweise sind wir in der Lage zu unterhalten und gleichzeitig ein paar Erkenntnisse zu verbreiten. Es ist cool, in einer Band zu sein, die zugleich einen Song wie „Nameless“ haben kann, der religiöse Gruppen infrage stellt, die Selbstmordattentate und den sinnlosen Mord von Männern, Frauen und Kindern rechtfertigen, und auf dem selben Album eine Nummer mit der Ansage „Your kid’s an asshole“. Die Vermischung von politischem Bewusstsein mit Humor ist das, was die Texte von IRON REAGAN so facettenreich macht. Das neue Album „Tyranny Of Will“ ist auf jeden Fall gespickt mit politischen Aussagen und lustigen Themen. Du lachst, du weinst ... es ist eine Gefühlsachterbahn.
Thrash und Hardcore waren immer Geschwister, mit einer Menge an stilistischen Gemeinsamkeiten. Was verbindet sie und was, denkst du, sind die größten Unterschiede?
Ryan: Hardcore und Thrash Metal sind deshalb verbunden, weil viele Leute auf beiden Seiten sich in einem Punkt einig sind: Sie lieben aggressive Musik. Egal, ob du zu einem superharten Breakdown durch den Raum moshen willst, oder so lange zu einem schnellen Gitarrenriff deinen Kopf schüttelst, dass dein Nacken am nächsten Tag wehtut – beide Musikstile sind offen für Chaos und Wut und helfen dabei, sich abzureagieren im Angesicht der immer gleichen Scheiße Tag für Tag. Klar, mit beiden kann man angestauten Ärger abbauen, aber beide Szenen verbindet auch ein überwältigendes Gefühl der Zusammenhalts. Wir sitzen alle im selben Boot, also lasst uns unsere Aggressionen zusammen im Circle Pit oder Moshpit abbauen, uns gegenseitig blaue Augen schlagen und später darüber lachen.
Sind IRON REAGAN eine Band oder nur ein „Projekt“?
Tony: Wenn diese Band nur ein Projekt wäre, hätten wir wohl kaum die letzten acht Monate durchgehend mit ihr getourt. Ich liebe diese Band und ich denke, die neue Platte könnte eine der besten sein, an denen ich jemals beteiligt gewesen bin. Ich bin mit ganzem Herzen dabei, genau wie sonst auch immer. Wir machen hier keine halben Sachen.
Ryan:Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns irgendeine seiner Bands nur als ein Projekt ansieht. Ich bin bei jeder meiner musikalischen Unternehmungen mit Herz und Seele dabei, und wenn ich es aus irgendeinem anderen Grund machen würde, wäre ich hier falsch. Jeder von uns ist hochmotiviert und fest entschlossen, mit IRON REAGAN das Beste zu erreichen, was wir herausholen können. Ich habe vor, alles, was in meiner Macht steht, zu tun, um so gut zu spielen und so viel Spaß zu haben, wie es geht. Genau das macht eine Band aus. Eine Band bestehend aus Freunden. Wenn irgendwann einer meiner Bands nur noch aus Leuten besteht, mit denen ich Musik mache, dann ist es Zeit weiterzuziehen.
Tony, deine Kommentare zu ein paar eurer Songs, bitte. Los geht’s mit „Patriotic shock“.
Tony: Dieser Song handelt von der Erkenntnis jemanden gewählt zu haben, der sich überhaupt nicht, um deine Absichten schert. Du hast dich für die Vorstellungen eines Kandidaten eingesetzt und für seine Kampagne geworben und dann kommt der schockierende Moment, an dem du feststellen musst, dass diese Person deine Interessen mit Füßen tritt. Ein „patriotischer Schock“.
„Four more year“
Tony: Die Grundidee ist hier dieselbe wie bei „Patriotic shock“. Aber dieser Song nimmt die Perspektive eines Kandidaten ein, der im Grunde alles sagt und tut, nur um sein Amt zu behalten und wiedergewählt zu werden.
„U lock the bike cop“
Tony: Ich hasse Bullen auf Fahrrädern. Sie fahren durch meine Stadt und gehen uns auf den Sack, wenn wir einfach nur nach Hause gehen wollen. Ich wohne in einer großen Universitätsstadt, also sind diese Deppen überall. Sie glauben, sie wären die Kings. Wenigstens einmal im Leben möchte ich einem von ihnen mit meinem verdammten U-lock-Fahrradschloss eins überbraten. Natürlich würde es sie nicht umbringen oder so, weil sie die ganze Zeit ihre dämlichen Fahrradhelme tragen. Aber ich wette, sie wären danach ganz schön im Arsch. Diese Loser.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #130 Februar/März 2017 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #130 Februar/März 2017 und Wolfram Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #115 August/September 2014 und Joachim Hiller