Das neue Album „Wanderer“ von THE INTERSPHERE ist ein Kind der Veränderung. Vieles hat sich bei der Band getan, welche Herausforderungen sie dabei gemeistert haben, erklärt uns Sänger und Gitarrist Christoph.
Seit wir beim letzten Album miteinander gesprochen haben, ist viel passiert – die Pandemie hat bei euch wie allen anderen auch sämtliche Pläne durchkreuzt, aber auch labelmäßig hat sich was bei euch getan. Denkst du, die letzten Jahre haben die Band auch abseits der Musik verändert?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben mittlerweile alle Familie, sind Väter geworden, es gibt jede Menge neue Herausforderungen, neue Verantwortungen, wir haben teilweise auch durch die Pandemie andere Jobs angenommen, die helfen, das Leben zu stemmen. Obwohl unser Proberaum und unsere Base nach wie vor in Mannheim ist, wohnt aber niemand mehr da. Die Pandemie hat uns als Band auch gezwungen, uns zu digitalisieren, wir haben einen Patreon-Kanal eröffnet, der uns in unserem kreativen Schaffen unabhängiger macht, wir haben noch immer wöchentliche Videocalls, in denen wir die wichtigsten Sachen besprechen und eben nicht mehr wie vorher, dass wir uns einmal die Woche persönlich gesehen haben. Alles muss viel besser koordiniert werden, damit wir weiterhin als Band agieren können.
Inwieweit sind diese Veränderungen auf „Wanderer“ deiner Meinung nach spürbar?
Überall. Durch die Pandemie sind die Stücke in den Rohversionen komplett bei mir im Studio entstanden. Ich hatte während der Lockdowns viel Zeit und habe dann wild drauflos komponiert, in alle möglichen Richtungen. Die Ur-Versionen von „Treasure chest“, „Who likes to deal with death“ oder auch „Down“ hatten zunächst nicht sonderlich viel mit dem INTERSPHERE-Sound gemeinsam. Ich habe dann schon ziemlich weit produzierte Demos an die Jungs geschickt, mit der Bitte, das nicht gleich abzusägen, wenn es zu weit draußen ist, sondern sich darauf einzulassen und zu probieren, anders daranzugehen und alte Pfade zu verlassen. Wir haben dann im zweiten Schritt, als wir uns wieder treffen konnten, in Mannheim geprobt und parallel dazu in meinem Studio umfangreiche Vorproduktionen der Songs gemacht und sie Stück für Stück wieder in unseren Kosmos zurückgeholt, aber trotzdem immer wieder darauf geachtet, genau das zu umgehen, was wir normalerweise machen würden. Durch diese ganzen Veränderungen hat der Prozess zwar ziemlich lange gedauert, aber am Ende haben sich jeder Schritt, jede Diskussion und jedes Ringen um den beste Umsetzung der Songs doch sehr gelohnt.
Ist „Wanderer“ in seiner Entstehung noch ein Pandemie-Album oder schon ein Post-Pandemie Album? Inwieweit haben die Ereignisse der Krisenjahre einen Einfluss darauf gehabt?
Rein von der Entstehungsgeschichte ist es schon ein Pandemie-Album. Inhaltlich war für uns jedoch von Anfang an klar, dass die ganze Situation neue Chancen bietet. Wir haben immer das Positive darin gesehen, uns weiterzuentwickeln und Neues auszuprobieren. Uns auf den Weg gemacht, alte Muster und Verhaltensweisen abzulegen. Dieser Vibe des Aufbruchs hat sich dann auch in der ganzen Zeit der Produktion, von den Texten bis zum Artwork durchgezogen. Es ist für uns ähnlich wie bei den großen politischen Fragen, beim Klimawandel beispielsweise oder dem Umbau von Gesellschafts- oder Wirtschaftssystemen: Es wird ohne persönliche Einschnitte, teilweise bis zum Unzumutbaren, und ein massives Umdenken nicht funktionieren. Aber am Ende kann etwas viel Besseres und Größeres daraus entstehen, wenn man nur die Chancen erkennt und sich darauf einlässt. Aber bei dem inflationären Gebrauch des Wortes Krise da draußen ... Krise bedeutet ja letztendlich nur, dass etwas schiefläuft, sich in eine falsche Richtung bewegt, was für einen Großteil der Menschen negative Auswirkungen hat, weshalb man sich schnellstmöglich Gedanken darüber machen sollte, etwas zum Besseren zu ändern.
Bei eurem letzten Album sagtet ihr bei uns im Gespräch, dass es Überlegungen gab, die Band aufzulösen – war das auch diesmal ein Gedanke, der möglich erschien?
Wenn man die Band unter rein wirtschaftlichen Aspekten betrachtet oder Zeitaufwand versus Nutzen, müsste man sie auflösen, aber das ist nicht der Motor, der uns antreibt. Wir kennen uns nun schon seit fast zwanzig Jahren und haben viel miteinander erlebt und uns gemeinsam weiterentwickelt. Auch wenn es nicht leicht war, haben wir immer einen Weg gefunden, dass die Band als kreative Einheit funktioniert, dass die Musik uns antreibt, wir das machen können, was wir selbst am meisten lieben, losgelöst von Vorgaben irgendwelcher Labels und Management-Strukturen. Also die „Krisen“ der letzten Jahre haben uns eher gezeigt, dass es sehr wohl Wege gibt, wie die Band, Berufe und Jobs zum Lebensunterhalt und persönliche und familiäre Verpflichtungen friedlich nebeneinander existieren können. Und deshalb klingt für uns „Wanderer“ auch eher nach Freispielen, nach einem Album, das Grenzen neu auslotet und teilweise bewusst überschreitet und dadurch zu unserem bisher kreativsten und abwechslungsreichsten Werk geworden ist.
Über eure Diskografie hinweg habt ihr immer wieder versucht, eure Songwriter-Fähigkeiten weiter auszubauen. Wo, denkst du, habt ihr auf „Wanderer“ die größten Schritte gemacht?
Ich denke, es ist die Vielzahl an kreativen Ansätzen, die in die Songs eingeflossen sind, und die bewusste Entscheidung, alles auf unkonventionellen Wegen entstehen zu lassen. Dennoch sollten die Handschrift und Trademarks, die uns als Band ausmachen, der rote Faden bei den teilweise sehr unterschiedlichen Stücken sein. Wir wollten jedem Track seinen Spot geben und haben in der Produktion immer wieder die Recording-Setups verändert und neues Equipment eingesetzt. Und auch was die Vocal-Arrangements und die Performance betrifft, hat sich auf dem neuen Album einiges getan.
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